Krozair von Kregen
goldene Kordeln, woraufhin Genod der hellgrüne Mantel von den Schultern sank. Er stolperte zurück. Aber er hatte Mut, der Rast, und ließ nicht nach. Wieder parierte ich und spielte mit ihm, trennte ihm seine goldene und grüne Tunika auf, die das Kettenhemd darunter entblößte. Ich setzte dieses Spiel fort, bis er schließlich in Fetzen und Lumpen dastand und nur die Metallrüstung noch intakt war. Dann erst setzte ich den uralten, aber immer noch wirksamen Hebelschlag an, und der Genodder wirbelte ihm aus der Hand und über Bord.
Schwer atmend starrte er mich an. Sein Gesicht war grün angelaufen. In seinen Augen war nun ein gehetzter Ausdruck. Er hatte Angst.
»Wenn du der beste Genodderkämpfer in Magdag bist«, sagte ich, »ist dein zairverfluchtes Land dem Untergang geweiht. Dafür sei Zair Dank!«
»Wer bist du?« fragte er krächzend.
Gafard zog seine Waffe nicht. Ich ließ die Schwertspitze zwischen beiden hin und her zucken und forderte Gafard auf: »Antworte ihm!«
»Du ...« Gafards Hände hatten zu zittern begonnen. »Du bist Gadak, vorher Dak, und ich weiß nicht ... was du damals in der Jagdhütte von Zhantils Nest gesagt hast. Ich habe versucht, mir darüber klarzuwerden. Du wolltest nicht hinter der Frau der Sterne herreiten, obwohl ich dich anflehte – und du wußtest, daß ich sie liebte, und ...«
»Aye, du hast sie geliebt, Gafard. Das hat sie mir gesagt. Und sie liebte dich. Kein Mensch kann sich beschenkter fühlen als du, Geliebter der Frau der Sterne.«
»Ja – du wolltest zuerst nicht, aber dann bist du doch losgeritten. Habe ich irgend etwas gesagt ... ich weiß es nicht mehr ...«
Ich konnte nicht sagen, ob er die Wahrheit sprach. Die fürchterliche Szene im Jagdhaus, als ich erfuhr, daß die Frau der Sterne meine Tochter war, mochte allerdings so schmerzhaft für ihn gewesen sein, daß er sie aus seinem Bewußtsein gestrichen hatte.
»Du hast mir offenbart, wer die Frau der Sterne wirklich war.«
»Ah! Und daraufhin bist du losgeritten!«
»Ja.« Er hatte unbeherrscht zu zittern begonnen. Er hatte an seiner Frau gehangen und war bestrebt gewesen, die Taten ihres Vaters nachzuahmen, mit den Worten, zwischen ihm und Pur Dray sei etwas zu regeln. Damals hatte ich angenommen, daß er gegen mich kämpfen wollte; daß das nicht so war, war mir inzwischen aufgegangen. Er hatte sich vielmehr mit seinem Schwiegervater aussprechen wollen. Wie es sich im Grunde auch gehörte.
Der König raffte sich auf. »Was ist das für ein Unsinn, Gafard! Töte den Cramph! Auf der Stelle!«
»Ich glaube nicht, daß ich das tun kann, Majister!«
»Dann versuch es, du undankbarer Cramph!«
»Sag ihm, wer ich bin, Gafard.«
Gafard war bleich geworden. Er wirkte verzweifelt. »Ich ... ich glaube ...«
»Warum sollte ich dich nicht auf der Stelle töten, Gafard – dich, der du dich diesem Kleesh von König beugst? O ja, Gafard, du weißt, wer ich bin. Du hast von diesem Zusammentreffen geträumt. Du sagst, es wäre etwas zwischen uns zu regeln! Bei Zair! Das ist richtig! Ich will wissen, warum du dich diesem Ungeheuer unterwirfst, warum du zuläßt, daß er meine Tochter Velia stiehlt!«
Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. An seinem Hals zuckten die Muskeln. Er krächzte und brachte mit einiger Mühe die Worte heraus.
»Pur Dray! Pur Dray Prescot, Krozair von Zy!«
Der König schrie auf und wich zurück. Ich ignorierte ihn.
»Nein, Gafard – Schwiegersohn . Ich bin kein Krozair von Zy mehr, denn man hat mich zum Apushniad gemacht. Aber ja, ich bin Dray Prescot.«
Einen Augenblick lang herrschte Stille. Dann raffte sich der König auf. Mit der Hand fummelte er sich am Hals herum.
»Dray Prescot! Der Erzfeind Grodnos!« Seine Hand zog das raffinierte kleine Wurfmesser aus der Scheide am Kragen. »Dann stirb, Dray Prescot, stirb! «
20
Das funkelnde Messer zuckte aus den Fingern des Königs auf mein Gesicht zu. Im gleichen Augenblick sah ich in einer kurzen Vision über der Bordwand des Vollers einen wunderschönen rotgoldenen Raubvogel, der sich auf eine schimmernd weiße Taube stürzte.
Die beiden Szenen verschmolzen in meinen Augen miteinander, wurden zu einem Ereignis.
Der rotgoldene Raubvogel der Herren der Sterne, ihr Spion und Bote, hieb mit schwarzen Krallen nach der weißen Taube der Savanti, und der funkelnde Terchik, das kregische Wurfmesser, schoß auf mein Gesicht zu – sie waren ein und dasselbe. Ich sah die Savantitaube zögern und ausweichen und den
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