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Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Titel: Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich liebte eine schöne Frau: Miniaturen
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beneidet.«
    »Ach, sie sind edel, auch jetzt.«
    »Eine Zeit lang hatte ich hier auch einen Mann, doch ich habe ihn fortgejagt, weil er mich im Suff geschlagen hat. Ich lebe allein, lese Zwinglis Lebenslauf aus der Pfarrbücherei … Habe seit Jahren keinen Mann mehr gesehen, der ein gefälteltes weißes Hemd trägt. Sie sind der erste … Bitte machen Sie mir noch einmal wie damals den Hof, als Sie mich auf dem Korso in Budapest verführen wollten. Ich werde noch trockenes Zwetschgenbaumholz aufs Feuer werfen und Ihnen dann wie die Dorfhexen aus der Asche weissagen.«
    (1913)

Blanka

    Kleine Vergissmeinnicht zierten ihren Rock, in Kränzchenform, als wäre das Muster den Seiten eines alten Gebetbuchs entnommen, die Bänder der Halbschühchen waren um ihre Knöchel gebunden wie um tanzende Füße, die in unserer Fantasie dem Takt der Musik folgen, wenn am Abend jemand auf dem Klavier einen Walzer spielt, und sie besaß einen kleinen venezianischen Spiegel, in dem sie ihr welkendes Gesicht und ihre melancholischen dunklen Augen zu betrachten pflegte, die offen und ehrlich auf Nagybotos Viola blickten, ohne zu lügen, beinahe so hoffnungslos wie jene eines gewissen Leibgardisten, der in seiner ländlichen Einsamkeit Gedichte an die Kaiserin schrieb. Natürlich war sie so fein wie ihr mit alten Spitzen verzierter Fächer und ihre weißen Strümpfe, die unter den Knien von mit blassrosa Sträußchen verzierten Bändern gehalten wurden, die zu sehen Nagybotos einmal das Glück gehabt hatte – sie übersprangen beim Spaziergang ein Bächlein –, im Nacken schmiegte sich ihr Haar so zart unter den Dutt, wie es sonst nur bei den Frauen auf Heiligenbildchen zu sehen ist. Vielleicht war sie ebenso blond, wie es in der Fantasie leidgeprüfter Männer das einzige und unbekannte Frauenideal ist, behutsam, verschwommen, in kaum fassbarer Gestalt, in nur vorgestellter Körperlichkeit, eher die ersehnte teure weibliche Stimme, bestehend aus Farbe und Seele, wie sich eben nach enttäuschter Liebe halb im Traum die Männer, tief seufzend, das Kissen umarmend, die Frauen vorstellen, die sie niemals betrogen hätten … Sie hieß Blanka und war schon dreißig.
    Als säße sie im Turmfenster einer halb verfallenen Burg, deren geschundenes Gemäuer leicht von Efeu überzogen war, wie verlassene Gräber mit dem Schleier trüber Erinnerungen: Unterhalb der Burg zieht im Sonnenschein aufblitzend ein Trupp zerlumpter Ritter vorüber, vielleicht kehren die Recken gerade aus dem Heiligen Land zurück, und die Mannen mit den wehen Herzen machen bisweilen unter dem Turmfenster halt, um vom erträumten Burgfräulein getröstet und entschädigt zu werden für all die Frauen, die ihnen auf ihrem langen Weg Messer ins Herz gestoßen haben, nachdem der Sinnenrausch der Nacht und das Liebesglück vorüber waren; für die kraushaarigen Schwarzen, die Brünetten mit dem tiefen, verschatteten Blick und dem strahlend weißen Hals unterm rundlichen Kinn, deren leuchtender weicher Leib selbst einen Baum närrisch machen könnte.
    Blanka lebte zu der Zeit, in der unsere Geschichte spielt, beinahe nur noch deshalb in der Hauptstadt, um die Männer zu trösten, die sich mit verbranntem Hirn, zerrissenem Herzen, ohne Hände und Füße, fast schon wie Jahrmarktsattraktionen, auf dem Boden rutschend, von anderen Frauen bis zum Selbstmord getrieben, schlaf- und hoffnungslos in Pest herumdrückten, die den Schwur in der Kapelle oder in der Duftwolke der süßen Einsamkeit ernst nahmen, den teuren Kuss, die berauschende Sünde, den Abendspaziergang in einer Pappelallee, bei dem sich die Frauen an Männerschultern schmiegen wie die Schwalbe in ihrem Nest an den Schwälberich.
    Nagybotos suchte, nachdem er Nächte hindurch nichts anderes getan hatte, als Gram und Leid und Lebensüberdruss in Wein zu ertränken, fast unter Tränen Blankas Haus auf.
    »Letzten Endes hab ich ja immer nur Sie geliebt, Fürstin«, beteuerte er, nachdem ihm die Frauen mit ihren duftenden Schühchen gegen die Stirn getreten hatten.
    Damals war Blanka die Chefin des Teesalons
Zum Zwetschgenbaum
. Hier waren die Wände mit dicken Teppichen behängt, verdrossene Musiker spielten leise Schubert-Lieder, der Tee wurde in einem russischen Samowar bereitet, vornehmlich für einige Herren der Innenstadt, die das Lokal wegen Schlaflosigkeit aufzusuchen pflegten. Im Salon saßen ein paar Damenbekanntschaften, schon fast im Ruhestand, die die alten Grafen noch von früher kannten, so als gehörten

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