Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
galant.
Blanka lächelte ruhig und wehmütig. Und während sie sprach, traten Tränen in ihre Augen:
»Wie schön für mich, dass die Frauen so untreu sind wie der Morgentau. Sie verflüchtigen sich spurlos, und dann bin für eine Weile ich an der Reihe. Jetzt wirst du all das mir vorlügen, was du ihr gesagt hättest, wenn sie noch dein wäre. Bis eine Neue kommt und dich verrückt macht.«
»Ich schwöre«, antwortete Nagybotos, kniete sich vor sie hin und begrub sein Gesicht in ihrem Rock, insgeheim stellte er sich dabei vor, er knie vor der anderen, der treulosen Dame.
Blanka wusste das sehr gut, dennoch streichelte sie ergeben und zärtlich seinen Kopf.
»Morgen, wenn schönes Wetter ist, machen wir einen Ausflug in die Berge. Wir setzen uns ins Gras, trinken dort Wein vom Budaer Adlerberg und singen alte deutsche Lieder«, schlug Nagybotos schwärmerisch vor.
»Ich verspreche Ihnen Schöneres«, sagte Blanka. »Wir kaufen uns ein Häuschen auf dem Land, mit großem Garten, kühlen, niedrigen Zimmern, altem Dienstpersonal und zwei Pferden. Wir werden einander nie verlassen, am Morgen wecken Sie mich mit einem Kuss, am Abend halten wir uns an den Händen. So schlafen wir. Auf dem Dach nistet der Storch, und unser Wachhund soll Bundás heißen. Falls diese treulose Frau nicht vielleicht doch bis morgen einen Brief schreibt …«
»Und wenn sie nicht schreibt, dann sterbe ich!«, dachte Nagybotos, doch während er Blankas Hand an seine Wange presste, fuhr er mit freudiger Stimme fort:
»Morgen lasse ich mir Jagdstiefel anmessen.«
Sicher wartet daheim schon ein Brief von der Hand der Teuren auf ihn, Blanka hat es ja selbst gesagt, und sie kennt die Frauen.
Lange saßen sie noch nebeneinander, nachdenklich, schließlich erhob sich Blanka von ihrem Platz.
»Es ist spät«, murmelte sie. »Packen wir uns weg bis morgen. Sag, du möchtest doch, nicht wahr, dass ich mit der Frau des Goldschmieds rede, für die du wieder einmal beinahe sterben möchtest?«
Nagybotos senkte den Kopf.
»Ja.«
»Ich werde mich als Magd verkleiden und zu ihr hineinschleichen, wenn sie zu Hause ist.«
(1914)
Ernő Szép (1884 – 1953)
In seinem dichterischen Überschwang leicht übertreibend und in der Manier des großen Sándor Petőfi heißt es in Széps erstem Gedichtbändchen:
»In den bläulich schimmernden Karpaten
Da ist meine Heimat.
Da lächelte mir der Himmel ein erstes Mal zu.«
Ernő Szép wurde am 30. Juni 1884 im ehemals österreichisch-ungarischen Grenzstädtchen Huszt (heute das ukrainische Chust) am Oberlauf der Theiß im nordöstlichsten Zipfel der Großen Ungarischen Tiefebene, also immerhin in Sichtweite der Karpaten, geboren. Er war in der ärmlich lebenden jüdischen Lehrerfamilie der Älteste einer großen Geschwisterschar. Da in den biografischen Angaben hinter dem Schriftstellernamen Szép oft in Klammern »Schön« vermerkt ist, hier ein kurzer Seitenblick auf den Familienstammbaum. Eine Schwester des Dichters hat in ihren Erinnerungen Folgendes vermerkt: Ursprünglich hieß die Familie Roth, bis einer der Vorfahren, der ein schöner Mann gewesen sein soll, zu dem Beinamen Schön kam und der Name Roth sich allmählich verlor. Der Urgroßvater von Ernő Szép, ein Landwirt, nahm die ungarische Form des Namens, also Szép, an. Desgleichen sein Sohn, der Dorfwirt, und schließlich auch Samuel, Ernős Vater, der Lehrer.
Bald nach der Geburt des Sohnes zog die Familie in das Landstädtchen Hajdúszoboszló südöstlich von Debrecen, wo der Vater als Lehrer-Kantor der jüdischen Kultusgemeinde tätig war, allerdings mit schmalem Salär, denn er musste mit Geigenstunden, als Alleinunterhalter und Versicherungsagent dazuverdienen. Nach den vier Klassen der jüdischen Elementarschule besuchte Ernő die protestantische Bürgerschule. In dem Städtchen gab es bereits eine Zeitung und ein für die damalige Zeit reges Kulturleben, das im Schüler Szép schon früh Ambitionen weckte. Trotz der höheren Kosten schickte ihn der Vater in die Großstadt Debrecen und schließlich aufs Gymnasium in Mezőtúr; hier wie dort nahm er bei ärmlichen Familien Kost und Logis. Ein Internat konnte sich die jährlich wachsende Familie selbst für den Erstgeborenen nicht leisten.
In Debrecen, so notierte Szép später, habe man ihm die Mathematik für immer verleidet; dort wurden allerdings auch seine ersten Gedichte gedruckt. Im Roman ›Natália‹ (erstmals 2008 in Ungarn erschienen) äußert er über seine
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