Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
Wäsche sorgen müsse. Und manchmal brachte er distinguierte Damen beim Rendezvous zu hysterischem Weinen, wenn er statt von ihrem wochenlang bewunderten Liebreiz plötzlich vom milchweißen Hals einer Büglerin, die ihm nachmittags in der Josefstadt zufällig über den Weg gelaufen war, zu schwärmen begann. Wildheit, unbarmherzigen Liebeshunger, blutige Bisse stellte er Frauen in Aussicht, die für so etwas empfänglich waren, ihre Hutnadel wollte er sich ins Herz bohren, das Haus, in dem sie sich treffen würden, niederbrennen, um es danach endgültig vom Erdboden zu tilgen. Anschließend pries er in hymnischen Strophen eine gewisse Margareta, die in diesem Augenblick mit ihrer Gouvernante in einem Blumenhain wandele.
»Wer ist denn diese Margareta?«, fragte die vornehme Dame und knöpfte sich fröstelnd ihren Handschuh zu.
»Das Töchterchen eines pensionierten Kaufmanns und meine Braut«, erwiderte Viola und seufzte.
Der kränkelnde junge Mann, der noch vor sechzig, siebzig Jahren, als in der Musik die Serenade, in der Dichtung Himfys Liebesschmerz, in den Frauenherzen die wehmütige Sentimentalität in Mode waren, gewiss ein kleines Pastellbildchen geworden wäre und dessen befracktes Ebenbild die Damen über dem Herzen getragen hätten – (ach, Viola wäre niemals neugierig gewesen auf das, was sich oberhalb der schleifchenverzierten Halbschühchen verbarg, was der Reifrock beim Niedersetzen wunderhübsch preisgab, er wäre ein Romanheld geworden, ein Ritter der Schwärmerei, der nie eine Frau berührte, nicht einmal in den entlegensten Hainen, Mütter wünschen sich solche Freier für ihre Töchter, gute Freunde vertrauen ihnen zur Unterhaltung bei Konzerten oder auf Maskenbällen ihre Gattinnen an, im ›Frauen-Kurier‹ vergisst man niemals, ihn unter den Gästen einer Soiree zu erwähnen, später schreibt dann der große Romancier Jókai einen Roman über ihn) – zu unserer Zeit aber war er ein verhöhnter und verachteter Mann, als seine größten Feinde erwiesen sich die Frauen, die in ihrer Mädchenzeit noch mit ihm im Park der Stadtmeierei unter Essigbäumen flaniert waren, sich sogar oben bei ihm seine Bildersammlung hatten zeigen lassen und dann trotzdem mit dem Myrtenkranz im Haar vor den Altar treten konnten. Damen mit viel Erfahrung, die Nagybotos Viola in den Wäldern der Budaer Berge oder in halbdunklen Ecken der Salons auf die Probe stellten, erzählten später lachend, dass Nagybotos ein trauriger Angebersei, der nicht einmal so viel Männlichkeit besitze wie ein junger Kater. Und im Theater lächelten die Aktricen sich auf der Bühne zu, wenn Viola bei der Balletteinlage neugierig das Opernglas zückte. Nein, auf das Gehabe von Nagybotos Viola fällt keine mehr herein, auch nicht darauf, dass er sie vielleicht ziel- und ergebnislos auf eine Venedig-Reise lockt und im braunen Coupé der Internationalen Gesellschaft der fast eroberten Frau Dante-Gedichte deklamiert. Sein stechender Blick, die breiten Schultern, der aufgeworfene Mund und seine einschmeichelnde Stimme täuschen keine mehr. Der Herr Viola ist zum Falschspieler der Liebe geworden, und selbst die tugendhaftesten Frauen am Korso belächeln ihn hinter ihren Schleiern, wenn die elegante Gestalt in ihr Blickfeld gerät. Seine verführerischen Briefe, sein unermüdliches Auf-und-ab-Gehen unter den Fenstern, seine Blumenbuketts und seine Seufzer machen keinen Eindruck mehr. Herr Viola hat schon erwogen, sich in Kniehosen und Rokokojackett auf der Straße zu zeigen, um wieder einmal eine in die Ostermesse zu locken, wo man hinter einer Säule mit zynischem Lächeln einer Fuge von Bach lauschen und ein in Andacht und Liebe versunkenes Fräulein damit quälen könnte, dass sowohl Ostern wie auch die Orgelmusik eine Lüge sind, mit der wir uns selbst betrügen – als der Held unserer Geschichte eines Tages zufällig in den Spiegel blickte und darin ein grauhaariger, müder und übellauniger Herr seinen Gruß entgegennahm.
Viola erschrak.
Auch in seinem Bart entdeckte er graue Fäden, und seine Schläfen waren so weiß, als hätte er schon zusammen mit seinem Großvater im Wald von Isaszeg gestanden.
Mein Gott, was sollte jetzt aus den Blumen werden, von denen er bislang nur den Duft genossen hatte? Er pflanzte sie in Töpfe und spendete ihnen mit seiner Erinnerung nährende Feuchtigkeit, und in sein Tagebuch notierte er die verführerischen Worte, Gesten und Dichter, die Tage und Jahreszeiten, zu denen die verschiedenen Blumen
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