Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Titel: Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich liebte eine schöne Frau: Miniaturen
Vom Netzwerk:
die Männer wie auch das zudringliche Hummelvolk verbreiteten süßen Mostgeruch. Im Dorf gab es auch noch ein altes Gutshaus mit einem so verlassenen Garten, dass man sich darin nur noch bankrottgegangene, von den Bäumen baumelnde Selbstmörder vorstellen konnte oder ergraute Damen, die französische Romane lesen und überhaupt nicht daran denken wollen, dass morgen der Exekutorkommt. Als Überbleibsel der früheren Herrschaft lag ein gefleckter alter Jagdhund hinter dem schon schief nach innen hängenden Tor, alte Dienstmägde breiteten im Hof die Wäsche aus, und ein großes Erkerfenster stand offen … Vielleicht verfasst hinter diesem Fenster der letzte Besitzer gerade sein Testament.
    Kaum war Nagybotos ein paar Schritte auf das Dorf zugegangen, als ihm eine von zwei Wallachen gezogene klappernde, ungefederte Britschka entgegenrollte. Sie war mit allerlei Lesegeschirr beladen, auf dem Bock saß eine wohlgenährte Dame mit rot getupftem Kopftuch, die mit ihren gelb behandschuhten Händen straff die Zügel führte.
    Die jungen Braunen trabten, das lustige Scheppern der Eimer und Bottiche übertönte das Rattern der Räder.
    »Nagybotos!«, schrie eine kräftig klingende tiefe Stimme von der Britschka herab.
    Viola machte ein paar Schritte auf den Wagen zu.
    Zwar hatte die Dame das Tuch tief in die Stirn gezogen, doch ach, Nagybotos erkannte auf der Stelle Amélies Züge. Das pastellfarbene Gesichtchen von einst war jetzt braungebrannt, aber die dunkelgrauen Augen blickten wie früher mit diesem verschmitzten, zurückhaltenden Lächeln auf Herrn Viola. Zu ihrer einstmals zierlichen Figur gesellten sich nun große Brüste und breite Schultern, die unter dem Kopftuch hervorlugenden blonden Locken wirkten gepudert.
    »Nagybotos, wie kommen Sie denn hierher, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen?«, fragte die Frau mit fröhlichem Staunen.
    »Ich bin zu Ihnen gekommen, Amélie.«
    »Da haben Sie sich eine ungünstige Zeit ausgesucht. Wir stecken mitten in der Lese auf meinem Weinberg, und ich habe tausend Dinge zu tun, denn wenn ich nicht überall zugleich bin, stiehlt man mir jede Beere vom Stock. Doch springen Sie auf, wenn Sie Lust haben. Wir fahren in den Weinberg hinaus.«
    Nagybotos war nicht mehr an solche Sprünge gewöhnt, doch die Landluft und das freudige Wiedersehen erfrischten sein Blut, im Nu saß er auf dem Bock, und Amélie trieb die Gäule an:
    »Hüa, Bandi!«, rief sie.
    Sie kutschierte sicher und schnell. Mit einem kräftigen Stoß ging es über die Eisenbahngleise, bereifte Zwetschgen, weiche Nussbaumblätter streiften Nagybotos’ Hut, Amélie presste die Lippen zusammen, während sie die Zügel hielt.
    »Letztes Jahr um diese Zeit ist meine Britschka hier umgekippt, und ich habe mir das Bein gebrochen«, sagte sie wehmütig und fasste die Zügel noch fester.
    Am Giebel des kleinen Presshauses stand die Zahl eines längst vergangenen Jahres, und das Feuer davor züngelte schon so rot empor, als wär’s eine Theaterdekoration, und unter dem alten Nussbaum waren Feldstühle aufgestapelt.
    »Das hier ist mein Weinberg. Er hat einmal meiner Mutter gehört, deshalb habe ich ihn mir gekauft«, sagte Amélie und knöpfte sich ihr enges graues Jäckchen auf. »Doch jetzt sagen Sie, warum Sie gekommen sind.«
    Die Lieder der Leserinnen waren von weit her zu hören, über den gelben Hügel rannte ein Hase, und zwischen den Rebstöcken standen Vogelscheuchen mit weit ausgebreiteten Armen.
    »Also … wegen meines alten Versprechens«, sagte Nagybotos leise.
    Die Frau streifte sich den Handschuh ab. Sah ernst und feierlich auf Herrn Nagybotos. Eines ihrer Augen schien stärker zu glänzen als das andere.
    »Ich erinnere mich«, sagte sie regungslos. »Versprochen, gehalten.«
    Viola fasste sie an der Hand: »Amélie, bitte verzeihen Sie mir … ich habe nur gescherzt, ich liebe Sie, schätze Sie doch. Sagen Sie, wie leben Sie hier?«
    »Wie ein Hund, so lebe ich hier«, antwortete die Dame und heftete sich ihren grünen Rock mithilfe einer Sicherheitsnadel hoch.
    »Schauen Sie, was für große Füße ich bekommen habe … die geschnürten Stiefeletten habe ich mein Leben lang gehasst, denn es gibt nichts Angenehmeres als Halbschuhe – jetzt muss ich so etwas tragen; ich schwärmte immer für Seidenstrümpfe, und hier trage ich nun diese bunt gestreiften aus Wolle, wie alle Weiber im Dorf. Und sehen Sie nur, wie dick meine Knöchel geworden sind, früher hat man mich um meine schmalen Rehfesseln

Weitere Kostenlose Bücher