Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
blühen und wann sie am leichtesten zu pflücken sind. Wer wird die vielen kleinen Veilchen ernten, die Nagybotos einst im Buch seines Herzens gepresst hat? Die Rosen – Teerosen, Rambouillets, werden sie sich denn einmal mit ihren Dornen den Händen des alten Gärtners fügen? Werden die Frauen sich noch an die nutzlosen Spaziergänge, mitternächtlichen Gespräche, an die mit Sorgfalt verfassten Briefe erinnern, die Herr Viola nur deshalb investierte, damit er dereinst aufgrund der Seufzer, Geständnisse und wunderbaren Lügen die Damen, sollte es ihm einmal in den Sinn kommen, in Besitz nehmen könnte …
Schnell das Tagebuch, das detaillierte Jahrbuch, in das er beinahe jedes Wort, das er mit den Frauen so eindrucksvoll gewechselt hatte, eintrug.
Das Tagebuch begann so:
»
Amélie
. Einst Tänzerin im ersten Karree. Ihr Musiker Mozart. Lieblingsdichter Paul de Kock. Sie mag alten Schmuck und geht häufig zur Beichte bei den Fratres. Liebt es, wenn Männer ihre Tanzkunst ernst nehmen. Spaziergang in Buda, danach Abendessen im Freien, unterm Sternenzelt. In dieser Situation ist sie romantisch und für Liebesschwüre empfänglich. Blond. Alter: 30 Jahre. Zwei falsche Zähne. Haare echt.«
Nagybotos lag jetzt nicht mehr tagelang auf dem Kanapee, wenn er über Liebesintrigen nachsann. Er zog flott seinen etwas altmodischen Rock, das gefältelte Hemd (mit antiken Knöpfen) an, beim Figaro schnell ein paar Tollen ins Haar, Heuduft-Parfüm und Halbschuhe.
Zehn Jahre hat er Amélie nicht mehr gesehen.
Klopfenden Herzens machte er sich auf den Weg in die Stadt, um endlich die Blume zu pflücken, die ihm die Tänzerin einst in einer Sternennacht versprochen hatte.
(1913)
Zwetschgenbaums Asche
Nagybotos fahndete nach der Tänzerin, die ihm zehn Jahre zuvor in einer Mondscheinnacht unter Kastanienbäumen ein Schäferstündchen versprach, zu dem zu gehen Viola vergessen hatte. Zehn Jahre waren seither ins Land gegangen, trotzdem suchte der Mann als Erstes das damals verabredete Plätzchen für das Rendezvous auf, eine verlassene Donauinsel. Als wäre irgendwie damit zu rechnen, dass Amélie seit zehn Jahren dort unter den Bäumen herumspaziere und noch immer auf sein Kommen warte. Es dämmert schon, und die Tänzerin schaut verzweifelt auf das sich kräuselnde, vorübereilende Wasser der Donau. Die Schaumkrönchen treiben dahin und kehren nicht zurück. Langsam regen sich die Inselbewohner in ihren Verstecken, und in der Morgendämmerung ertönen sonderbare Pfiffe. Mit gesenktem Kopf und schlaff hängendem Sonnenschirm verlässt Amélie die einsame Insel … Nagybotos hat zehn Jahre später vergeblich ihre Fußspuren im Gras und auf den vertrockneten Blättern unter den Bäumen gesucht. Ja, auch in der Stadt fand er erst nach längerer Zeit die ersten Hinweise darauf, dass Amélie sich, nachdem sie von der Bühne abgetreten war, auf ihr Landgut zurückgezogen hatte.
Amélie war nämlich eine dieser sparsamen Frauen, welche die ihnen zur Erinnerung geschenkten Goldstücke stets zurückgelegt haben. Die mit dem Hahn geprägten Kreuzer und die bärtigen Taler, die sich oft, versenkt in feine Bonbonnieren, vor Weihnachten oder zum Namenstag auf den Geschenktischchen der Tänzerinnen einzustellen pflegen, sie wanderten in eine Budaer Bank, und der ergraute Kassenbeamte grüßte Amélie stets respektvoll und als Erster.
Manche dieser Frauen spielen, wenn sie sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen, ernsthaft mit dem Gedanken, ein Geschäft zu eröffnen: Hüte zum Beispiel oder auch Handschuhe sind Gebrauchsartikel, die keine Hagelversicherung benötigen; oder ein Nachtlokal mit kleiner Bühne, wo sich dann und wann alte Kavaliere bei den einstigen Freundinnen einfinden, um über vergangene Zeiten zu plaudern und das eine oder andere Fläschchen zu leeren. Der Mann am Klavier klimpert eine Mazurka von damals … Die Ernsthaften unter diesen Damen neigen eher zu einem kleinen Landbesitz, sobald die Zeit gekommen ist und sie aufhören möchten zu singen und zu tanzen.
Amélie war eine dieser Ernsthaften. Das kleine Dorf, wohin sie sich zurückzog, lag zwei Stunden von der Hauptstadt entfernt.
Im Dorf wohnten Lutheraner, das rote Kirchturmdach leuchtete weithin, und die Akazien dufteten nach dem nächtlichen Regen. In der dünnen Herbstluft waren die Hammerschläge aus der Schmiede schon von Weitem zu hören, und vor dem Wirtshaus saßen die Kutscher der Lesewagen neben ihren leeren Bottichen. Die Trauben waren reif,
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