Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krumme Touren in Texas

Krumme Touren in Texas

Titel: Krumme Touren in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
Vom Netzwerk:
älter. Sie
    hatte die trüben Augen und die fleckige, rauhe Haut
    einer starken Trinkerin.
    »Ich wollte nur kurz hereinschauen und Ihnen
    sagen, wie leid es mir tut. Sie werden ihn sicher
    vermissen und…«
    Weiter kam ich nicht. Sie warf den Kopf in den
    Nacken und brach in hysterisches Gackern aus – ein
    96
    durchdringendes, überkippendes Gelächter. Den
    Anwesenden fielen fast die Augen aus dem Kopf.
    »Ihn vermissen?« brüllte sie zwischen Lachsalven.
    »Ich bin froh, daß der Schweinehund tot ist.« Ihre
    Klauen umklammerten meinen Arm wie ein
    Schraubstock. Der Gestank von Gin schlug mir in die
    Nase. Ich zerrte an ihren Fingern, um den Griff zu
    lockern.
    Ein paar Leute stürzten zu ihr und schoben sie
    raus. Hoffentlich brachten sie sie zum Gericht, um
    ihre Unzurechnungsfähigkeit feststellen zu lassen.
    Ich fand, daß ich für einen Abend genug Staub
    aufgewirbelt hatte, deshalb schlenderte ich raus zu
    meinem Wagen. Die Nacht war ungewöhnlich
    finster, so daß ich die draußen herumstehenden
    Männer nur an der Glut ihrer Zigaretten erkennen
    konnte.
    Anice sprang auf meinen Schoß und bezog ihren
    Posten, und als wir auf der Main Street nach Süden
    schnurrten, hängte sie sich aus dem Fenster. Es
    waren nur wenige Autos unterwegs, aber plötzlich
    tauchte ein Scheinwerferpaar in meinem Rückspiegel
    auf und raste mir fast in die hintere Stoßstange. Ich
    zog rüber auf die rechte Spur, um ihn links
    vorbeizulassen. Als er auf gleicher Höhe war, brüllte
    ich: »Tempolimit 35 Meilen, du Vollidiot.«
    97
    Etwas Metallisches blitzte im Licht einer
    Straßenlaterne auf, und es knallte so laut, daß mir die
    Spucke wegblieb. Der Dreckskerl schoß auf mich.
    Das war das letzte Mal, daß ich einen Verkehrsrowdy
    angebrüllt hatte. Ich stieß Anice von meinem Schoß
    auf den Boden, schaltete in den zweiten Gang und riß
    den Wagen nach rechts in die Tuam, als wieder ein
    Schuß fiel. Der Wagen links neben mir bog ebenfalls
    ab, als wären wir an den Kotflügeln
    zusammengeschweißt. Ich war zu sehr mit Lenken
    beschäftigt, um zu ihm rüberzugucken, aber ein
    dritter Schuß durchschlug meine Windschutzscheibe
    und fegte mir Glassplitter um die Ohren. Ich hatte
    allmählich das bestimmte Gefühl, daß, wer auch
    immer mich jagte, es nicht tat, weil ich ihn
    beschimpft hatte. Wenn doch, konnte ich froh sein,
    ihn nicht Arschloch genannt zu haben. Ich stieg voll
    in die Eisen, duckte mich in den Sitz und versuchte,
    nach Gedächtnis zu lenken, um nicht im Graben zu
    landen. Der 38er Colt, den ich immer unter meinem
    Sitz verstecke, flog nach vorn, als ich auf die Bremse
    trat. Ich schnappte ihn und betete, daß mein Auto
    nicht auf einen Baum zusteuerte, während ich unter
    dem Lenkrad herumschlingerte. Anice saß noch auf
    dem Boden, außer ihren Gefühlen war nichts verletzt.
    98
    Hätte ich sie nicht runtergestoßen, wäre sie von einer
    Kugel getötet worden.
    Eine Stinkwut packte mich, und ich sah rot. Ich
    brachte mein Auto mit kreischenden Reifen zum
    Stehen und konnte das andere ebenfalls anhalten
    hören. Eine Männerstimme sagte: »Ich seh’ nach, um
    sicherzugehen.«
    Vorsichtig drückte ich den Griff, trat die Tür auf
    und benutzte sie als Deckung, während ich auf allen
    vieren
    hinauskroch.
    Alles
    war
    rot
    und
    verschwommen, ich konnte keine Einzelheiten
    erkennen, nur Umrisse.
    »Wenn ihr auf meinen Hund schießt, ihr
    verdammten Arschlöcher, bring’ ich euch um«, schrie
    ich und feuerte mit dem Revolver auf die Gestalt
    eines Mannes, der auf mich zukam.
    Er grunzte und griff sich an den Bauch, dann
    drehte er sich um und rannte zurück zu seinem
    Wagen. Ich schoß wieder und wieder, hörte
    splitterndes Glas und einen Schrei. Der Wagen haute
    krachend den Gang rein und hob kiesspritzend ab,
    bevor ich merkte, daß meine Trommel leer war. Ich
    lief hinterher und warf den verblassenden
    Rücklichtern den Revolver und dann Steine von der
    Straße nach. Vor Angst heftig zitternd, fand ich
    schließlich meinen Revolver und ging zum Auto,
    99
    bevor meine Knie versagten. Ich mußte mich an der
    Tür festhalten, um nicht umzukippen. Anice wedelte
    vorsichtig mit dem Schwanz und drehte sich von mir
    weg, weil sie dachte, sie hätte etwas ausgefressen.
    Ich hob sie hoch, küßte sie auf den Kopf und heulte.
    Eine Männerstimme sprach mich leise an. Ich war
    so erschöpft, daß ich nicht mal zusammenzuckte.
    »Sind Sie in Ordnung, Ma’am?«
    Ich blickte auf und sah einen

Weitere Kostenlose Bücher