Krumme Touren in Texas
er in meinem Bett macht.«
Das klang dumpf und unheimlich, wie bei einer
schönen Frau in einem Vampirfilm, die plötzlich
blutige Reißzähne bekommt und alle anfällt.
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»Charlotte, ich möchte, daß du tief durchatmest
und von vorn anfängst – mal sehen, ob du mir
erzählen kannst, was passiert ist.«
Vielleicht hatte sie bloß einen Hitzekoller. Die
Leute gehen hoch wie Leuchtraketen, wenn es so
heiß ist. Es war die Sorte Sommer, wo Männer
rausgingen, um sich gegenseitig abzuknallen, und
ihre Frauen blieben zu Hause und beteten, daß der
andere Kerl eine bessere Zielscheibe finden würde.
Sie atmete tief durch und fing nochmal an. »In
meinem Bett ist ein Mann. Er ist tot. Jemand hat ihn
umgebracht, und er hat Blut im Gesicht, und du mußt
herkommen und ihn rausschaffen, bevor ich anfange
zu schreien!« schrie sie.
Na prima. Sie tickte nicht mehr richtig. »Hör mal,
Charlotte. Nimm eine kalte Dusche, trink etwas
Eistee und schluck ein paar Aspirin. Dann geht’s dir
wieder gut.«
»Hollis! Ich bilde mir das nicht ein. In meinem Bett
liegt wirklich ein toter Mann.« Sie schluchzte laut.
»Schon gut. Schon gut. Bin schon unterwegs, ich
muß mich nur schnell anziehen.«
Ich sprang aus dem Bett, stürmte Schubladen
knallend und Türen aufreißend durchs Zimmer und
klaubte Kleidungsstücke zusammen.
8
Mit all dem Lärm hatte ich meine Hündin Anice
geweckt. Sie lag eingerollt auf dem Kissen und
beobachtete mich aus kleinen, zusammengekniffenen
Augenschlitzen. Sie war ohnehin sauer auf mich, weil
ich sie gestern abend nicht in Prince’s Autorestaurant
an der South Main Street zu einem Becher Vanilleeis
ausgeführt hatte. Es gefiel ihr, den Kellnerinnen in
den glänzenden Tambourmajor-Kostümen einen
Schreck einzujagen, wenn sie rauskamen, um unsere
Bestellung aufzunehmen. Sie pflegte still auf meinem
Schoß zu sitzen, bis eine Bedienung direkt am Fenster
war, machte dann einen Satz vorwärts und kläffte
schrill. Anice fand das ziemlich witzig. Die Mädchen
und die Geschäftsleitung fanden das nicht. Sie hatten
uns gebeten, nicht wiederzukommen.
Ich schlüpfte in eine hellbraune Hose, ein weißes
Baumwollpolohemd
und
mexikanische
Ledersandalen, dann putzte ich mir die Zähne. Bis
ich angezogen war, döste Anice schon wieder. Als
ich sie hochnahm, biß sie mich tot unter dem
Vorwand, ich hätte sie im Schlaf überrascht. Sie war
eindeutig immer noch sauer wegen der Eis-
Geschichte.
Wir trabten zu meinem Schlitten und nahmen die
Woodhead nach Süden. Charlotte wohnte über einer
Garage in einer nur einen Block langen Gasse parallel
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zum South Boulevard. Zu dieser nächtlichen Stunde
war kein anderes Auto unterwegs, und ich war in
Rekordzeit da.
Ich stellte die Scheinwerfer aus, als ich in die Gasse
bog, und hielt an der Rückseite von Charlottes
Wohnung. Riesige Eichen und Platanen warfen
tagsüber ihre Schatten auf das Haus und ließen
nachts das Mondlicht nicht durch. Es war finsterer als
ein Anwaltsherz, und ich konnte absolut nichts
sehen, als ich das hohe Holztor zum Hof öffnete.
Etwas streifte meine Schulter, und ich quietschte
wie abgefahrene Reifen auf Asphalt.
»Bist du’s, Hollis?« flüsterte Charlotte irgendwo
rechts von mir.
»Ja.«
»Gott sei Dank!«
»Laß uns raufgehen und nachsehen, was los ist.«
Meine Augen gewöhnten sich allmählich an die
Lichtverhältnisse, aber kaum waren wir in der
dunklen Wohnung, fiel ich prompt über einen Sessel.
»Bist du in Ordnung?« flüsterte sie und half mir
hoch.
»Ja, verflucht noch mal«, zischte ich. »Was zum
Teufel fällt dir ein, diesen Sessel einfach so mitten im
Zimmer stehenzulassen? Ich habe mir um ein Haar
das Genick gebrochen, das ist alles.«
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»Wo zum Teufel soll ich ihn sonst hinstellen?«
fragte sie hysterisch.
Ich ließ das Thema fallen, weil ich irgendwie den
Eindruck hatte, daß dies weder die Zeit noch der Ort
für einen Vortrag über Inneneinrichtung war. Wir
tappten ins Schlafzimmer und zogen die Vorhänge
zu. Ich knipste eine Stehlampe neben dem Bett an.
Wer immer es war, er war einwandfrei tot. Er hatte
einen sauberen, runden, schwarzen Punkt mitten auf
der Stirn.
»Wurde er erschossen? Ist das ein Einschußloch?«
fragte Charlotte mit bebender Stimme.
»Na ja, ich will mal so sagen – es ist nicht der rote
Hindu-Punkt«, erläuterte ich, während ich die Leiche
anstarrte. Er war wahrscheinlich Mitte bis Ende
fünfzig, hatte
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