Krumme Touren in Texas
vorbei, um den Rest der
Anwesenden zu inspizieren, während ich nach Luft
schnappte. Sie reichte ihre Handtasche einem der
Männer hinter ihr, ohne ihn auch nur anzusehen. Mit
langsamen,
geschmeidigen,
beherrschten
Bewegungen tigerte sie quer durch den Raum zu der
trauernden Witwe.
Hölle und Spucknapf. Sie war von der Sorte, die
mit dir schläft und anschließend deine Knochen
knackt und das Mark auslutscht. Ich lehnte mich
zurück und fächelte wie verrückt.
Schwester Jasmine unterhielt sich eine gute halbe
Stunde leise mit der Witwe und spendete ihr Trost.
Ich hatte mir schon gedacht, daß Stovall Mitglied in
der Gemeinde der Schwester war, wegen des
Kirchenblatts in seiner Schreibtischschublade.
Sie hatte eine große Gemeinde – man könnte es
schon als fromme Herde bezeichnen. Vor einigen
Jahren war sie in die Stadt gekommen und hatte in
einem Zelt auf einem verlassenen Gelände im
Norden der Stadt angefangen. Als die Schar ihrer
Anhänger wuchs, zog sie erst in ein Haus im Osten
und von dort zu einer kleinen Kirche. Schließlich
hatte ihre Gemeinde, bekannt als die Jesus People,
das große Bible Cyclorama im Shepherd Drive Ecke
Westheimer Road gebaut. Hinter dem Allerheiligsten
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gab es Räume, wo Jasmine und ein paar ihrer
geistlichen Führer religiöse Einzelberatungen und
Kleingruppensitzungen abhielten.
Vor ein paar Monaten war eine Reportage über
Schwester Jasmine und das Bible Cyclorama in der
Times erschienen. Die Reporterin hatte mir erzählt,
daß es ihr in der Kirche eiskalt über den Rücken
gelaufen war. Schwester Jasmines Völkchen war ihr
zwanghaft ergeben. Seit dem Einsetzen der
Depression hatte Religion Hochkonjunktur – die
Armen wollten eine Lösung, und jede Flasche, die
sich einen Lumpen um den Kopf wickeln konnte,
erklärte sich plötzlich zum Yogi mit der wahren
Botschaft. Gebete waren billig, und an jeder
Straßenecke
standen
barfüßige
Gesundbeter,
Propheten, Erlöser, Schlangenbeschwörer, Mystiker,
Spiritisten, Astrologen und Fußwäscher. Manche
waren gut, aber die meisten waren Scharlatane und
Schwindler, die gutgläubigen Leuten nur das Geld
aus der Tasche ziehen wollten. Schwester Jasmine
hatte mehr Klasse als die meisten. Dennoch war sie
durchtrieben,
manipulierend,
verschlagen,
hinterhältig, raffiniert und charismatisch. Eine
typische Südstaaten-Evangelistin.
Endlich eiste sie sich von der Witwe los und ging
zur Tür. Die Männer folgten ihr stillschweigend. Sie
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blieb stehen, wandte sich an den nächsten hinter ihr
und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er nickte und
antwortete flüsternd. Sie drehte sich um und nahm
Kurs auf die Bank, wo ich fächelnd saß. Ich stand auf
und blickte sie mit ausdrucksloser Miene an.
»Hallo, Miss Carpenter.«
Ich war etwas, allerdings nicht sonderlich erstaunt,
daß sie wußte, wer ich war. Ich war ziemlich bekannt
in der Stadt.
»Hallo,
Schwester.
Wie
läuft
Ihr
Seelenrettungsgeschäft? Hält Sie vermutlich in Trab,
und das bei der Hitze.«
»Es hält mich in Trab«, sagte sie mit einem
strahlenden Lächeln, das ihr ganzes Gesicht
aufleuchten ließ.
»Das habe ich gehört.«
Ihre Augenbrauen hoben sich. »Tatsächlich? Was
haben Sie denn gehört? Nur Gutes, hoffe ich.«
»Eigentlich nicht, Schwester. Aber das sollte Sie
doch nicht stören in Anbetracht dessen, daß Gott auf
Ihrer Seite steht und überhaupt.«
Ihr Lächeln verschwand. »Sie müssen bei
Gelegenheit in die Kirche kommen und sich von mir
retten lassen, bevor es zu spät ist. Es heißt, meine
geistlichen Beratungssitzungen bewirken wahre
Wunder.«
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»Suchen Sie sich lieber eine leichtere Zielscheibe,
Schwester. Ich fürchte, bei mir ist Hopfen und Malz
verloren.« Ich lachte lautlos.
»Auf einen Versuch würde ich es gern ankommen
lassen.« Sie lächelte, dann verließ sie würdevoll den
Raum und nickte ihrem Volk im Vorübergehen zu.
Sehr interessant. Die Frau war etwa so geistlich
wie ein Warzenschwein mit einer Rechenmaschine.
Aber sie hatte es wahrhaftig geschafft, eine Menge
Leute zum Narren zu halten.
Ich lungerte eine Weile herum, dann schob ich los
zur Witwe, die allein dasaß.
»Hallo, Mrs. Stovall«, sagte ich in teilnahmsvollem
Tonfall. Ich bemühte mich, eine Trauermiene
aufzusetzen. »Mein Name ist Hollis Carpenter. Ich
bin diejenige, die Ihren Gatten gefunden hat.«
»Ach?« Sie machte ein verwirrtes Gesicht.
Sie war Ende fünfzig, wirkte aber viel
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