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Krumme Touren in Texas

Krumme Touren in Texas

Titel: Krumme Touren in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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kleinen,
    schmächtigen Mann mit blondem Haar, der mich
    besorgt betrachtete. Seine Brille saß auf der
    Nasenspitze, er spähte über den Rand. »Sind Sie in
    Ordnung?«
    »Ja, mir geht’s gut«, sagte ich und wischte mir den
    Schweiß von der Stirn.
    »Wir haben die Schüsse gehört, aber der Wagen
    raste schon weg, bevor ich etwas tun konnte.« Da
    bemerkte ich, daß er eine alte Flinte in der Hand
    hielt. »Ich glaube, einen haben Sie erwischt«, sagte er
    und ging in den Lichtkegel meiner Scheinwerfer, um
    sich die Straße anzusehen. »Jupp, hier ist Blut. Sie
    kommen besser ins Haus und setzen sich hin.« Seine
    Stimme war freundlich und beruhigend.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich wohne nicht weit von
    hier. Ich komme schon klar. Aber trotzdem danke.«
    Ich warf den Motor an und fuhr nach Hause.
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    Charlotte und Park aßen Eiscreme mit heißer
    Schokoladensauce und spielten Poker, als ich ankam.
    »Warum sollte jemand auf dich schießen?« fragte
    Charlotte, nachdem sie die Einzelheiten des Abends
    erfahren hatte.
    Ich zuckte die Achseln. »Ich muß der Sache schon
    näher gekommen sein. Heute habe ich mit vielen
    Leuten geredet. Ich muß etwas gesagt haben, das
    irgendwen geärgert hat.«
    Park haute mit der Faust auf den Cocktailtisch und
    platzte heraus: »Miss Mag hat am Fenster
    beobachtet, wie du heute abend weggefahren bist, sie
    sagte, daß ein Auto, das in der Straße parkte,
    plötzlich wendete und dir folgte. Ich dachte, sie hätte
    sich das nur eingebildet, aber vielleicht hatte sie
    recht.«
    »Klingt logisch. Wie hätte jemand sonst wissen
    können, wo ich war? Ich werde anscheinend
    leichtsinnig, wenn ich nicht mal merke, daß ich
    beschattet werde«, sagte ich.
    Ich wünschte Gute Nacht allerseits, ging ins Bett
    und schlief in der Sekunde ein, als mein Kopf aufs
    Kissen fiel.
    Am nächsten Morgen beschloß ich, den ganzen Tag
    im Bett zu bleiben und mir selbst leid zu tun. Das
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    dauerte genau dreiunddreißig Sekunden, dann
    klingelte das Telefon.
    »Ich habe gehört, Sie waren letzte Nacht
    unterwegs und haben Annie Oakley gespielt«, tönte
    Lieutenant Jerry Ingrams Stimme durch die Leitung.
    »Tatsächlich? Wo in aller Welt haben Sie das denn
    her?« fragte ich unschuldig.
    »Nette Leute drüben aus der Tuam Street haben
    uns gestern abend angerufen. Sie waren ein bißchen
    beunruhigt, als eine kleine Schießerei in ihrer
    friedlichen kleinen Straße ausbrach«, bemerkte er
    höhnisch.
    »Wie kommen Sie darauf, daß ich was damit zu
    tun hatte?«
    »Durch Ihr Nummernschild komme ich darauf,
    daß Sie was damit zu tun hatten. Ein Mann hat Ihr
    Kennzeichen notiert, als Sie in den Sonnenuntergang
    ritten.«
    »Da hat er sich wohl geirrt. Ich war gestern abend
    nicht in der Tuam.«
    »Herrgott noch mal! Lügen Sie mich nicht dauernd
    an! Ich nehme an, es war folgendermaßen – Sie haben
    sich auf die Socken gemacht und herumgeschnüffelt,
    weil Sie etwas über die Leiche rauskriegen wollten,
    die Sie ›gefunden‹ haben, und dabei sind Sie dem
    Mörder zu dicht auf die Pelle gerückt. Also, ich
    102
    schlage vor, Sie machen, daß Sie herkommen und mir
    Ihr Herz ausschütten, bevor jemand einen blutigen
    Bleiklumpen daraus macht.«
    »Ich schlage vor, nächstes Mal sind Sie etwas
    höflicher.« Ich legte auf.
    Das Telefon fing fast sofort wieder an zu schrillen.
    Ich ließ es klingeln, bis ich den Lärm nicht mehr
    ertragen konnte.
    »Hallo?« knurrte ich in die Sprechmuschel.
    »Hallo. Spreche ich mit Miss Hollis Carpenter?«
    fragte eine unbekannte Stimme.
    »Ich bin nicht sicher. Können Sie am Apparat
    bleiben, während ich rasch in der Familienbibel
    nachsehe?« Ich knurrte immer noch. Warum sich jetzt
    die Mühe machen, damit aufzuhören?
    »Also, Miss Carpenter, hier ist Clancey Willson.«
    Damit hatte ich nicht gerechnet. Clancey Willson
    war ein reicher Cowboy beziehungsweise wilder
    Erdölspekulant, der dieses Jahr für den US-Senat
    kandidierte.
    Er
    war
    ein
    hinterhältiger,
    fünfundsechzigjähriger Hampelmann; viele Leute
    unterstützten seine Kandidatur, weil sie dachten, er
    wäre ein »Realist«. Ich persönlich hielt ihn für einen
    Esel, inklusive große Ohren, loses Maul und lange
    Nase.
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    »Miss Carpenter, ich würde sie gern zum Lunch
    einladen.«
    »Da sind Sie bei mir an der falschen Adresse,
    Willson. Ich schreibe über Verbrechen, nicht über
    Politik. Manche Leute scheinen zu glauben, es gibt da
    einen Unterschied.« Bei der Vorstellung mußte

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