Krumme Touren in Texas
kleinen,
schmächtigen Mann mit blondem Haar, der mich
besorgt betrachtete. Seine Brille saß auf der
Nasenspitze, er spähte über den Rand. »Sind Sie in
Ordnung?«
»Ja, mir geht’s gut«, sagte ich und wischte mir den
Schweiß von der Stirn.
»Wir haben die Schüsse gehört, aber der Wagen
raste schon weg, bevor ich etwas tun konnte.« Da
bemerkte ich, daß er eine alte Flinte in der Hand
hielt. »Ich glaube, einen haben Sie erwischt«, sagte er
und ging in den Lichtkegel meiner Scheinwerfer, um
sich die Straße anzusehen. »Jupp, hier ist Blut. Sie
kommen besser ins Haus und setzen sich hin.« Seine
Stimme war freundlich und beruhigend.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich wohne nicht weit von
hier. Ich komme schon klar. Aber trotzdem danke.«
Ich warf den Motor an und fuhr nach Hause.
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Charlotte und Park aßen Eiscreme mit heißer
Schokoladensauce und spielten Poker, als ich ankam.
»Warum sollte jemand auf dich schießen?« fragte
Charlotte, nachdem sie die Einzelheiten des Abends
erfahren hatte.
Ich zuckte die Achseln. »Ich muß der Sache schon
näher gekommen sein. Heute habe ich mit vielen
Leuten geredet. Ich muß etwas gesagt haben, das
irgendwen geärgert hat.«
Park haute mit der Faust auf den Cocktailtisch und
platzte heraus: »Miss Mag hat am Fenster
beobachtet, wie du heute abend weggefahren bist, sie
sagte, daß ein Auto, das in der Straße parkte,
plötzlich wendete und dir folgte. Ich dachte, sie hätte
sich das nur eingebildet, aber vielleicht hatte sie
recht.«
»Klingt logisch. Wie hätte jemand sonst wissen
können, wo ich war? Ich werde anscheinend
leichtsinnig, wenn ich nicht mal merke, daß ich
beschattet werde«, sagte ich.
Ich wünschte Gute Nacht allerseits, ging ins Bett
und schlief in der Sekunde ein, als mein Kopf aufs
Kissen fiel.
Am nächsten Morgen beschloß ich, den ganzen Tag
im Bett zu bleiben und mir selbst leid zu tun. Das
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dauerte genau dreiunddreißig Sekunden, dann
klingelte das Telefon.
»Ich habe gehört, Sie waren letzte Nacht
unterwegs und haben Annie Oakley gespielt«, tönte
Lieutenant Jerry Ingrams Stimme durch die Leitung.
»Tatsächlich? Wo in aller Welt haben Sie das denn
her?« fragte ich unschuldig.
»Nette Leute drüben aus der Tuam Street haben
uns gestern abend angerufen. Sie waren ein bißchen
beunruhigt, als eine kleine Schießerei in ihrer
friedlichen kleinen Straße ausbrach«, bemerkte er
höhnisch.
»Wie kommen Sie darauf, daß ich was damit zu
tun hatte?«
»Durch Ihr Nummernschild komme ich darauf,
daß Sie was damit zu tun hatten. Ein Mann hat Ihr
Kennzeichen notiert, als Sie in den Sonnenuntergang
ritten.«
»Da hat er sich wohl geirrt. Ich war gestern abend
nicht in der Tuam.«
»Herrgott noch mal! Lügen Sie mich nicht dauernd
an! Ich nehme an, es war folgendermaßen – Sie haben
sich auf die Socken gemacht und herumgeschnüffelt,
weil Sie etwas über die Leiche rauskriegen wollten,
die Sie ›gefunden‹ haben, und dabei sind Sie dem
Mörder zu dicht auf die Pelle gerückt. Also, ich
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schlage vor, Sie machen, daß Sie herkommen und mir
Ihr Herz ausschütten, bevor jemand einen blutigen
Bleiklumpen daraus macht.«
»Ich schlage vor, nächstes Mal sind Sie etwas
höflicher.« Ich legte auf.
Das Telefon fing fast sofort wieder an zu schrillen.
Ich ließ es klingeln, bis ich den Lärm nicht mehr
ertragen konnte.
»Hallo?« knurrte ich in die Sprechmuschel.
»Hallo. Spreche ich mit Miss Hollis Carpenter?«
fragte eine unbekannte Stimme.
»Ich bin nicht sicher. Können Sie am Apparat
bleiben, während ich rasch in der Familienbibel
nachsehe?« Ich knurrte immer noch. Warum sich jetzt
die Mühe machen, damit aufzuhören?
»Also, Miss Carpenter, hier ist Clancey Willson.«
Damit hatte ich nicht gerechnet. Clancey Willson
war ein reicher Cowboy beziehungsweise wilder
Erdölspekulant, der dieses Jahr für den US-Senat
kandidierte.
Er
war
ein
hinterhältiger,
fünfundsechzigjähriger Hampelmann; viele Leute
unterstützten seine Kandidatur, weil sie dachten, er
wäre ein »Realist«. Ich persönlich hielt ihn für einen
Esel, inklusive große Ohren, loses Maul und lange
Nase.
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»Miss Carpenter, ich würde sie gern zum Lunch
einladen.«
»Da sind Sie bei mir an der falschen Adresse,
Willson. Ich schreibe über Verbrechen, nicht über
Politik. Manche Leute scheinen zu glauben, es gibt da
einen Unterschied.« Bei der Vorstellung mußte
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