Krumme Touren in Texas
den
Meßstab wie ein Arzt das Thermometer. »Ich hab’
Ihr Bild in der Zeitung geseh’n, als die große
Schießerei drüben in der Huldy war. Ich hätt’s gern
gewußt, dann wär’ ich selbst hin. Haben Sie die
Leiche und alles geseh’n?«
Ich versicherte ihm, daß das zutraf, dann
schmückte ich die Geschichte mit ein paar
blutrünstigen Details aus, um ihn zufriedenzustellen.
Während er den Kühler kontrollierte, ging ich zur
Ecke und blieb unter dem sich aufbäumenden roten
Neon-Pegasus stehen. Grillen zirpten und eine
Fledermaus umkreiste die hohe Laterne auf der
anderen Straßenseite. Blitze zuckten in der Ferne.
»Was ist mit Ihrer Windschutzscheibe passiert?«
fragte er, als ich ihm die zwei Dollar gab, die ich ihm
schuldete.
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Ich zuckte die Achseln, weil ich mich darüber nicht
auslassen wollte. »Vandalen, schätze ich.«
Auf Straßen, die dunkel waren unter den
ausladenden Blätterdächern der Bäume, fuhr ich zu
Schwester Jasmine. Ihr Haus lag im zweiten Block
östlich des Montrose Boulevard. Ich fuhr daran
vorbei, bog in die nächste Querstraße und parkte
einen halben Block weiter. Hunde bellten, als ich auf
Zehenspitzen durch Gärten schlich, mich um Bäume
und Büsche schlängelte, bis ich zu dem gelben,
zweigeschossigen Stuckhaus im Missionsstil kam.
Eine mächtige Immergrüne Eiche im Vorgarten
machte alles dunkel und schemenhaft. Der Eingang
befand sich auf der rechten Hausseite, eine
Sonnenveranda auf der linken. Zwei schwarze
Eisenlampen hingen neben der Haustür. Ich huschte
zum Trauermyrtenbusch an den Fenstern, um
hineinzuspähen. Ein langer, dünner Mann stand mit
dem Rücken zu mir in einem Raum, der offensichtlich
das Wohnzimmer war. Ich legte mich im Gebüsch
auf die Lauer und wartete, daß er sich umdrehte. Er
sah kleiner aus als der Gorilla, dem ich vorhin in der
Kirche begegnet war.
Die Welt besteht aus zwei Sorten von Menschen –
denen, die draußen in Büschen herumlungern und in
Fenster linsen, und denen, die das nicht tun. Mir war
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nicht klar, was es zu bedeuten hatte, aber
anscheinend machte ich in letzter Zeit nur noch das –
Leuten in die Fenster linsen.
Ein leises Rascheln hinter mir hätte mich
rechtzeitig warnen sollen, aber das tat es nicht. Eine
Handgranate explodierte in meinem Kopf.
Meine Augen waren geschlossen, und ich lag auf der
rechten Seite, mein linker Arm baumelte vom Bett.
Ich konnte mich nicht erinnern, wie ich hierher
gekommen war. Offenbar hatte ich mir einen
gezwitschert, aber wo? Mein Kopf schmerzte, mir
war speiübel, und das Zimmer drehte sich. Nein,
Moment mal. Es drehte sich nicht. Es bewegte sich
vorwärts. Es bewegte sich vorwärts und drehte sich.
Ich versuchte, die Augen aufzumachen, aber meine
Lider waren zu schwer. Ich wollte mich übergeben.
Ich öffnete gewaltsam meine Augen und schwitzte
von der Anstrengung, als hätte ich den Westflügel
des
Esperson-Gebäudes
mit
einer
Hand
hochgestemmt. Ich befand mich auf dem Rücksitz
eines fahrenden Autos.
Der Wagen war innen gelbbraun, das hieß, es war
nicht meiner, das hieß, es war in Ordnung, sich zu
übergeben. Ich erbrach mich, bis ich nur noch japsen
konnte.
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»Herrgott noch mal! Sie kotzt uns alles voll!«
kreischte eine Männerstimme vom Vordersitz.
Eine zweite Stimme knurrte: »Ja und, was zum
Teufel soll ich denn machen? Du hast sie doch
dermaßen hart geschlagen, daß es gereicht hätte,
sechs Esel umzubringen!«
Ich machte die Augen fest zu, dann blinzelte ich
und versuchte mich zu konzentrieren.
Ich befühlte meinen Hinterkopf. Da war eine
Beule, aber kein Blut. Beim Atmen durch die Nase tat
mir der Kopf offenbar stärker weh und mir wurde
schlecht. Ich brauchte eine Coca-Cola und einen
neuen Schädel. Meine Intuition sagte mir, daß die
zwei da vorn mir das nicht geben würden. Ich wollte
schlafen. Vielleicht brachten die Jungs mich nur nach
Hause. Ha! Nicht sehr wahrscheinlich, diskutierte ich
scharfsinnig mit mir selbst. Ich wischte mir den
Schweiß von der Stirn, ließ dann die Hand wieder
sinken. Ich war so schwach wie der Cocktail einer
alten Jungfer.
Der Wagen hielt an, bog nach rechts und
beschleunigte wieder. Er fuhr durch ein Schlagloch,
neben dem der Grand Canyon mit Sicherheit wie ein
Fingerschälchen aussehen würde. Wieder explodierte
die Granate in meinem Kopf, aber diesmal wurde ich
nicht bewußtlos. Das kam daher, daß ich so zäh war.
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Statt dessen
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