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Krumme Touren in Texas

Krumme Touren in Texas

Titel: Krumme Touren in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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den
    Meßstab wie ein Arzt das Thermometer. »Ich hab’
    Ihr Bild in der Zeitung geseh’n, als die große
    Schießerei drüben in der Huldy war. Ich hätt’s gern
    gewußt, dann wär’ ich selbst hin. Haben Sie die
    Leiche und alles geseh’n?«
    Ich versicherte ihm, daß das zutraf, dann
    schmückte ich die Geschichte mit ein paar
    blutrünstigen Details aus, um ihn zufriedenzustellen.
    Während er den Kühler kontrollierte, ging ich zur
    Ecke und blieb unter dem sich aufbäumenden roten
    Neon-Pegasus stehen. Grillen zirpten und eine
    Fledermaus umkreiste die hohe Laterne auf der
    anderen Straßenseite. Blitze zuckten in der Ferne.
    »Was ist mit Ihrer Windschutzscheibe passiert?«
    fragte er, als ich ihm die zwei Dollar gab, die ich ihm
    schuldete.
    145
    Ich zuckte die Achseln, weil ich mich darüber nicht
    auslassen wollte. »Vandalen, schätze ich.«
    Auf Straßen, die dunkel waren unter den
    ausladenden Blätterdächern der Bäume, fuhr ich zu
    Schwester Jasmine. Ihr Haus lag im zweiten Block
    östlich des Montrose Boulevard. Ich fuhr daran
    vorbei, bog in die nächste Querstraße und parkte
    einen halben Block weiter. Hunde bellten, als ich auf
    Zehenspitzen durch Gärten schlich, mich um Bäume
    und Büsche schlängelte, bis ich zu dem gelben,
    zweigeschossigen Stuckhaus im Missionsstil kam.
    Eine mächtige Immergrüne Eiche im Vorgarten
    machte alles dunkel und schemenhaft. Der Eingang
    befand sich auf der rechten Hausseite, eine
    Sonnenveranda auf der linken. Zwei schwarze
    Eisenlampen hingen neben der Haustür. Ich huschte
    zum Trauermyrtenbusch an den Fenstern, um
    hineinzuspähen. Ein langer, dünner Mann stand mit
    dem Rücken zu mir in einem Raum, der offensichtlich
    das Wohnzimmer war. Ich legte mich im Gebüsch
    auf die Lauer und wartete, daß er sich umdrehte. Er
    sah kleiner aus als der Gorilla, dem ich vorhin in der
    Kirche begegnet war.
    Die Welt besteht aus zwei Sorten von Menschen –
    denen, die draußen in Büschen herumlungern und in
    Fenster linsen, und denen, die das nicht tun. Mir war
    146
    nicht klar, was es zu bedeuten hatte, aber
    anscheinend machte ich in letzter Zeit nur noch das –
    Leuten in die Fenster linsen.
    Ein leises Rascheln hinter mir hätte mich
    rechtzeitig warnen sollen, aber das tat es nicht. Eine
    Handgranate explodierte in meinem Kopf.
    Meine Augen waren geschlossen, und ich lag auf der
    rechten Seite, mein linker Arm baumelte vom Bett.
    Ich konnte mich nicht erinnern, wie ich hierher
    gekommen war. Offenbar hatte ich mir einen
    gezwitschert, aber wo? Mein Kopf schmerzte, mir
    war speiübel, und das Zimmer drehte sich. Nein,
    Moment mal. Es drehte sich nicht. Es bewegte sich
    vorwärts. Es bewegte sich vorwärts und drehte sich.
    Ich versuchte, die Augen aufzumachen, aber meine
    Lider waren zu schwer. Ich wollte mich übergeben.
    Ich öffnete gewaltsam meine Augen und schwitzte
    von der Anstrengung, als hätte ich den Westflügel
    des
    Esperson-Gebäudes
    mit
    einer
    Hand
    hochgestemmt. Ich befand mich auf dem Rücksitz
    eines fahrenden Autos.
    Der Wagen war innen gelbbraun, das hieß, es war
    nicht meiner, das hieß, es war in Ordnung, sich zu
    übergeben. Ich erbrach mich, bis ich nur noch japsen
    konnte.
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    »Herrgott noch mal! Sie kotzt uns alles voll!«
    kreischte eine Männerstimme vom Vordersitz.
    Eine zweite Stimme knurrte: »Ja und, was zum
    Teufel soll ich denn machen? Du hast sie doch
    dermaßen hart geschlagen, daß es gereicht hätte,
    sechs Esel umzubringen!«
    Ich machte die Augen fest zu, dann blinzelte ich
    und versuchte mich zu konzentrieren.
    Ich befühlte meinen Hinterkopf. Da war eine
    Beule, aber kein Blut. Beim Atmen durch die Nase tat
    mir der Kopf offenbar stärker weh und mir wurde
    schlecht. Ich brauchte eine Coca-Cola und einen
    neuen Schädel. Meine Intuition sagte mir, daß die
    zwei da vorn mir das nicht geben würden. Ich wollte
    schlafen. Vielleicht brachten die Jungs mich nur nach
    Hause. Ha! Nicht sehr wahrscheinlich, diskutierte ich
    scharfsinnig mit mir selbst. Ich wischte mir den

Schweiß von der Stirn, ließ dann die Hand wieder
    sinken. Ich war so schwach wie der Cocktail einer
    alten Jungfer.
    Der Wagen hielt an, bog nach rechts und
    beschleunigte wieder. Er fuhr durch ein Schlagloch,
    neben dem der Grand Canyon mit Sicherheit wie ein
    Fingerschälchen aussehen würde. Wieder explodierte
    die Granate in meinem Kopf, aber diesmal wurde ich
    nicht bewußtlos. Das kam daher, daß ich so zäh war.
    148
    Statt dessen

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