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Krumme Touren in Texas

Krumme Touren in Texas

Titel: Krumme Touren in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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kurzen
    Feldwege sein, die als Sackgasse im Wald am Bayou
    endeten. Der Wagen holperte langsam darüber. Ich
    umklammerte den Gummischlauch und wartete mit
    angehaltenem Atem. Das einzige Licht kam vom
    Armaturenbrett und ließ die Silhouetten der
    Männerköpfe auf dem Vordersitz gerade noch
    erkennen. Earl, der Fahrer, zündete sich einen
    Glimmstengel mit dem Zigarettenanzünder an, dann
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    brachte er den Wagen knirschend zum Stehen. Ich
    war gespannt wie eine Geigensaite.
    »Da wären wir«, sagte er zu Dub und stellte die
    Scheinwerfer aus. »Ist sie noch k.o.?«
    Dub drehte sich um und sah über die Rücklehne
    nach mir.
    Jetzt oder nie.
    »Schlange!« kreischte ich und schleuderte ihm den
    Schlauch ins Gesicht. Sein Gebrüll war schriller als
    eine gelbkarierte Hose auf einer Quäker-Beerdigung.
    Er drosch auf den Schlauch ein, der ihm in den Schoß
    gefallen war. Nichts hatte sich je so schnell bewegt
    wie ich, als ich den Benzinkanister mit der rechten
    Hand schnappte. Ich zog ihn Earl zweimal über den
    Kopf, verlor den Kanister, schnappte ihn mir wieder
    und briet ihm spaßeshalber ein drittes Mal eins über.
    Ich kippte den Kanister um und begoß Earl mit
    Benzin. Seine Zigarette war ihm ins Hemd gefallen,
    als ich seinen Kopf bearbeitete, und als das Benzin
    die Kippe erreichte, fing er Feuer. Ich hielt mich nicht
    damit auf, Marshmallows zu rösten.
    Ich stieß den Türgriff runter, warf mich mit der
    Schulter gegen die Tür, fiel auf die Erde und kroch
    ins Unterholz. Wegen meines Knies konnte ich nicht
    schnell laufen, aber das machte nichts, weil ich
    sowieso nicht sehen konnte, wohin ich lief. Hinter
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    mir hörte ich, wie die beiden Männer sich gegenseitig
    anbrüllten.
    Ich knallte mit dem Schienbein gegen einen
    verrottenden, umgestürzten Baumstamm und machte
    eine elegante Rolle vorwärts wie ein Kunstflieger. Ich
    lag hilflos auf dem Rücken, rang nach Luft und hörte
    meinem Herzwummern zu.
    Die Männer brüllten und fluchten immer noch. Ich
    rappelte mich hoch auf Hände und Knie, spähte über
    den Baumstamm und versuchte, im stockfinsteren
    Wald etwas zu erkennen. Die Kiefern dufteten frisch
    und süß, und mein Kopf fühlte sich etwas besser an.
    Plötzlich war das Gelände vor mir in gleißendes Licht
    getaucht – sie hatten die Scheinwerfer vom Wagen
    angestellt. Ich duckte mich und beobachtete sie. Der
    eine hatte kein Hemd an, also nahm ich an, daß es
    Earl war und daß das Feuer ihn nicht schwer verletzt
    hatte, zu schade.
    Ich legte mich neben den Baumstamm und
    überlegte, was ich als nächstes tun sollte. Zu meiner
    Linken war die Stadt, zu meiner Rechten der Park.
    Sie würden mich wahrscheinlich Richtung Stadt
    suchen. Ich kroch nach rechts, um aus dem Lichtkegel
    rauszukommen. Meine Hände und Knie schmerzten
    vom Rutschen über Kiefernzapfen und Borkenstücke
    und Gott weiß was noch alles. Der Waldboden war
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    bedeckt mit einem dicken, schwammigen Teppich
    aus Kiefernnadeln und Blättern, der unter mir tief
    einsank.
    Bald
    war
    ich
    außer
    Reichweite
    des
    Scheinwerferlichts; Kletterpflanzen und Gestrüpp
    verfingen sich an mir und hinderten mich am
    schnellen Vorwärtskommen. Ich geriet in Panik, bis
    mir einfiel, daß die beiden Männer dasselbe Problem
    haben würden.
    Ich blieb stehen, um mich auszuruhen, lehnte mich
    gegen den rauhen Stamm einer großen Kiefer und
    fragte mich, wie weit ich gekommen und wie spät es
    war. Nicht, daß das die Sachlage groß geändert hätte.
    Schweiß tropfte mir vom Gesicht, und Moskitos
    zernagten mich wie einen alten Hühnerknochen. Ich
    spielte ein Spiel – rate mal, wie spät es ist –, um mich
    abzulenken von der Gefahr, in der ich schwebte. Ich
    ging jeden meiner Schritte durch, seit ich um zehn
    das Bible Cyclorama verlassen hatte, und schlug eine
    halbe Stunde drauf für die Bewußtlosigkeit. Es
    konnte jede Uhrzeit nach Mitternacht sein.
    Ein lautes Knacken links von mir ließ mein Herz
    sich ballen wie eine Faust. Ein kurzes schabendes
    Geräusch, ein aufflammendes Streichholz und ein
    Inhalieren verrieten mir, daß einer der Männer
    höchstens anderthalb Meter von mir entfernt war. Ich
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    schloß die Augen und biß die Zähne zusammen.
    Verflucht, er durfte mich nicht finden.
    »Miststück!« brummte er, als er den Rauch
    ausatmete. Er stand eine Minute oder eine Ewigkeit
    da herum, wie lange genau, konnte ich nicht mit
    Bestimmtheit sagen. Die Glut der Zigarette in seinem
    Mund drehte sich mir zu. Meine

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