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Krumme Touren in Texas

Krumme Touren in Texas

Titel: Krumme Touren in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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Finger gruben sich in
    meine Schenkel, und ich stellte das Atmen ein. Er
    warf die Zigarette auf den Boden und stolperte
    weiter. Ich wartete, bis das Geräusch seiner
    Bewegungen in der Ferne verschwunden war, dann
    ging ich rüber und trat seine Zigarette aus. Es war in
    Ordnung, wenn der Scheißkerl mich umbringen
    wollte, das konnte ich verstehen. Aber es war nicht in
    Ordnung, wenn er den Wald in Brand steckte und
    viele hilflose Tiere umbrachte.
    Ich stand auf und schlich vorsichtig in die
    entgegengesetzte Richtung zu der, die er
    eingeschlagen hatte. Der Boden fiel plötzlich steil ab,
    und ich packte einen kleinen Baum, um nicht das
    Gleichgewicht zu verlieren und abzustürzen. Es war
    die Böschung des Flußufers. Ich wandte mich nach
    links und tappte langsam mit nach vorn gestreckten
    Händen vorwärts wie eine Schlafwandlerin.
    Alle paar Schritte blieb ich stehen und horchte, ob
    die beiden nicht hinter dem nächsten Baum lauerten.
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    Mein linker Fuß zertrat einen trockenen Ast, daß es
    krachte wie bei einem Autounfall. Ich blieb stehen
    und zitterte wie eine Besoffene auf dem Weg zum
    Klo.»Earl! Warst du das? Earl!« rief Dub leise vor mir.
    »Halt’s Maul, du Arsch!« raunzte Earl ganz aus
    der Nähe. Ich umarmte den Baum neben mir, um
    nicht umzukippen. Meine Beine fühlten sich an wie
    Wackelpudding. Ich schloß die Augen, um besser
    hören zu können. Es klang, als ob sie in die Richtung
    abzogen, in die ich eben gegangen war, also machte
    ich lautlos kehrt und schlug den entgegengesetzten
    Weg ein. Ich hatte keine Ahnung, wohin ich steuerte,
    und dachte mir, daß ich wahrscheinlich im Kreis
    gegangen war.
    Plötzlich kam ich an den Rand einer Lichtung. Das
    gelegentliche Wetterleuchten genügte, um einen
    überdimensionalen Garten vor mir zu erkennen, der
    schräg zum Fluß abfiel. Ein großes zweistöckiges
    Landhaus stand oben auf dem Hang. Es sah aus wie
    eine Jagdhütte, seine Rückseite ruhte auf Pfählen über
    dem Ufer. In den Fenstern war kein Licht, aber
    draußen auf der vorderen Veranda brannte eine
    Gaslampe.
    Im Geiste warf ich eine Münze – Kopf, geh zur Tür
    – Zahl, geh weiter. Als meine Augen sich an das
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    Wetterleuchten gewöhnt hatten, konnte ich eine
    Gartenlaube und einen kleinen Teich sehen. Ein
    Schrei erschreckte mich fast zu Tode, bis ich die
    Gestalt einer kleinen Wildente ausmachte. Sie starrte
    zum Haus und quakte wieder. Ich blickte auf und sah
    einen orangerot glühenden Punkt neben der
    Holzbrücke zur Haustür. Das Glühen wurde heller,
    dann schwächer. Eine Zigarette. Einer der Männer
    wartete an der Tür. Vielleicht beide. Ich flüsterte der
    Ente ein Dankeschön zu, verkrümelte mich wieder in
    den Wald und ging runter zum Fluß. Der einzige
    Weg ums Haus herum führte durchs Wasser.
    Mist! Das paßte mir überhaupt nicht.
    Zähneknirschend rutschte ich das sandige Ufer
    hinunter. Der Wasserstand war niedrig, weil es nicht
    regnete.
    In diesem Augenblick öffneten sich die
    Wolkenschleusen. Blitze flackerten und Donner
    grollte. Als ich im knietiefen Wasser am Haus
    vorbeiplanschte, hörte ich jemanden drüben bei den
    dicken Holzpfählen, die das Haus stützten, leise
    fluchen.
    »Verdammter Regen! Herrgott noch mal. Langsam
    hab’ ich die Faxen dicke.« Es war Earls Stimme.
    Ich watete weiter und beschloß, den Fluß zu
    durchqueren. Irgend etwas streifte mein Bein, dann
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    schlängelte
    es
    im
    Wasser
    vorbei.
    Eine
    Mokassinschlange. Mist! Eine riesige Trauerweide
    ragte über den Fluß, und im Schutz ihrer hängenden
    Blätter platschte ich zur anderen Seite. Ich zog mich
    an der schlammigen Böschung hoch, indem ich das
    hohe, dünne, vom Regen glitschige Gras
    büschelweise packte. Ich kletterte, bis ich zu einer
    Platane kam, deren Stamm sich etwa einen halben
    Meter über dem Boden gabelte. So etwas hatte ich
    noch nie gesehen. Ich setzte mich daneben, um
    auszuruhen. Im Licht der Blitze sah ich die beiden
    Männer, die sich mühsam am gegenüberliegenden
    Ufer entlangarbeiteten.
    Ich kraxelte weiter den steilen Abhang hoch. Es
    kam mir vor wie eine Steigung von neunzig Grad.
    Teufel auch – eher fünfundneunzig Grad. Endlich
    war ich oben und watete durch Englischen Efeu. Ich
    stolperte und landete in hüfthohem Farn. Es blitzte
    wieder, und ich sah eine große, blasse Frau in einer
    Toga – sie tätschelte ein Reh, das neben ihr herlief.
    Na fabelhaft, jetzt hatte ich zu guter Letzt noch den
    Verstand verloren. Ich blinzelte und

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