Kryptum
Archiv im Bürgerkrieg gerettet hat? Ohne ihn wären die gesamten Bestände für die Kirche längst verloren. Und was den Zusammenhang zwischen Saras Verschwinden und den Ereignissen auf der Plaza Mayor betrifft: Wie können Sie so etwas behaupten, nachdem wir Ihnen von Saras Briefen erzählt und Sie den Telefonanruf erhalten haben?«
»Das sind doch nichts als Mutmaßungen, was Ihnen Sara Toledano geschrieben hat, und keine eindeutigen Beweise! Und der Anruf, der war anonym. Da hat sich jemand einen Scherz mit uns erlaubt«, verteidigte sich Gutiérrez.
»Nichts als Mutmaßungen?« polterte Bealfeld und blitzte den Inspektor wütend an. »Daß ich nicht lache! Und was haben Sie zu Saras persönlichen Papieren zu sagen? Und was ist mit ihrem Laptop? Der ist sicher
nicht
Eigentum der Kirche.«
»Was für ein Laptop?« fragte Presti ungerührt.
»Der, der am Donnerstagmorgen noch auf dem Tisch in ihrer Zelle stand. Vorhin war er verschwunden«, schnaubte Bealfeld.
»Sind Sie sich da sicher?«
»Natürlich bin ich das! Er ist weg, genauso wie die Schreibmappen mit ihren Notizen zu dem Prozeß gegen Raimundo Randa.«
In diesem Augenblick fiel es David wie Schuppen von den Augen. Auf einmal wußte er, warum der ausgemergelte schwarzgekleidete Mann das Kloster so fluchtartig verlassen hatte. Er hatte Saras Laptop, ihre Aufzeichnungen und die Dokumente aus dem Klosterarchiv abtransportiert! David runzelte die Stirn. Was für ein Spiel versuchte man hier mit ihnen zu spielen? War der Erzbischof etwa James Minsperts verlängerter Arm? Und der Inspektor ebenfalls? Was sollte er tun? Ihnen auf den Kopf zusagen, daß die NSA sie gekauft hatte? Nein, das war zu riskant. Er konnte sich täuschen. Und wenn nicht, dann wäre Minspert gewarnt. Wahrscheinlich war es besser, erst einmal den Mund zu halten und sich unwissend zu stellen.
|331| »Mir hat sie jedenfalls vom Kloster aus mehrere E-Mails geschickt. Und ich habe ihr ebenfalls welche geschrieben.«
»Ich verstehe nichts von Computern«, schaltete sich die Mutter Oberin nun ein. »Aber ich weiß, daß wir Internet haben. Schwester Guadalupe kennt sich mit diesen Dingen aus. Kommen Sie, Mister Calderón, ich bringe Sie zu ihr.«
Mit diesen Worten ging Teresa de la Cruz eiligen Schrittes zur Tür. David hatte Mühe, ihr zu folgen, und lief deshalb auch prompt gegen eine Betonmischmaschine, als sie im Kreuzgang um die Ecke bogen. Die Nonne blieb stehen.
»Hier wird immer irgendwas ausgebessert«, entschuldigte sie sich.
Ein paar Schritte weiter wurde gerade ein Treppenaufgang zugemauert, der in die Kellerräume hinabgeführt haben mußte. David war schon drauf und dran, ein Foto davon zu schießen, hielt sich aber gerade noch rechtzeitig zurück. Ich will mal lieber keinen Staub aufwirbeln, sagte er sich, es ist besser, auf der Hut zu sein.
Nachdem sie einen weiteren Flur entlanggegangen waren, machten sie schließlich vor dem ehemaligen Refektorium halt. An einem langen Tisch saßen mehrere Nonnen, die emsig die Tastaturen ihrer Computer bearbeiteten. Schwester Guadalupe hatte einen aufgeschraubt. Mit einem Lötkolben in der Hand beugte sie sich darüber und sah erst hoch, als die Mutter Oberin sie an der Schulter berührte.
»Schwester, könnten Sie sich bitte um Mister David Calderón kümmern?« Teresa de la Cruz reichte David die Hand. »Verzeihen Sie, ich muß zu unseren Gästen zurück.«
Als die Mutter Oberin die Tür hinter sich geschlossen hatte, zeigte David auf die Platine, die die Nonne gerade zu reparieren versuchte.
»Ein bißchen veraltet, was?« sagte er mit einem Schmunzeln.
»Wie Sie sehen«, gab sie etwas steif zurück, »leisten sie uns noch sehr gute Dienste. Sie bereiten uns zwar manchmal Probleme, aber da wir sie geschenkt bekommen …«
|332| »Sara Toledano hatte ihren eigenen Laptop dabei, nicht wahr?«
»Ja. Der war natürlich sehr viel moderner als das hier.«
»Konnte sie vom Kloster aus E-Mails verschicken?«
»Von ihrer Zelle aus nicht. Aber von diesem Saal aus schon.«
»Die letzte hat sie mir am Mittwoch geschickt«, erklärte der Kryptologe. »Erinnern Sie sich an etwas Besonderes?«
»Der Tag vor Fronleichnam … Lassen Sie mich überlegen … Ja, stimmt, vormittags kam sie mit ihrem Laptop her und ging damit ins Internet. Und sie bat mich um Rat, denn sie wollte in Mercedes’ Laden etwas kaufen. Das ist eine verwitwete Freundin von mir, die Computerzubehör verkauft. Sie besorgt uns auch diese alten Kisten.«
»Wie
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