Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
Vom Netzwerk:
beschwichtigte ihn Bealfeld. »Im Grunde wollen wir von Ihnen nur bestätigt bekommen, daß es sich dabei um Sara Toledano handelt, die Mutter Ihrer jungen Patientin. Ich bin ihr Bodyguard, und sie ist spurlos verschwunden. Wir fürchten um ihr Leben.«
    »Dazu braucht man eine polizeiliche Anordnung«, sagte der Arzt und fügte dann leise hinzu: »Kommen Sie mit in mein Büro.«
    Kaum hatte er dort die Tür zugemacht, ging er zum Telefon und rief in der Verwaltung an.
    |338| »Ja … Sara Toledano … In Ordnung, ich warte.« Er legte auf und drehte sich wieder zu David und Bealfeld um. »Daß ich da nicht selbst draufgekommen bin! Sie war ebenfalls Amerikanerin. Keine Ahnung, warum ich sie nicht sofort mit dieser jungen Frau in Verbindung gebracht habe. Bei ihr hat sich das Ganze aufgrund des Alters nur völlig anders ausgewirkt. Sie war schon richtig krank. Im fortgeschrittenen Stadium.«
    »Krank? Und was ist das für eine Krankheit?«
    »Manche halten es für eine Form der Epilepsie. Ich bin mir da aber nicht so sicher. Ich kann Ihnen nur sagen, daß es sich um eine Bewußtseinstrübung handelt, die sich gewöhnlich in einer erhöhten Einschlafneigung am Tage manifestiert. Solange die Anfälle nur sporadisch auftreten, ist das nicht weiter schlimm. Wenn es aber öfter passiert, kommt es zu einer länger andauernden Verwirrtheit des Patienten, und es zeigen sich endogene Automatismen. Das kann Minuten dauern, Stunden oder gar Tage. Es gibt Fälle, da ist diese Bewußtseinsstörung so ausgeprägt, daß der Kranke mit dem Zug oder dem Flugzeug verreist und sich am Ziel dann überrascht fragt, wie er überhaupt dorthin gekommen ist. Das Syndrom kann sich auch in nächtlichen Panikattacken ausdrücken. Mitten in der Nacht wacht der Patient plötzlich auf und beginnt zu schreien. Er läßt sich durch nichts beruhigen, oft minutenlang. Hinterher kann er sich häufig an nichts mehr erinnern. Bestenfalls an irgendein vereinzeltes Bild.«
    »Stammeln diese Menschen dann auch?«
    »Ja, es können durchaus Sprachstörungen auftreten. Bei Mrs. Toledano war das der Fall. Man verstand kein Wort, es war, als wäre sie in Trance.«
    »So wie Rachel Toledano gerade eben?«
    Vergara nickte. David Calderón wurde blaß. So hatte auch die Krankheit seines Vaters angefangen.
    »Ist diese Krankheit erblich?«
    »Das wissen wir noch nicht. Es sind bisher nur sehr vereinzelte Fälle aufgetreten.«
    Das Telefon klingelte. Der Arzt hob ab und lauschte. In seinem |339| Gesicht zeichnete sich zuerst Überraschung und dann Unglauben ab.
    »Ja … Toledano … Was soll das heißen, die Krankenakte fehlt?! Kann sie nicht falsch abgelegt worden sein …? Ah … Und es gibt keinen Vermerk …? … Nichts? Das hat uns gerade noch gefehlt … ja, ja, ist ja schon gut.«
    »Das war’s, was sie gesucht haben«, raunte David Bealfeld zu. »Sie sind uns wieder mal zuvorgekommen.«
    »Wie? Sie glauben, daß es dieser schwarzgekleidete Unbekannte war, dem Sie nachgebrüllt haben?« fragte Bealfeld.
    »Darauf können Sie Gift nehmen, Kommissar.«
    »Haben Sie vorhin auch das Autokennzeichen fotografiert?«
    »Nein, das habe ich schon vor dem Kloster getan.«
    Er zeigte ihm das Foto auf dem Display der Kamera.
    »Wenn mich nicht alles täuscht, ist das ein Wagen unserer Delegation«, sagte der Kommissar mit gerunzelter Stirn.
    »Könnten Sie das überprüfen? Und vielleicht auch herausfinden, wer der Mann ist?«
    »Sicher. Geben Sie mir die Kamera.« Bealfeld wandte sich an den Arzt. »Doktor, wie lange muß Rachel Toledano in der Klinik bleiben?«
    »Ich würde sie gern noch eine Weile zur Beobachtung hierbehalten. Aber im Prinzip ist sie wieder auf dem Damm.«
    »Ich sage das aus Sicherheitsgründen. Das Hotel wird überwacht.«
    »Warten Sie einen Augenblick. Vielleicht können wir da ja etwas arrangieren.«
    Kurz darauf kam er mit einem kleinen Koffer zurück. Er stellte ihn auf einen Tisch und erklärte ihnen, wie er funktionierte.
    »Dieser Koffer ist so etwas wie ein tragbares Schlaflabor. Es ist ganz einfach. Sobald Ms. Toledano in ihrem Hotelbett liegt, müssen Sie nur diese Elektroden an ihrem Kopf befestigen und das Meßgerät anstellen. Am nächsten Tag bringen Sie es mir dann, und ich übertrage die Daten auf meinen Computer. Es wäre gut, wenn heute nacht jemand bei ihr bleiben könnte. |340| Nur um sicherzugehen, daß der Anfall wirklich vorüber ist und sie keine Panik bekommt, wenn die Wirkung des Beruhigungsmittels nachläßt und sie

Weitere Kostenlose Bücher