Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
Vom Netzwerk:
aus«,erklärte Doktor Vergara und tippte in den Computer einen Befehl ein, um die Aufzeichnungen der an Rachels Kopf befestigten Elektroden zu visualisieren.
    Und da sahen sie es. David erkannte die labyrinthischen Linien |335| , die sich auf dem Bildschirm aufbauten, als erster: Sie erinnerten an ihre Pergamentkeile. Doch noch überraschter war er, als sie nach einer Weile vier gleichseitige Dreiecke bildeten, die in Form eines Kreuzes angeordnet waren!

    »Das ist unglaublich!« stammelte er. »Ist es das, wovon Sie gesprochen haben, Doktor?«
    »Genau.«
    »Wie erklären Sie sich das?«
    »Was Sie hier sehen, sind nicht die elektrischen Impulse, die der Polygraph aufzeichnet, sondern das, was herauskommt, wenn ich sie mit diesem neuartigen Computerprogramm auswerte. Jedenfalls habe ich so etwas noch nie gesehen. Obwohl … das stimmt nicht ganz, einmal schon, vor ein paar Wochen, aber da hatte ich das EEG in einem anderen Raum gemacht, wo noch ältere Gerätschaften stehen. Ich schrieb es einem Meßfehler zu und schenkte der Grafik deshalb keine weitere Beachtung. Aber dies hier ist ein Grass, der Rolls Royce unter den Polygraphen. Die Elektroden sind aus Gold und die Federn zur Aufzeichnung aus Saphir. Hier kann keine technische Störung vorliegen … Wenn ich es mir recht überlege, dann war es beim ersten Mal wahrscheinlich auch kein |336| Meßfehler. Jene Patientin wies zudem fast dieselben Symptome auf.«
    »Eine Frau?« David horchte auf.
    »Ein Freund von mir hat sie an einem Abend hergebracht. Sie hatte ihn auf die Plaza Mayor begleitet, wo er Geräusche aufzeichnete.«
    »Víctor Tavera, der Geräuschesammler?«
    »Ja. Kennen Sie ihn?«
    »Wir waren heute morgen bei ihm. Könnten Sie uns diese Grafik ausdrucken?« bat der Kryptologe.
    »Ja sicher. Kommen Sie.«
    Sie gingen zum Schwesternzimmer, wo vorn am Fenster der Drucker stand. Während der Arzt Papier nachlegte, blickte David zerstreut hinaus, und plötzlich entdeckte er den dürren Mann, der die breite Treppe des Krankenhauses hinablief. Er war, als hätte er ein Déjà-vu. Er war sich jetzt absolut sicher, daß er ihn nicht erst im Plenarsaal des Rathauses und danach an der Klosterpforte gesehen hatte, sondern bereits viel früher. Nur wo? Im selben Moment hatte der Mann das Ende der Treppe erreicht, wo er den Arztkittel auszog und einen schwarzen Geländewagen herbeiwinkte, dessen hintere Stoßstange verbeult war.
    David hatte in der Zwischenzeit mechanisch seine Digitalkamera aus der Hosentasche gezogen und den Zoom eingestellt. Jetzt öffnete er das Fenster, stieß einen Schrei aus, und als der Mann sein ausgemergeltes Gesicht hob, drückte er auf den Auslöser.
    »Psssst!« Doktor Vergara war hinter ihn getreten. »Haben Sie denn das Schild mit der Aufschrift ›Ruhe‹ nicht gesehen?«
    »Ich weiß … aber kennen Sie vielleicht den Mann dort auf dem Beifahrersitz?« fragte David und zeigte auf den davonbrausenden Wagen.
    »Von hier aus kann ich nichts mehr erkennen.«
    »Warten Sie.«
    Der Kryptologe drückte eine Taste der Kamera und zeigte ihm das Foto.
    |337| »Nein, den habe ich noch nie gesehen. Ich glaube nicht, daß er hier arbeitet.«
    Daraufhin reichte David die Kamera an Bealfeld weiter.
    »Das ist der Typ, der Ihnen bei der Pressekonferenz aufgefallen ist. Als ich heute nachmittag zum Kloster kam, stand dieser Wagen vor der Pforte, und sein Fahrer und er haben ein paar Kartons und einen Laptop eingeladen. Und gleichzeitig will Presti nichts davon wissen, daß Saras Laptop nicht mehr in ihrer Zelle steht. Ganz schön viele Zufälle, finden Sie nicht auch?«
    »Sie haben recht, das ist er«, stimmte der Kommissar zu und gab ihm die Kamera zurück. »Ein solches Gesicht vergißt man nicht so leicht.«
    »Mich wundert nur, daß man einen Typ mit einer so auffälligen Visage einsetzt«, erklärte David. »Es muß eine sehr spezielle Mission sein, die nur er erfüllen kann.«
    »Und was hat er hier in der Klinik zu suchen?«
    »Wenn ich das nur wüßte …« David zuckte mit den Schultern und wandte sich wieder an den Arzt, der das Blatt mit den labyrinthischen Linien gerade aus dem Drucker nahm.
    »Um auf diese Grafik zurückzukommen, Doktor Vergara. Vorhin haben Sie gesagt, etwas Ähnliches hätten Sie schon einmal bei einer anderen Frau gesehen. Erinnern Sie sich noch an ihren Namen?«
    »Den darf ich Ihnen nicht sagen. Haben Sie noch nie etwas von der ärztlichen Schweigepflicht gehört?«
    »Natürlich, Doktor Vergara«,

Weitere Kostenlose Bücher