Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
Vom Netzwerk:
Informationsmuster.«
    »Und wie ist es zu erklären, daß Sara und Rachel und auch mein Vater und ich die gleichen Muster haben?«
    »Bei Rachel und Sara könnte das genetisch bedingt sein. Immerhin sind sie Mutter und Tochter«, argumentierte Doktor |603| Vergara. »Und bei Ihnen und Ihrem Vater genauso. Bei Ihnen, Mr. Calderón und Ms. Toledano, bin ich allerdings überfragt … Gibt es irgendeine besondere Beziehung zwischen Ihnen …? Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll …«
    Stille trat ein. Eine unangenehme Stille, die David schließlich brach:
    »Hm … Vielleicht habe ich eine Antwort auf Ihre Frage. Es gibt wirklich etwas, das uns beide,Rachel und mich, verbindet. Eigentlich sogar uns vier, wenn wir ihre Mutter und meinen Vater mit dazunehmen. Alle vier haben wir lange Zeit diese Muster studiert, sowohl die vom Labyrinth als auch die auf dem Millimeterpapier.«
    »Und was hat das damit zu tun?«
    »Wenn Sie Kryptologe wären, würden Sie das verstehen. Etwas zu entschlüsseln erfordert eine ungeheure Konzentration, es strengt das Gehirn unheimlich an. Man wird völlig von dem durchdrungen, was man zu dechiffrieren hat, man träumt davon, und es sinkt bis in die tiefsten Schichten des Bewußtseins. Nun, auch wenn das vielleicht lächerlich klingen mag, so glaube ich doch, daß auf unerklärliche Weise etwas davon in unser Gehirn eingedrungen ist. Nehmen wir einmal an, daß dieses Labyrinth ein Code ist, eine Anweisung, wie wir uns Zugang zu uns bisher unbekannten Regionen unseres Geistes verschaffen können. Und nehmen wir weiter an, daß dieser Code in einer Sprache oder in Bildern geschrieben ist, die uns einige dieser mentalen Tunnel erschließen, die im Laufe der Evolution zugemauert oder stillgelegt wurden.«
    »Das klingt wie Science-fiction. Sie werden verstehen, daß ich eine derartige Hypothese für völlig unsinnig halte.«
    »Weil Sie nicht wissen, wovon ich rede. Verzeihen Sie, daß ich so mit Ihnen spreche, Doktor, aber es handelt sich hier um kein gewöhnliches Labyrinth. Es verbirgt irgendeine seltsame Sprache, die Hunderte oder Tausende von Jahren alt sein kann. Wir wissen es nicht. Niemand weiß das.«
    »Sie glauben also, daß es so etwas wie ein Computervirus ist?«
    |604| »Sie haben selbst gesagt, daß Teile des Gehirns stillgelegt sind. Diese Regionen oder Windungen dienen, wenn man so will, zur Instandhaltung oder Sicherung der Hirntätigkeit, dort liegen die Codes und geheimen Programme, die dem Bewußtsein nicht zugänglich sind. Wer sagt Ihnen, daß neben der DNS nicht noch andere Codes zum Bauplan menschlichen Lebens gehören? Wie sonst ist es zu erklären, daß der Mensch die einzige Spezies ist, die ein Bewußtsein und eine Sprache, Religionen und Mythen hat?«
    »Na ja, manche behaupten, daß unser Sprachsystem nicht nur eine biologische Errungenschaft des Gehirns ist. Haben Sie schon einmal den Begriff
Mem
gehört? Ein Mem ist eine Gedankeneinheit, die durch Kommunikation weiterverbreitet wird, sich dabei aber auch weiterentwickelt. Ein Mem bedeutet für die kulturelle Entwicklung das gleiche wie ein Gen für die biologische.«
    »Sprache ist also gewissermaßen ein mentaler, wenn auch hochspezialisierter Tunnel.«
    »Wenn Sie das so ausdrücken wollen …«
    »Wenn es also eine Universalsprache gäbe, müßte es auch einen Universaltunnel geben, eine Art Hauptschlüssel für das Gehirn«, schloß David.
    »Auf Ihre Art erzählen Sie mir da gerade die Geschichte des Turms von Babel.«
    »Vielleicht bewahrt unser Labyrinth ja die Geheimnisse der Sprache, die es vor Babel gegeben haben muß … Vielleicht war der Turm zu Babel ja gar nichts, was aus Ziegeln erbaut werden konnte. Vielleicht basiert der Mythos auf etwas, was sich in unserem Inneren, in irgendeiner Region des Gehirns verbirgt und nur darauf wartet, daß ihm jemand die Tür öffnet …«
    Eine andächtige Stille breitete sich aus, bis Bealfeld sich mit einem Blick auf die Uhr räusperte.
    »Während Sie den Ursprung der Welt ergründen, ruft mich die harte Realität. Ich habe einen Termin mit Gutiérrez, um zu sehen, wie es um das Loch auf der Plaza Mayor steht.«
    |605| »Und wir sind hier auch nicht auf einem Neurologenkongreß«, fügte Doktor Vergara hinzu und stand auf. »Sie müssen sich ausruhen, Mr. Calderón, damit wir morgen dieses EEG mit Ihnen machen können.«
    »Bevor wir gehen«, sagte der Kommissar, »würde ich aber gern noch eines wissen: Wie konnten Pedro Calderón und Sara Toledano

Weitere Kostenlose Bücher