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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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wird.«
    »Rafael bereitet schon alles vor. Er hat auch die Pferde besorgt. Heute wird er sie beschlagen lassen, so wie wir es besprochen haben.«
    »Ich hoffe, der Hufschmied genießt das volle Vertrauen deines Mannes.«
    »Rafael kennt ihn gut. Er wird unser Geheimnis wahren.«
    »Und du? Wirst du mit demWandteppich rechtzeitig fertig?«
    »Sicher, beruhigt Euch … Erzählt jetzt bitte weiter. Ich möchte endlich erfahren, welcher Gefahr wir die Stirn zu bieten haben, und auch, wohin Euch jene Karawane gebracht hat, mit der Ihr aus Mekka aufgebrochen seid.«
    »Nun gut … Wie ich dir erzählt habe, reisten wir nur des Nachts. Das war eine sehr vernünftige Art, die Wüste zu durchqueren. Mehr als einmal sollte ich mich später daran erinnern, als ich wenige Meilen vor dem Euphrat von der Karawane Abschied nahm, um in Richtung Qasarra zu reiten, wo Kalif al-Walid I. der ›Sarazenischen Chronik‹ zufolge das Labyrinth als Mosaik unter seinen Thron hatte legen lassen. Begleitet wurde ich von den fünf Männern, die Sidi Bey in Mekka für mich angeworben hatte.
    Nach einigen Tagen, die wir einem
wadi –
das ist ein ausgetrocknetes Flußbett – gefolgt waren, teilten die Männer mir |609| mit, daß wir diesen bequemen und sicheren Weg nun verlassen müßten, um quer durch den heißen Wüstensand weiterzuziehen. Dort, so warnten sie, fehle es an allem, nur nicht an der Sonne.
    Dennoch bewältigten wir den Ritt durch die weiten Sandflächen recht gut … bis zu dem Tag, da wir uns gezwungen sahen, einen großen Bogen um die nächste Zisterne zu machen, da dort gefährliche Wegelagerer auf uns lauerten. Folglich konnten wir unsere Wasservorräte nicht auffüllen, aber meine Führer hofften, dies an einem Brunnen nachzuholen, den wir bereits am nächsten Tag erreichen sollten. Er befand sich ganz in der Nähe von Qasarra, doch sein Name,
Faswat al-Ajuz,
was auf arabisch soviel heißt wie ›Fotze des alten Weibes‹, verhieß nichts Gutes.
    Wir ritten gerade durch eine Dünenlandschaft, als der Boden unter uns mit einem dumpfen Grollen zu beben begann, das von Millionen aufeinanderprallender Sandkörner zu stammen schien und immer lauter wurde, so daß die Kamele, Pferde und Maultiere scheuten, und sich schließlich zu einem tosenden Sandsturm auswuchs, der ein weiteres Vorankommen unmöglich machte und uns nach Luft ringen ließ. Der aufgewirbelte Sand, der uns in den Augen brannte, drohte uns lebendig zu begraben.
    Wir kamen noch einmal mit dem Leben davon. Doch als wir wieder unter den Zeltplanen hervorkrochen, die wir schnell über uns und unsere Tiere gebreitet hatten, hatten wir jede Orientierung verloren. Weder wußten wir, in welche Richtung der Brunnen, noch wo Qasarra lag. Wir ritten durch eine unwegsame Steinwüste, und der Staub, den unsere Tiere aufwirbelten, brannte wie Feuer in der Kehle. Kein Baum war zu sehen und auch kein Felsen, der hoch genug gewesen wäre, uns etwas Schatten zu spenden. Unerbittlich knallte die Sonne auf unsere Häupter. Irgendwann ging die Steinwüste in weißen Sand über, aus dem eine höllische Hitze aufstieg. Kein Lüftchen ging, und wenn doch einmal etwas Wind aufkam, dann war es ein sengend heißer Windstoß.
    |610| Nur mühsam kamen wir voran. Seit drei Tagen hatten wir und unsere Tiere nichts mehr getrunken. Uns blieb nicht ein Tropfen Wasser, und bald spürten wir die verheerenden Folgen. Als erstes knickten die Maultiere ein, so daß wir sie um alles erleichtern mußten, was nicht unentbehrlich war. Das erwies sich als sehr anstrengend und ließ auch noch die wenigen Kräfte, die uns geblieben waren, erlahmen.
    Als die Sonne dann am höchsten stand, fiel einer meiner Begleiter von seinem Kamel und kullerte eine Düne hinunter, bis er bewegungslos liegenblieb, starr wie eine Leiche. Wir eilten ihm zu Hilfe.Über seinem Mund wrangen wir unsere Wasserschläuche aus, bis ein paar einzelne Tropfen herabfielen, was jedoch nicht viel nützte. Ich selbst fühlte mich völlig entkräftet und spürte, wie meine Muskeln ihren Dienst versagten, was es sehr schwierig machte, unseren Gefährten wieder in den Sattel zu heben.
    Wenn noch einer von uns heruntergefallen wäre, hätten wir es nicht wieder auf unsere Reittiere geschafft. Ganz nach dem Motto ›Rette sich, wer kann‹ setzten wir unseren Weg fort. Selbst Dhikra, das kraftstrotzendste Pferd von allen, begann unter mir zu zittern. Tödliche Stille bemächtigte sich der Reisegruppe. Schließlich vernebelte sich mein Blick, und

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