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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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an deren Spitze die Toledanos standen, vor der Vertreibung Ende des 15. Jahrhunderts mit den zwölf Versen aus der Thron-Sure ebenso viele Gebäude gekennzeichnet hatten, die über einen Eingang zu dem unterirdischen Labyrinth verfügten. Die meisten davon waren jedoch ein Dreivierteljahrhundert später abgerissen, wie Randa feststellen mußte, als er einige Maurer auf die Suche danach schickte. Sie sollten möglichst keinen Verdacht erregen. Aber irgend jemand zeigte sie an, und damit begann der Prozeß, von dem uns Maliaño erzählt hat. Der Prozeß gegen eine Maurertruppe, die freitags nie arbeitete, mit |676| der Begründung, daß es an dem Tag immer regne. Sie waren Morisken, die den muslimischen Feiertag einhielten. Sie wurden verhaftet und verhört. Man durchsuchte ihre Häuser, und bei vieren von ihnen fand man vier Pergamentkeile.«
    »Die, die dir meine Mutter geschickt hat.«
    »Genau. Sara studierte weiter die Akten und entdeckte, daß der Richter, der den Prozeß leitete, die Bücher der Gebäude überprüfte, an denen die eingekerkerten Maurer gearbeitet hatten. Ich glaube, das ist es, was uns jetzt interessieren sollte. Denn durch eines dieser Gebäude ist Sara hinabgestiegen.«
    »Juan de Maliaño hat uns doch von diesen Gebäuden erzählt, die rund um die Plaza Mayor angeordnet waren«, erinnerte sich Rachel. »Und er hat gesagt, daß von all den Gebäuden noch die Kathedrale, die Kirche des Convento de los Milagros, der Alkazar und die Casa de la Estanca stehen.«
    »Ja, aber die Kathedrale können wir ausschließen«, erklärte der Kryptologe. »Der dortige Zugang zu den unterirdischen Gängen wurde beim Bau der Plaza Mayor zugemauert.«
    »Und die Klosterkirche?«
    »Dort kann Sara auch nicht hinuntergestiegen sein«, sagte Kommissar Bealfeld. »Die Krypta wurde ebenfalls zugemauert. Ich hatte Maliaño schon danach gefragt. Er meinte nur, vielleicht gebe es ja noch andere Eingänge in den Kellergewölben. Na ja, uns kann’s egal sein, die Nonnen lassen uns sicher nicht in ihren Kellern herumschnüffeln.«
    »Und was ist mit dem Turm des Alkazars?«
    »Unmöglich«, erklärte Bealfeld. »Dort ist während der Vorbereitungen für die Friedenskonferenz die Garnison untergebracht, die die örtlichen Sicherheitskräfte verstärkt. Der Turm ist streng bewacht.«
    »Bleibt also nur noch die Casa de la Estanca«, folgerte Rachel. »Täusche ich mich, oder hat mein Patenonkel erzählt, daß ein Vorfahr von ihm diesen Wasserturm erbaut hat?«
    »Er hat den Palast rundherum gebaut«, präzisierte David. »Die eigentliche Casa de la Estanca ist sehr viel älter. Jetzt, wo wir davon sprechen, fällt mir ein, daß auf ihrer Fassade tatsächlich |677| ein geometrisches Muster aus Ziegeln zu sehen ist, dem die Feuchtigkeit aber sehr zugesetzt hat. Ich bin nie auf den Gedanken gekommen, daß das ein arabischer Text sein könnte. Und ich habe da noch immer meine Zweifel. Aber gut, es ist der einzige Ort, der nicht bewacht wird. Dort könnte Sara hinabgestiegen sein.«
    »Worauf warten wir dann noch?« fragte Rachel und stand auf.
    »Immer sachte mit den jungen Pferden, so einfach ist das nicht«, warnte David. »Ich glaube nicht, daß wir da so leicht hinabsteigen können.«
    »Warum nicht?«
    »Der einzig mögliche Zugang sind die Rohre, die an das alte Wasserversorgungssystem der Stadt angeschlossen sind. Und die sind sehr gefährlich. Vor allem nach Unwettern, so wie jetzt. Seit vorgestern schüttet es aus Kübeln. Selbst wenn kein überschüssiges Wasser fließt, kann man darin leicht ertrinken oder ersticken.«
    »Apropos«, schaltete sich jetzt der Kommissar ein, »meine Kontaktmänner haben mir erzählt, daß Minspert Tauch- und Höhlenausrüstungen angefordert hat.«
    »Das bedeutet, daß er ebenfalls hinuntersteigen will«, sagte der Kryptologe nachdenklich. »Wir müssen ihm zuvorkommen.«
    »Wir müssen sofort runter«, pflichtete Rachel ihm bei. »Noch heute. Wir wissen nicht, was meiner Mutter zugestoßen sein kann, worauf sie dort unten gestoßen ist. Wir wissen nicht einmal genau, wovon wir sprechen. Um das herauszufinden, müssen wir hinunter.«
    »Ich gebe euch ja völlig recht, wir müssen hinab«, sagte Bealfeld. »Aber durch das Loch in der Plaza Mayor.«
    »Wir warten schon seit einer Woche auf diese verdammte Genehmigung. Wir können nicht noch länger warten«, erwiderte Rachel ungeduldig.
    »Sie haben die Bergung der Monstranz fast abgeschlossen. Ein oder zwei Tage noch, hat man mir gesagt.

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