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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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Palastes begutachtete. Sehen Sie den jungen Mann dort im Hintergrund? Das ist der Architekt Ramírez de Maliaño, der sie ausgearbeitet hatte.«
    »Ich habe schon seine Bekanntschaft gemacht. Aber sagen Sie, auf dem Foto wirken Pedro und Sara doch eigentlich sehr glücklich.«
    »Die beiden glaubten damals noch, das Zentrum für Sephardische Studien würde Sara mit einbeziehen. Sie wußten nicht, daß Peggy und Abraham Toledano ganz andere Pläne für Sara hatten. Und Sara war nicht stark genug, sich ihren Eltern zu widersetzen. Sie schickten sie nach Chicago, wo sie bei Mircea Eliade ihren Doktor in Religionsgeschichte machte. Mein Vater und sie sahen sich zwar weiterhin, aber längst nicht mehr so oft, zumal ja nun auch der große Ozean zwischen ihnen lag. Die Jahre vergingen … Eines schönen Tages, Mitte der siebziger Jahre, mein Vater arbeitete gerade in der Bibliothek des Escorial … Kennen Sie die Klosterresidenz eigentlich?«
    »Wir haben vor ein paar Tagen einen Ausflug dorthin gemacht. Ein ganz schöner Klotz!«
    »Die Bibliothek dort hat einen beeindruckenden Bestand an Büchern in semitischen Sprachen. Wo war ich stehengeblieben? … Ach ja, mein Vater schrieb damals an einem wissenschaftlichen Aufsatz über das Spionagenetz Philipps II. und mußte dazu im Escorial einige Bücher und Handschriften konsultieren. Dabei entdeckte er ein keilförmiges Pergamentstück. Wie die drei, die Abraham Toledano Albert Speer abgekauft hatte. Und wie diese vier, die Sara mir geschickt hat.«
    |91| »Der Keil, den Ihr Vater im Escorial gefunden hat, ist der, von dem Sara schreibt? Der hier in der Stiftung aufbewahrt wird?«
    David nickte. Er stand auf, ging zu dem Beistelltisch und kam mit einer Aktenmappe zurück, aus der er nun einige Blätter und ein dreieckiges Pergamentstück herausnahm, die allesamt in Klarsichthüllen steckten.
    »Das ist der Keil. Mein Vater bemerkte sofort, daß er zum selben Pergament gehören mußte wie die drei anderen, die die NSA nicht rausrückte. Er fand es zwischen den Papieren von Ehrwürden José de Sigüenza, dem Bibliothekar und Chronisten des Escorial im 16. Jahrhundert. In einem Brief schreibt Sigüenza, daß Philipp II. mit diesem Fragment in der Hand gestorben sei. Und sehen Sie, hier auf der Rückseite stehen tatsächlich ein paar Wörter in seiner Handschrift.«
    Er drehte die Klarsichthülle um, damit der Kommissar den Schriftzug sehen konnte.
    »Was steht da?« fragte Bealfeld.
    »ETEMENANKI. Das wurde aber nicht von Philipp II. geschrieben, sondern diese drei Wörter hier:
Der letzte Schlüssel

    »Der letzte Schlüssel? Wofür?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht für den Escorial, der unglaublich viele Türen hat, an die 1250. Ehrwürden José de Sigüenza vermerkt sein Erstaunen darüber, daß der mächtigste Monarch der Welt mit diesem Pergamentkeil in der Hand sterben wollte, wo er doch so viele Reliquien aller nur erdenklichen Heiligen um sich hatte. Schreine, ja ganze Kisten voller Reliquien, und im Pantheon die sterblichen Überreste der Könige, die ihm vorangegangen waren. Und trotzdem wählte er, als seine letzte Stunde schlug, dieses Pergament. Schauen Sie sich mal diese Kopien an. Das ist Sigüenzas Brief. Und jetzt halten Sie sich fest: Er ist an Raimundo Randa adressiert, den Kurier und Geheimagenten von Philipp II., gegen den man Anklage wegen Hochverrats erhoben hatte.«
    »Das ist doch der Mann, dessen Inquisitionsprozeß Sara im Convento de los Milagros untersucht hat, nicht wahr?«
    |92| »Ganz genau. Hören Sie, was Ehrwürden José de Sigüenza an Raimundo Randa schreibt:
    In dieser ganzen Zeit trafen viele Kisten mit Reliquien im Escorial
ein, die Seine Majestät in halb Europa hatte sammeln lassen,
bis er gut 7000 Knochen zusammenhatte. Darunter befanden
sich die gesamten Gebeine von zehn Heiligen, nahezu 150 Totenköpfe
, etwa 300 Armknochen und ebenso viele Oberschenkelknochen
… Kurzum, er besaß so viele Knochen, daß er bis ans Ende
seines Lebens daran hätte nagen können.
    Ich weiß nicht, ob Ihr Kenntnis davon habt, wie Philipp II. vor
Jahren die Nachricht von Eurem spurlosen Verschwinden aufnahm
. Minotaurus in seinem Labyrinth mag nicht stärker getobt
haben. Ich sah ihn selbst zu den merkwürdigsten Tages- und
Nachtzeiten mit jenem Hauptschlüssel – dessen Schließmechanismus
nur an einigen Türen des Escorial eingesetzt worden
war – durch das Kloster wandeln und überall Schlösser ausprobieren
, als könne er nicht glauben, was man

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