Kryptum
Pergamentkeile von Sara sowie die Klarsichthülle mit dem fünften aus der Stiftung, ging hinüber zu dem Gerät und schaltete es ein. Bealfeld stellte sich hinter ihn und beobachtete, wie der junge Wissenschaftler versuchte, Saras Keile zusammenzufügen.
»Die vier hier auf der Glasplatte passen jedenfalls nicht zusammen«, erklärte er nach einer Weile seufzend. »Mal sehen, ob irgendeiner wenigstens zu dem Keil paßt, den wir hier in der Stiftung aufbewahren und auf dessen Rückseite ETEMENANKI und
Der letzte Schlüssel
steht.«
Vorsichtig zog er den Keil aus der Klarsichthülle, legte ihn mit einer Pinzette auf die von unten beleuchtete Glasplatte und beugte sich tief darüber. Eine ganze Weile war nichts zu hören. Bealfeld hielt den Atem an.
»Bingo!« rief David plötzlich triumphierend und stand auf, so daß Bealfeld nun einen Blick darauf werfen konnte.
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»Na, was sagen Sie?« fragte David strahlend, als der Kommissar sich zu ihm umdrehte. Er hatte in der Zwischenzeit ein Lineal vom Schreibtisch geholt und maß nun die Seiten der beiden zusammengefügten Keile. Sie bildeten ein perfektes gleichseitiges Dreieck. Die Linien darauf schienen nicht aufgezeichnet, sondern mit einem glühenden Eisen eingebrannt worden zu sein.
»Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg«, fügte der Kryptologe hinzu. »Es ist nie gelungen, die drei zusammenzufügen, die in der NSA aufbewahrt werden. Vielleicht passen sie aber zu diesen vieren hier, die Sara uns geschickt hat.«
»Glauben Sie immer noch, daß das ein Entwurf für einen Schlüssel ist?« fragte der Kommissar ungläubig.»Wenn das Pergament nicht so alt wäre, würde ich ja eher auf die Zeichnung eines Computerchips oder irgendeiner Leiterplatte tippen.«
»Da sehen Sie mal, was für unterschiedliche Assoziationen man haben kann. Mich als Wissenschaftler, der auf alte Kryptographie spezialisiert ist, erinnert es eher an ein Labyrinth. Jedenfalls ist es auf den ersten Blick noch nicht zu entschlüsseln. Und da das meine Aufgabe sein wird, lassen Sie mir am besten alles hier, damit ich mir in Ruhe darüber Gedanken machen kann«, murmelte David mit einem Blick auf die Uhr. »Sie müssen langsam los.«
»Ja, aber nicht ohne Sie.«
»Kommissar, ich bitte Sie. Es ist besser, Sie gehen allein zu Rachel Toledano. Wir werden noch genug Zeit miteinander verbringen.«
»Genug Zeit? Zeit ist genau das, was wir nicht haben! Sara |103| ist spurlos verschwunden. Wer weiß, wo sie steckt und ob sie nicht schnellstens unsere Hilfe braucht.«
»Glauben Sie mir, es ist wirklich besser so … Ich bringe Sie noch zu Carters Büro.«
»Warten Sie! Ich möchte, daß Sie sich vorher noch die Aufnahme vom Zwischenfall auf der Plaza Mayor ansehen. Danach gehe ich, das verspreche ich Ihnen.«
»Einverstanden, dort drüben steht der Videorekorder.«
Während Bealfeld die Kassette bis zur Rede des Papstes vorspulte und David die Pergamentkeile wieder in die Klarsichthüllen und dann in die Aktenmappe steckte, klopfte es an der Tür, und der Geschäftsführer steckte den Kopf herein.
»Wir müssen schließen«, säuselte er mit süßlicher Miene.
»Geben Sie uns noch fünfzehn Minuten«, bat Bealfeld. »Wir sind fast fertig.«
»Na gut, aber wirklich nur noch fünfzehn Minuten.« Dann wandte Carter sich an David und zeigte auf die Aktenmappe auf dem Schreibtisch. »Und vergessen Sie nicht, Mr. Calderón, daß ich die Dokumente, die ich Ihnen heute morgen ausgehändigt habe, wieder im Safe einschließen muß.«
David nickte wortlos und schob ihn entschieden zur Tür hinaus.
»Wie stelle ich den Ton lauter?« fragte Bealfeld hinter ihm, kaum daß er die Tür geschlossen hatte.
Als David sich umdrehte, erblickte er auf dem Bildschirm den Papst, wie er mit seiner charakteristischen zitternden Stimme gerade seine Rede vorlas.
»… wir dürfen aber nicht vergessen, welch hohen Symbolgehalt für uns Christen der Tempelplatz mit seinen Moscheen hat, wo einst der Tempel König Salomos,
das
Urbild der Kirche, stand …«
Dann sah man, wie er stockte und die Plaza Mayor von unverständlichem Gemurmel widerhallte.
»Et em en an ki sa na bu apla usur na bu ku dur ri us ur sar ba
bi li …«
Die Augen weit aufgerissen, den Kiefer angespannt, sah der |104| Papst jetzt aus, als würde er gleich ersticken, während er gleichzeitig in seltsam rhythmischem Singsang stotterte.
»Ar ia ari ar isa ve na a mir ia i sa, ve na a mir ia a sar ia …«
Danach war nur noch ein Sirren zu
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