Kryptum
verbunden war.
Doch nun war Presti alarmiert, denn das, was diese Frau in den letzten Tagen herausgefunden haben mußte, konnte die Pläne der vatikanischen Diplomatie ernsthaft insWanken bringen. Und Sara Toledano hatte ihn schon vor Tagen gewarnt. Kaum hatte sie nämlich erfahren, daß man einen Festakt auf der Plaza Mayor plante, hatte sie Bealfeld gebeten, sie zu Presti zu begleiten. Die Beraterin des Präsidenten der Vereinigten Staaten wollte anscheinend einen vertrauenswürdigen Zeugen bei dem Gespräch dabeihaben, und er hatte nicht lange gebraucht, um die Gründe dafür zu verstehen: Sara sprach sich offen gegen die Nutzung der Plaza Mayor für die Fronleichnamsprozession aus. Sie hielt es für leichtfertig, sie über den Platz zu leiten, und erst recht, daß man dort die feierliche Schlußzeremonie abhalten wollte. Wenn irgend etwas, auch nur die kleinste Kleinigkeit, bei dieser denkwürdigen Massenveranstaltung schiefgehen sollte, wären die geplanten Friedensgespräche zwischen Palästinensern und Israelis ernstlich in Gefahr, warnte sie ihn. Sie würden verschoben werden oder, schlimmer noch, vielleicht nie stattfinden. Wollte der Vatikan diese Verantwortung übernehmen?
Was war, wenn Maliaño und Tavera zum jetzigen Zeitpunkt erführen, daß Sara plötzlich spurlos verschwunden war? Der Erzbischof würde sich des auf ihn fallenden Verdachts kaum erwehren können, sie kurzzeitig aus dem Weg geräumt zu haben. Man wußte, daß er zu so etwas und auch noch zu ganz anderen Dingen fähig war.
In diese Gedanken versunken, hatte Bealfeld gar nicht gemerkt, daß Presti die Flucht nach vorn angetreten hatte und abrupt aufgestanden war, um so die Unterredung für beendet zu erklären. Er packte den Kommissar entschieden am Arm, nickte dem Architekten und dem Toningenieur hochmütig zu und zog Bealfeld dann hastig die Treppen hinunter. Erst unter den Arkaden der Plaza Mayor blieb er stehen.
|22| »Sagen Sie, Mr. Bealfeld, halten Sie es für möglich, daß Sara Toledano während der Prozession wieder auftaucht?«
»Kann schon sein«, erwiderte der Kommissar. »Vorgestern hat sie mich noch gebeten, ihre Einladung für die Ehrentribüne abzuholen. Werden Sie sich an Ihren Plan halten?«
»Bleibt mir denn etwas anderes übrig?« schnaubte der Nuntius. »Ich kann nur hoffen, daß Mrs. Toledanos Vorahnungen sich nicht bewahrheiten.«
»Dürfte ich Sie in diesem Fall bitten, mich als Bodyguard des Vatikans zu akkreditieren?« Als er Prestis überraschte Miene sah, fügte er hinzu: »Ich möchte mich frei bewegen können, um Sara in der Menge zu suchen.«
»Sprechen Sie mit Oberst Morelli vom
Corpo dellaVigilanza.
Ich kann Ihnen aber gleich sagen, daß wir diese Akkreditierungen aus Sicherheitsgründen erst im letzten Moment verteilen.«
Es gab kein Zurück mehr. Die wenigen Stunden bis zur Prozession mußten reichen, um den ehrgeizigen Plan noch einmal sorgfältig durchzugehen. Die Straßen, durch die die Prozession ziehen würde, waren vollgestopft. Schon in den Morgenstunden hatten die ersten Gläubigen Position bezogen, neben Fernsehteams aus der halben Welt.
Nach dem Hochamt würde die Prozession von der Kathedrale zur Plaza Mayor geführt werden, wo der Papst die Zeremonie mit einem Aufruf zum Frieden schließen wollte. Von diplomatischem Standpunkt aus betrachtet, hatte Sara dem Kommissar erklärt, würde diese Rede von entscheidender Bedeutung sein, denn der Vatikan konnte so von vornherein seine Position umreißen, die er bei der Friedenskonferenz zwischen Palästinensern und Israelis einzunehmen gedachte.
Da das Protokoll vorsah, daß den Heiligen Vater dabei Vertreter von elf anderen Religionsgemeinschaften umringen sollten, um seinem Appell noch mehr Gewicht zu verleihen, hatte man die Plaza Mayor als neutralen Ort gewählt und nicht wie |23| sonst die Kathedrale. Und aus demselben Grund würde Antiguas weltberühmte Monstranz, um die sie die ganze Christenheit beneidete, nicht auf dem Podium stehen, von dem aus der Heilige Vater seine Rede halten würde, sondern auf einem eigens dafür errichteten Altar in der Mitte des Platzes. Den krönenden Abschluß sollte schließlich ein ökumenischer Gottesdienst mit liturgischen Gesängen aus allen Teilen der Welt bilden. Und danach würde man Tauben auffliegen lassen, viele, viele weiße Tauben.
Doch bevor es soweit war, mußte der feierliche Zug aus hohen Geistlichen, Politikern und unzähligen Gläubigen erst einmal ohne Zwischenfälle durch die von
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