Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin
vergangenen Wochen und Monde, die er während seiner Reise gesehen hatte. Verkohlte Leichen, die am Stadtrand von den wenigen Überlebenden oder durchziehenden Klantruppen zusammengetragen und in Massengräbern beerdigt wurden. Die Bilder gefielen ihm nicht. Verbrannte Häuser und Erde. Blutige und schmutzige Überreste überall, wo er hinsah. Verzweiflung und Tränen in den Gesichtern von Soldaten und Hinterbliebenen. Sie taten ihm nicht leid, waren sie doch nur unwichtige, winzige Figuren in einem riesigen Universum unendlicher Möglichkeiten. Aber er fühlte sich dazu verpflichtet, sich einzumischen, obwohl er dies niemals gerne tat.
Die Konsequenzen einer Einmischung waren für einen Saijkalsan kaum absehbar. Beobachten, aufzeichnen und die richtigen Schlüsse ziehen, waren unter normalen Umständen seine bevorzugten Aufgaben.
Es hatte lange gedauert, vielleicht viel zu lange, bis sich die sieben Klanstämme auf Betreiben des obersten Regenten der Klan auf ein gemeinsames Vorgehen und ein Zusammenlegen ihrer Verteidigungskräfte gegen die Invasion der Rachuren einigen konnten. Einer der wenigen klaren Augenblicke, die der senile alte Regent in letzter Zeit gehabt hatte. Viel schwieriger jedoch war es gewesen, sich darüber hinaus auf einen gemeinsamen Befehlshaber für das Heer der Verteidiger zu einigen. Die Klanstämme fürchteten um ihre Unabhängigkeit und wollten die Macht, die mit der Befehlsgewalt über ein solches Heer einherging, nicht leichtfertig aus der Hand geben. Der Befehlshaber über das große Heer würde mit seiner Berufung ein nicht zu unterschätzendes Instrument erhalten, mit dem er durchaus in der Lage wäre, nicht nur die Rachuren in ihre Schranken zu weisen, sondern ohne Weiteres auch die eigenen Stämme zu unterjochen. Ein Anführer über das mächtige Klanheer konnte daher nicht unmittelbar aus den Reihen der sieben jüngst noch zerstrittenen Klanstämme gewählt werden. Auf diesem Weg war eine Einigung schlicht unmöglich.
Sapius schüttelte den Kopf: Wie dumm sie doch waren! Ihrem Volk drohte Vernichtung. Einem großen Teil der Klan ein unwürdiges Leben in der Sklaverei. Eine nie da gewesene, lang andauernde Schreckensherrschaft der Rachuren. Und sie hatten sich bis zum letzten Moment über die angemessene Führung eines Verteidigungsheeres gezankt.
Nach zähen und streitbaren Beratungen hatten sich die Stammesfürsten dank seines weisen Ratschlags – Sapius hatte den Verhandlungen von Anfang an als Berater beigewohnt – schließlich an einen uralten Orden erinnert, dessen erste Aufgabe die Wahrung der Geschichte, der Traditionen und des Rechts der Klan war.
Der Orden hatte sich mit seinen als unbesiegbar geltenden Streitern bereits in den Grenzkriegen gegen die Rachuren bewährt und als äußerst loyal erwiesen. Ohne sein beherztes Eingreifen hätten die erbittert geführten Grenzkriege über kurz oder lang zu einer Niederlage geführt. Die in den Regeln des Ordens niedergelegte strenge Verpflichtung zur Wahrung der Neutralität zerstreute am Ende die anfänglich bestehenden Bedenken einiger Fürstenhäuser, die eine Verschiebung der Machtverhältnisse zu ihrem Nachteil befürchtet hatten.
Das Symbol zweier sich überschneidenden goldenen Sonnen über einem roten Reiter auf tiefblauem Hintergrund, mit schwarzen Runenzeichen verziert, fand sich auf allen Fahnen, Bannern und Uniformen des Ordens wieder. Ihre langen weißen Umhänge aus Wolle und entsprechende Felle für die Wintermonde wurden durch goldene Spangen mit den eingeprägten Symbolen der beiden Sonnen zusammengehalten. Sonnenreiter wurden sie von den Klanstämmen genannt und Echralla Dar, was so viel wie Krieger der Flammen bedeutete, von ihren Feinden.
Eine seiner vornehmsten Verpflichtungen sah der Orden der Sonnenreiter im Schutz der Landesgrenzen und in der Aufrechterhaltung des friedvollen Zusammenlebens der einzelnen Stämme der Klan. Die Sonnenreiter hatten sich deshalb in ihrer ganzen Geschichte stets zur Neutralität gegenüber den Stämmen verpflichtet und waren ein sehr traditionsreicher Orden mit festen Ritualen und einem tiefverwurzelten Glauben, dessen Ursprünge bis in die Gründerzeiten der Klan zurückreichten. Sie stellten zudem schon seit langer Zeit den obersten Gerichtsrat der Klan, der in der Küstenhauptstadt Tut-El-Baya am großen Meer im Südosten des Landes tagte.
Die Bewahrer, eine kleine Gruppe auserwählter Sonnenreiter und über viele Sonnenwenden seit ihrer Kindheit ausgebildeter
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