Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin

Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin

Titel: Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
Vom Netzwerk:
verfallenen Kameraden getötet, hatte sich dennoch wacker geschlagen und den Schock überwunden.
    Renlasol entschloss sich, all seinen Mut zusammenzunehmen, näher an den ruhig atmenden Leichnam heranzutreten und der Ursache für die Bewegungen selbst auf den Grund zu gehen. Seine Beine wollten ihn nicht recht tragen und seine Knie schlotterten.
    Ruhig, ganz ruhig, versuchte Renlasol seine Angst unter Kontrolle zu bringen. Er biss sich auf die Unterlippe und kroch auf allen vieren zu Sapius’ Leiche.
    »Du bist ein Narr, Renlasol! Lass ihn doch unter dem Leinentuch liegen. Warum tust du dir das an?«, sagte er mit laut aufeinanderklappernden Zähnen zu sich selbst.
    Vorsichtig nahm Renlasol einen Zipfel des Leinentuchs zwischen zwei Finger und zog daran. Das Tuch bewegte sich nicht. Sein Versuch war zu zaghaft gewesen und das inzwischen eingetrocknete Blut klebte auf der Haut und der Kleidung des Saijkalsan fest. Der zweite Versuch klappte besser. Mit einem kräftigen Ruck zog Renlasol das Leinentuch von Sapius weg und starrte in das fahle Gesicht des vor ihm liegenden Saijkalsan. Augen und Mund waren geschlossen, die Hände unverändert über dem Brustkorb ineinandergefaltet. Dennoch war der Magier Renlasol anders in Erinnerung geblieben, als sie seinen Leichnam nach seinem Ableben am späten Nachmittag zugedeckt hatten. Es erschien ihm merkwürdig und unheimlich zugleich: Die schweren Wunden sahen vollständig verheilt aus. Lediglich die hässlichen Narben zeugten noch von den Verletzungen des Saijkalsan. Aber sie waren nicht mehr frisch, und sahen ebenfalls längst verheilt aus. Wie war das möglich? Eine Heilung in so kurzer Zeit war ausgeschlossen. Renlasol hatte noch nie von so etwas gehört und schon gar nicht bei einem Verstorbenen. Irgendetwas war ganz und gar nicht in Ordnung. Das konnte nur das magische Werk eines Totenerweckers gewesen sein. Aber wer sollte den Saijkalsan von den Toten zurückgeholt haben? Renlasol war die ganze Zeit bei ihm gewesen und hatte niemanden gesehen. Er sah jetzt genauer hin, die Furcht war der Neugier gewichen.
    Tatsächlich, Sapius atmete. Die Bewegungen seines Brustkorbes waren eindeutig. Der Knappe hielt einen Finger vor die Nasenlöcher, bemerkte die durch den Luftzug bebenden Nasenflügel und spürte die ein- und wieder austretende warme Luft. Seinen Kopf seitlich geneigt und vorsichtig auf den Brustkorb des Magiers gelegt lauschte Renlasol schließlich mit einem Ohr dem gleichmäßigen Herzschlag. Es gab nun keinen Zweifel mehr.
    Sapius war von den Toten zurückgekehrt und lebte.
    In aller Ruhe betrachtete Renlasol das Gesicht des Saijkalsan. Die Augen waren geschlossen, er schien zu schlafen und sah friedlich aus.
    Er sieht anders aus, dachte Renlasol. Auf irgendeine Weise hatte sich Sapius verändert, seit er ihn zuletzt lebend gesehen hatte. Renlasol fand es schwierig, die Unterschiede bei dem schlafenden Saijkalsan richtig einzuordnen. Das Gesicht wirkte jedenfalls leicht verschoben und die Gesichtszüge wirkten verzerrt. Wahrscheinlich lag das an dem vor Kurzem noch gebrochenen Kiefer, der schief zusammengewachsen sein musste, und an der fetten, hässlichen Narbe, die sich nun quer durch sein Gesicht zog. Dennoch strahlte Sapius noch etwas anderes aus, das sich der Knappe nicht erklären konnte.
    Plötzlich öffnete Sapius die Augen. Das Herz des Knappen blieb vor Schreck beinahe stehen. Darauf war er nicht vorbereitet gewesen. Sapius starrte ihn aus grauen Augen an, die vereinzelt mit gelbgoldenen Pünktchen gesprenkelt waren und seinem Blick eine besonders intensive Schärfe verpassten. Wie von einer Schlange gebissen sprang Renlasol in einem gewaltigen Satz, ohne sich vorher umzusehen, nach hinten und landete unsanft auf seinem Hintern. Es dauerte eine Weile, bis er sich wieder beruhigt hatte. Sapius hatte währenddessen keine Anstalten gemacht, sich von der Stelle zu bewegen oder etwa aufzustehen.
    Der Knappe fasste erneut all seinen Mut zusammen, rieb sich das schmerzende Hinterteil und ging langsam auf den Saijkalsan zu. Als er ihn erreicht hatte, fing Sapius an zu reden.
    »Wer bist du? Ich kenne dich nicht«, fragte Sapius freundlich.
    Renlasol zögerte mit einer Antwort, denn er hatte überhaupt nicht damit gerechnet, dass ihn Sapius ansprechen könnte. Im ersten Augenblick des Schreckens hatte er sogar beinahe vergessen, wer und wo er war. Er musste nachdenken und seine Gedanken sammeln. »Mein … mein Name ist Renlasol. Ich bin Knappe des Bewahrers

Weitere Kostenlose Bücher