Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin
und ihn sonst auch nicht fragte, ob er Zeit für ihn hätte. Er sprach ihn einfach an und sagte in der Regel, was zu sagen war.
»Sapius hat vor der Schlacht eine große Bitte an mich herangetragen«, begann der Lordmaster das Gespräch, » und ich habe ihm versprochen, dass ich mit dir über sein Anliegen sprechen werde.«
Renlasol spitzte neugierig die Ohren, denn er konnte sich nicht vorstellen, was der Saijkalsan, der von den Toten wiederauferstanden war, von ihm wollte und worüber Madhrab mit ihm sprechen musste.
»Der Magier möchte, dass du für ihn eine wichtige Botschaft überbringst, ein dringendes Hilfeersuchen an einen möglichen Verbündeten im Kampf gegen die Saijkalrae. Sapius würde dir die versiegelte Botschaft überreichen. Du wärst im Wesentlichen auf dich alleine gestellt. Ich kann dich nicht begleiten«, sagte der Lordmaster umständlich.
Renlasol hätte vor Freude in die Luft springen können. Das war die Gelegenheit, auf die er gewartet hatte, um sich endlich beweisen zu können. »Wenn Ihr mir diesen Auftrag erteilt und eine Zeit lang auf meine Dienste verzichten wollt, werde ich die Botschaft sehr gerne überbringen«, stimmte Renlasol zu. Das wäre sein erster wichtiger Auftrag, den er selbständig und ohne die schützende Hand des Bewahrers durchführen konnte.
»Langsam, Renlasol. Ich werde dir den Auftrag nicht erteilen, sondern dich wenn überhaupt für die Zeit deiner Reise vorübergehend von deinen Verpflichtungen als mein Knappe freistellen. Das hängt ganz von deiner Entscheidung ab«, bremste der Lordmaster den aufkommenden Enthusiasmus seines Knappen.
»Aber ja doch. Ich will den Auftrag wirklich sehr gerne übernehmen«, warf Renlasol ein, der nur schwer verstehen konnte, warum ihn der Lordmaster nicht gleich auf die Reise schickte.
»Nun warte doch erst einmal ab, bis ich dir alles erzählt habe. Du kannst nicht einfach einen Auftrag annehmen, ohne die Hintergründe zu kennen«, ermahnte Madhrab seinen Knappen vor allzu voreiligen Entschlüssen.
»Ja, Herr«, gab Renlasol kleinlaut zu, der sich bereits wieder dafür schämte, sich offensichtlich unerfahren anzustellen.
»Gut, dann hör zu. Der Auftrag ist gefährlich, denn die Botschaft ist für Quadalkar gedacht«, fuhr der Lordmaster fort.
Den Namen Quadalkar hatte Renlasol schon gehört, und wenn dann meist im Zusammenhang mit alten Schauergeschichten, die sich die Sonnenreiter abends, wenn sie zusammensaßen, erzählten, um sich gegenseitig zu unterhalten. Je schrecklicher die Geschichten waren, umso mehr Zuhörer konnte sich der Erzähler gewiss sein. Renlasol hatte den Geschichten keine größere Bedeutung beigemessen und oft nur mit einem Ohr zugehört. Sie waren ihm manchmal wie ein Wetteifern zwischen den Erzählern um die Gunst der Kameraden erschienen, wobei die spannenden Geschichten mit Monstern und unglaublichen Wendungen meist mit viel Staunen und Applaus gewannen.
Soweit er sich an die Worte seiner Kameraden erinnern konnte, war der hohe Vater wohl irgendwann gegen Quadalkar ins Feld gezogen und glorreich zurückgekehrt. Irgendein Held oder eine Legende aus vergangenen Tagen schien sich für Renlasol hinter der Figur Quadalkars zu verbergen. Allerdings wunderte er sich darüber, dass dieser Mann, den er für längst tot gehalten hatte, noch eine wichtige Botschaft erhalten sollte. Andererseits hatte sich inzwischen so einiges ereignet, was sein ursprüngliches Bild von Kryson, den Kontinenten Ell und Fee, der Welt, in der er lebte, verändert hatte. Wenn es möglich war, dass ein Saijkalsan wie Sapius aus dem Land der Tränen zurückkehrte, warum sollte das bei einer uralten Legende nicht auch der Fall sein?
»Wir wissen nicht, wo sich Quadalkar versteckt hält und ob er überhaupt zu finden sein wird. Sapius behauptet jedenfalls, er existiere. Der Overlord hat ihn einst gejagt, konnte seiner aber nicht habhaft werden. Um genauer zu sein, er ist ihm während des lange dauernden Feldzuges nie begegnet. Das ist schon sehr lange her, deshalb bin ich mir nicht sicher, ob deine Mission Erfolg haben kann. Falls er tatsächlich existiert, wirst du ihn nur finden können, wenn er gefunden werden will. Eines jedoch muss ich dir sagen. Ich war nicht begeistert, als Sapius dich für die Überbringung der Botschaft vorgeschlagen hat. Deine Reise würde dich in das Land der Bluttrinker führen. Es gibt Dinge und Gefahren auf unserem Kontinent, die sich nur schwer begreifen lassen und dich an die Grenzen deines
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