Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin
hatte seine Entscheidung getroffen. Dies war seine Bewährungsprobe. Die Prüfung, die ihm das Schicksal auferlegt hatte.
Madhrab legte ihm die Hand auf die Schulter und antwortete: »Auch wenn es mir schwerfällt, ich hatte nichts anderes von dir erwartet, mein Junge. Ihr werdet bald aufbrechen müssen. Deine Begleiter sind bereits vorbereitet und unterrichtet. Die Reise über das Haus des hohen Vaters wäre ein großer Umweg. Ihr würdet zu viel Zeit verlieren. Lass dir von Sapius die Botschaft geben und du, Yilassa, Drolatol und Pruhnlok bedient euch aus den Vorräten des Lagers. Nehmt, was immer ihr braucht, und reichlich davon. Die Reise wird lang und beschwerlich werden. Drolatol soll für euch Pferde aussuchen. Er kennt sich am besten damit aus. Denkt daran, auch einige zum Wechseln mitzunehmen.«
Der Lordmaster nahm Renlasol in den Arm, drückte ihn fest an sich und sagte: »Pass auf dich auf.«
»Das werde ich«, antwortete Renlasol.
Jeder, der noch halbwegs stehen konnte, hatte in den Tagen, die seit der Schlacht vergangenen waren, nach seinen Möglichkeiten im Lager der Verwundeten mitgeholfen und sich um die Verletzten gekümmert. Selbst wenn die Hilfe nur als eine Art seelischer Beistand erbracht wurde, war sie von großem Nutzen, denn das Grauen des Krieges saß tief. Madhrab selbst hatte mit Hand angelegt, wo immer er konnte, und sogar Sapius hatte die Versorgung mit seinen magischen Kräften unterstützt. Die Heilkundigen waren allerdings rar vertreten. Außer Elischa und Nonjal gab es nur noch fünf weitere Heiler im behelfsmäßig eingerichteten Lager und zwanzig Helfer, die in der Pflege schwerer und leichter Kriegsverletzungen einigermaßen geübt waren.
Elischa hatte seit drei Tagen und Nächten keinen Schlaf mehr gefunden und hielt sich nur mit einem selbst gemischten Kräutergebräu namens Morgenruf wach. Die Erschöpfung war ihr an den rot geränderten Augen deutlich anzusehen. Als sie nur noch wankend aufstehen und sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte, legte Madhrab schützend seinen Arm um sie, stützte und führte sie zu ihrer Schlafstätte in ein nahe gelegenes Zelt. Sie musste schlafen und sich erholen. Sapius warf ihnen einen warnenden Blick zu, denn selbst hier mussten sie sich vor verräterischen Augen in Acht nehmen und durften nicht unvorsichtig werden.
Als Madhrab zurückkam, nahm ihn der Magier zur Seite. »Renlasol war bei mir und hat sich die Botschaft für Quadalkar geben lassen. Er ist ein tapferer und mutiger Junge. Ich bin Euch zu tiefem Dank verpflichtet. Wollen wir hoffen, dass es ihm gelingen wird, Quadalkar zu finden. Einige Ratschläge und Informationen erlaubte ich mir ihm noch mit auf den Weg zu geben. Das wird nützlich sein. Sie sind bereits vor einer Stunde aufgebrochen.«
»Ja, von der Abreise Renlasols wurde mir berichtet. Ihr wisst schon, welche Verantwortung Ihr damit übernommen habt. Selbst wenn mein Knappe Eure Bitte überbringen kann und Quadalkar, Eurem Wunsch Folge leistend, erneut gegen die Saijkalrae ziehen sollte, könnten Renlasol und seine Gefährten nie wieder aus dem Land der Bluttrinker zurückkehren.« Der Lordmaster war in großer Sorge um seinen Knappen und machte keinen Hehl daraus, wem er für den schlimmsten Fall die Schuld geben wollte.
Sapius ging nicht näher auf das Thema ein. Er kannte die Gefahren und hoffte, dass Quadalkar und seine Kinder die Reisegefährten verschonen würden. Ja, so ist es recht. Versucht nur, mein Gewissen zu belasten und mir die Schuld in die Stiefel zu schieben. Noch ist nichts geschehen, was ich bereuen müsste. Und wenn? Vier Leben gegen das Schicksal Krysons. Was ist das schon? Ich musste das Risiko eingehen. Ihr hättet an meiner Stelle nicht anders gehandelt, dachte Sapius, ohne sich gegenüber Madhrab etwas anmerken zu lassen, und lenkte das Gespräch stattdessen auf ein anderes Thema. »Was habt Ihr für Pläne, jetzt, wo die Schlacht geschlagen ist, Lordmaster Madhrab? Eure Aufgabe scheint erledigt. Angesichts der aussichtslosen Ausgangslage durchaus erfolgreich, auch wenn sich das bei der Anzahl an Gefallenen wie ein schlechter Witz anhört.«
Madhrab schüttelte den Kopf und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Selbst ihm waren die Anstrengungen deutlich anzusehen und zum Lachen war ihm ganz und gar nicht zumute. Er wusste, was ihn nach seiner Rückkehr erwartete. Sicher, er hätte das Heer der Überlebenden nach Tut-El-Baya führen können. Die siebzigtausend Krieger wären ihm
Weitere Kostenlose Bücher