Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin
finsterer Miene wieder hinaus auf die für jedermann gut sichtbaren Verwüstungen in der Stadt. Womit haben wir das nur verdient? Irgendetwas stimmt nicht. Irgendetwas hat es auf uns abgesehen. Es gibt eine Bedrohung, die ich zwar spüren kann, die ich jedoch nicht zu fassen vermag. Corusals Gedanken schweiften ab und nahmen Hassards weitere Worte anfangs nur unklar wahr.
»Wir haben die Rachuren vernichtend geschlagen und uns für den Tod Warrhards gerächt«, fuhr Hassard leicht irritiert durch das Verhalten des Fürsten fort. Es war nicht gerade höflich, ihm, einem Eiskrieger, den Rücken zuzudrehen. »Es gab nur wenige von uns, die den an sich vollkommen aussichtlosen Kampf gegen einen übermächtigen Gegner überlebt haben. Das ist sehr tragisch. Der Sieg musste teuer erkauft werden und unser Anführer fiel zu unser aller Entsetzen. Aber diejenigen, die am Leben geblieben sind, werden die Schlacht niemals vergessen und ihre Erinnerungen an ihre Kinder und Kindeskinder weitergeben. Mein Fürst, die Schlacht am Rayhin war eine historische und bedeutende Schlacht, die als unvergleichlich in die Schriften der Klanlande eingehen wird. Es wird viele Sonnenwenden dauern, bis die Rachuren wieder stark genug sein werden, gegen die Klan ins Feld zu ziehen, so sie es überhaupt jemals wieder wagen sollten. Sie haben den Bewahrer fürchten gelernt. Vielleicht mehr als das. Der Bewahrer hat uns Klan letztlich zum Sieg geführt. Ich habe noch nie zuvor einen Mann auf diese Weise kämpfen sehen, mein Fürst. Er kann kein Sterblicher sein. Er muss von den Kojos begnadet sein. Niemand auf Ell, und sei er noch so befähigt, könnte auch nur annähernd Vergleichbares vollbringen. Wir Eiskrieger sind furchtlose Krieger, mein Fürst. Das wisst ihr nur zu gut. Müssten wir aber gegen ihn antreten, würden einige von uns in heller Panik die Flucht ergreifen oder mit vollen Hosen in unseren letzten Kampf ziehen. Im Alleingang schlug er die Todsänger, was ich leider nicht mit eigenen Augen sehen durfte, schlitzte ihnen nach den Erzählungen der Überlebenden einfach die Kehlen auf und tötete mit Sicherheit zweitausend Rachurenkrieger oder mehr mit seinem singenden Schwert, das mehr ein kreischendes ist. Am Ende seiner Kräfte angelangt bezwang er schließlich, so unglaublich sich das für Eure Ohren aus meinem Mund anhören mag, in einem alles entscheidenden Kampf Grimmgour den Schänder und seine beiden Leibwächter. Der Lordmaster schloss den Kampf mit einer grausam anmutenden Tat ab, indem er Grimmgour verstümmelte, ihn aber für uns alle unverständlicherweise dennoch am Leben ließ. Es ist vieles geschehen, was wir nicht erklären können. Eines ist jedoch sicher: Gleichgültig, was oder wie er es getan hat. Es stünde mir nicht zu, über ihn oder seine Handlungen zu urteilen. Ohne Madhrab den Bewahrer hätten die Klan ihre letzte Schlacht geschlagen und die Klanlande wären verloren.«
»Ja, Ihr habt sicher recht.« Corusal drehte sich nicht um, während er zu Hassard sprach. »Lordmaster Madhrab scheint ein wahrhaft außergewöhnlicher Mann zu sein. Ein Mann, der es versteht, Zeichen zu setzen. Wir müssen ihm gebührenden Respekt zollen und vielleicht sollten wir ihn sogar ein wenig fürchten.«
Hassard verstand nicht, worauf der Fürst hinauswollte.
Warrhard hingegen hätte Corusal bestimmt verstanden.
»Ich verstehe nicht. Er ist einer der Unseren und Euer Freund. Ein Freund des Hauses Alchovi und der Eiskrieger. Wir schätzen ihn hoch. Er ist es, der die Gefahr bannte«, sagte Hassard. Madhrab hatte in seinen Augen die Gefahr für die Klanlande abgewendet. Die Wahl der Mittel war ihm dabei gleichgültig gewesen. Nur das Ergebnis hatte gezählt. Der Sieg gehörte eindeutig Madhrab, selbst wenn gut zwei Drittel des Heeres gefallen waren. Die Schlacht war im Grunde nicht zu gewinnen gewesen und dennoch hatten sie am Ende gegen alle Erwartungen und Widerstände gesiegt.
Corusal drehte sich um und blickte Hassard direkt in die Augen. »Ich kann es Euch nicht erklären, es ist nur ein vages Gefühl, Hassard«, antwortete der Fürst. Nachdenklich starrte er auf die Wollpantoffeln an den Füßen des Eiskriegers. Es ist irgendwie seltsam, dachte er bei sich, alles hat sich auf merkwürdige Weise verändert und nichts scheint mehr zu sein, wie es einst war. Ich sollte von den stolzen Eiskriegern nicht verlangen, diese schrecklich geblümten Pantoffel zu tragen. Das wirkt grotesk, geradezu lächerlich und ist ihrer keineswegs
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