Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin
zunächst zögerlich und winkte dem Lordmaster dann, ihm zu folgen. »Selbstverständlich, Lordmaster, Bewahrer ... sofort, folgt mir schnell!« Er kannte seinen Herren nach all den Sonnenwenden, die er ihm nun schon gedient hatte, gut und ahnte, dass er gerade in diesem Augenblick außer sich sein musste. Die furchtbare Nachricht hatte ihn völlig unerwartet getroffen. Ein guter Freund seines Herrn lag im Sterben. Renlasol hoffte nur, dass es nicht allzu zu schrecklich werden würde. Jedenfalls beneidete er den Heiler Nonjal nicht um die bevorstehende Auseinandersetzung mit dem Lordmaster. Gleichzeitig hegte er auch eine gewisse Hoffnung darauf, dass Brairac gerettet werden möge. Brairac war ein guter und ehrlicher Sonnenreiter. Er war immer nett und höflich zu ihm gewesen und hatte dem Jungen viel beigebracht.
Das war keine Selbstverständlichkeit, wie Renlasol aus eigener Erfahrung wusste, denn er war von niederer Abstammung, erst spät zu den Sonnenreitern gekommen und hatte es nicht leicht gehabt in seinen Anfangszeiten.
Renlasol stammte aus dem kleinen, beschaulichen Dorf Tayhg-Ralas am Rande des großen Ostmeeres. Es war ein malerischer Ort. Niedrige, strohgedeckte Häuser reichten bis zu den lang gezogenen Stranddünen im Osten des Dorfes und waren umzäunt von schier endlosen Flachsfeldern. Zur Blütezeit war die Landschaft um das Dorf in ein hellblaues bis zart violettes Flachsblütenmeer eingebettet, so weit das Auge reichte.
Tayhg-Ralas lag nur zwei Tagesritte nördlich der Klanhauptstadt Tut-El-Baya und war für sein gemäßigtes und gesundes Meeresklima bekannt. Es gab zwar einige wenige Fischer in seinem Heimatdorf, aber die meisten hier ansässigen Klan verdienten sich ihren Lebensunterhalt mit dem Anbau von Flachs und der Herstellung von Leinenstoffen. Die Bedingungen zur Flachsherstellung in Tayhg-Ralas waren ideal. Das Klima und genügend Luftfeuchtigkeit ließen die Nutzpflanzen prächtig gedeihen. Und auch der Verkauf war gut, die Ware gefragt, denn die Märkte in den Städten verlangten zunehmend mehr Leinen für allerlei Stoffe, Kleidung und Segeltuch und mit jeder Sonnenwende stieg der Bedarf noch weiter an.
Tayhg-Ralas und seine Einwohner waren bekannt geworden und hatten sich ihren Ruf für die hohe Güte ihrer Waren redlich verdient. Die Herstellung kam irgendwann nicht mehr ohne Weiteres den vermehrten Bedürfnissen nach. Dafür wurden zeitweise sehr hohe Preise für das Handelsgut bezahlt, denn Leinen war begehrt.
Renlasols Familie war weniger vom Glück gesegnet und hatte in zwei aufeinanderfolgenden Sonnenwenden durch schwere und andauernde Stürme ihr ganzes Hab und Gut verloren. Ihre Ernte war vernichtet worden, die Felder verwüstet. Es war wie ein Fluch, der die Familie unerwartet getroffen hatte. Sie konnten ihre Pacht nicht mehr bezahlen und wussten, dass dies nur so lange gut gehen würde, so lange die zuständigen Anunzeneintreiber den Pachtzins noch nicht eingefordert hatten.
Fortan mussten sie ihren Lebensunterhalt durch Hilfsarbeiten und sogar durch Betteln verdienen. Das war hart für Renlasol, denn die Flachsherstellung brachte den Flachsbauern regelmäßig ein gutes Einkommen. Warum ausgerechnet seine Familie alles verloren hatte und andere Flachsbauern gar nichts, blieb ihm ein Rätsel. Das Leben war nun mal einfach nicht gerecht. Dabei war sein Vater ein herzensguter Mensch, der vielen Nachbarn, Freunden und Bekannten immer wieder gerne geholfen hatte.
Eines Tages hatte das Dorf Besuch von vier Sonnenreitern unter der Führung eines gewissen Master Chromlion erhalten. Sie waren wie zu jeder Sonnenwende auf der Suche nach Kindern im Alter von zehn Sonnenwenden mit der besonderen Eignung zum Bewahrer, um sie zu rekrutieren. Die meisten Kinder waren tief beeindruckt von den prächtig gerüsteten und gepanzerten Pferden und den großen, eleganten Sonnenreitern mit ihren langen weißen Umhängen, die im ganzen Land bewundert wurden. Weit mehr noch: Die meisten Einwohner von Tayhg-Ralas waren hellauf begeistert, denn ein Besuch der Sonnenreiter roch nach vielen Anunzen und einem fortan finanziell sorglosen Leben. Andere wiederum blickten recht finster drein. Ehre hin oder her, den Kindern stand eine sehr harte und lange Ausbildungszeit bevor. Sie mussten ihre Lieben für immer hergeben und wurden von ihren Familien getrennt.
Chromlion hatte es ganz besonders auf ein fröhliches Mädchen mit grünen Augen und langen dunklen Haaren abgesehen, das es meist in Form eines
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