Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin
Der Lordmaster schien wie durch ein Wunder kein einziges Mal zu schlittern oder den Halt zu verlieren. Er hielt den schnellen Gang des Jungen trotz der schweren Rüstung ohne jede Mühe mit. Als Renlasol erneut, dieses Mal mit beiden Beinen gleichzeitig nach hinten wegrutschte, griffen ihm zwei kräftige Arme unter die Schultern und zogen ihn heftig nach oben, sodass seine Füße fast einen Meter hoch in der Luft baumelten.
»Junge, wir müssen als Erstes deine Standfestigkeit üben und verbessern. Wie kann ich es jemals wagen, dich auf das Schlachtfeld mitzunehmen, wenn du dauernd auf die Nase fällst und zielsicher in jede verdammte Pfütze trittst – oder soll ich dich vielleicht tragen?«
Der Knappe schämte sich ob seines ungeschickten Fortkommens und errötete noch im selben Moment, als er die Stimme des Lordmasters in seinen Ohren hörte. Madhrab ließ ihn sogleich wieder runter und sie setzten ihren Weg fort. Das leichte Schmunzeln um die Lippen des Lordmasters war ihm entgangen. Renlasol gab sich redlich Mühe und achtete von nun an besonders auf jeden seiner Schritte. Mit dem Lordmaster im Rücken, dem peitschenden Regen im Gesicht und den eilenden Schritten geriet er trotz des starken Windes schnell ins Schwitzen. Er fühlte sich gehetzt und sehnte sich nach einem heißen Bad und seinem warmen Lagerplatz gleich neben dem Zelt des Lordmasters. Nach einer Weile im Laufschritt an Zelten und geschützten Grubenfeuern vorbei, die er nur am Rande wahrnahm, geriet der Knappe außer Atem und musste für einen Augenblick innehalten.
»Komm, Renli, nimm dich zusammen, wir haben es eilig und es kann nicht mehr weit sein«, versuchte ihn Madhrab zu trösten.
Renlasol mochte es überhaupt nicht, wenn der Lordmaster ihn »Renli« nannte, auch wenn er es vielleicht gut meinte. Es klang einerseits irgendwie väterlich fürsorglich, andererseits aber mitleidensvoll. Er kam sich wie ein kleiner Junge vor. Aber vielleicht war er das auch noch, so wie er sich in den Augen des Bewahrers wahrscheinlich anstellte. Ein Knabe, der noch nicht einmal richtig laufen konnte. Was sollte dieser Mann nur von ihm denken! Renlasol richtete sich wieder auf: »Nein, Ihr habt recht ... wir sind gleich am Zelt von Brairac.«
Nach zwei weiteren, gerade noch abgefangenen Sturzversuchen hatten sie das gesuchte Zelt endlich erreicht.
»Wenn es Euch nichts ausmacht, Bewahrer, dann warte ich lieber hier draußen auf Euch«, quetschte Renlasol mit flachem Atem hervor.
»Nichts da«, herrschte ihn Madhrab ungehalten an, »du kommst mit und hilfst mir. Außerdem müssen wir dich endlich abhärten.« Der Lordmaster duldete keinen Widerspruch.
Renlasol seufzte und folgte seinem Herrn durch die Zeltöffnung.
Im Zelt war es dunkel. Madhrab und sein Knappe brauchten einen Moment, um ihre Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen. Die Luft war schwer und stickig. Es stank fürchterlich. Renlasol war nicht in der Lage, den sich vermischenden Gestank aus Blut, Eiter, Schweiß, Erbrochenem, fauligem Fleisch und diversen schweren Kräuterdämpfen und Räucherwerk in einzelne Teile zu trennen. Er nahm nur einen einzigen Atemzug auf und ihm wurde furchtbar übel.
Madhrab schien sein Unbehagen sofort zu bemerken. »Lass es raus, Renli, das macht nun auch nichts mehr. Die Luft ist ohnehin verpestet und danach geht es dir gleich besser.«
Schon wieder hatte er ihn im Moment einer Schwäche so genannt. Renlasol war peinlich berührt. Die Stimme des Lordmasters klang belegt, aber der Gestank schien ihm nichts weiter auszumachen. Der Knappe war noch einen Moment in Gedanken versunken – wie hätte es anders sein können – und übergab sich heftig im Zelt. Er wischte sich gerade den Mund an seinem wollenen Ärmel ab, als er den Lordmaster lautstark nach dem Heiler rufen hörte.
»Wo seid Ihr, elender Kräuterknecht? Macht Licht, damit ich Euch und meinen kranken Freund sehen kann!«
In einer anderen Zeltecke wurde plötzlich eine Fackel entzündet, hinter der sich die erschreckten Züge des Heilers Nonjal zeigten. Als ob er schon darauf gewartet hatte, schluchzte Nonjal mit heller und zitternder Stimme: »Ich habe alles getan, was in meiner Macht stand ... Bewahrer ... Lordmaster ... Euer Gnaden ... Herr, Ihr müsst mir einfach glauben, aber das Fieber wurde immer stärker und Brairac immer schwächer. Er stirbt, Herr.«
Madhrab unterbrach den Heiler jäh. »Nennt mich nicht Euer Gnaden, in meinen Adern fließt kein adliges Blut. Habt Ihr deshalb das Licht
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