Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin
goldenen Brosche in Form zweier Sonnen zusammengehalten. Durchnässt vom Regen wirkte das schmucke Kleidungsstück schwer und sah bei diesen Lichtverhältnissen gelblich statt wie ansonsten schneeweiß aus.
Madhrab hatte den dunkelrot schimmernden Gesichtshelm abgenommen und unter seinen rechten Arm geklemmt. Auf seinen Rücken war ein ungeheuer langes und breites Zweihänderschwert geschnallt, von dem manche behaupteten, der Bewahrer sei der Einzige, der es mit nur einer Hand führen konnte. Renlasol hatte noch keine Gelegenheit gehabt, diese Geschichte mit eigenen Augen zu überprüfen. Der Knappe hatte seinen Herren vor einiger Zeit darauf angesprochen, zur Antwort hatte ihm Madhrab das Blutklingenschwert Solatar wortlos gereicht. Renlasol konnte es lediglich mit beiden Händen und auch nur mit enormer Kraftanstrengung für sehr kurze Zeit ein Stück über dem Boden halten, bis er es erschöpft und entmutigt zurücklegen musste. Es war für ihn kaum vorstellbar, dass ein Mann dieses Schwert überhaupt schwingen konnte, geschweige denn auch noch einhändig, wie es der Lordmaster nach den Erzählungen der Kameraden tat, denen er nur zu gerne Glauben schenken wollte.
Der Lordmaster ließ sich den Regen über den kahl rasierten, mit rituellen Tätowierungen verzierten Schädel laufen und legte den Kopf in den Nacken, um einige Tropfen des kühlen Nasses mit dem Mund aufzufangen. »Ich könnte mich auch gleich in eine Kriegstrommel setzen, wenn ich den Helm bei starkem Regen tragen würde. Ich muss alle meine Sinne bei mir haben und den Gegner hören«, hatte der Lordmaster einmal zu Renlasol bemerkt, als dieser ihn zum Tragen des Helms auf einem verregneten Schlachtfeld anhalten wollte.
»Ich ...«, Renlasol war völlig außer Atem und schnappte kurz hintereinander mehrmals heftig nach Luft.
Madhrab legte ihm eine Hand auf die Schulter. Seine schweren, mit schwarzem Stahl beschlagenen Lederhandschuhe waren aus dunkelrotem, gehärtetem Sagarleder gefertigt. »Ganz ruhig, mein Junge, beruhige Dich erst mal. Tief Luft holen und dann fängst Du noch mal von vorne an«, sprach der Lordmaster auf ihn ein.
Renlasol blickte schüchtern zuerst auf die schwere Hand auf seiner Schulter und dann nach oben, geradewegs in die strengen stahlblauen Augen seines Herrn. »Lordmaster, ich habe sehr schlechte Nachrichten.«
Eine kurze und schnappende Atempause trat ein, in welcher der Lordmaster ihn mit neugierigem und angespanntem Gesichtsausdruck intensiv musterte.
»Ihr wisst doch, dass Kaptan Brairac bei einem der letzten Grenzgefechte leicht am Bein verwundet wurde«, sagte Renlasol schließlich.
Madhrab blickte den Knappen ob der Nachricht über seinen Freund und Kameraden weiterhin scharf an, sagte aber nichts, bis der Junge mit seiner Nachricht hastig fortfuhr.
»Nun, der Heiler Nonjal schickt mich aus Brairacs Zelt zu Euch. Dort hat er das Krankenlager für den Kaptan eingerichtet und ihn betreut, seit sich die Verletzung verschlimmert hat.« Erneut holte Renlasol tief Luft. »Zwei Tage sind es nun schon. Anfangs sah es ganz harmlos aus. Nonjal hat sich zwei Tage und Nächte um Brairac und seine Wunde gekümmert. Er sagt, Brairac liege im Sterben, er könne nichts mehr für ihn tun.« Renlasol senkte den Blick beschämt zu Boden.
Madhrab nahm die gepanzerte Hand von der Schulter seines Knappen und blickte ihn ungläubig an. »Was sagst du da?«, fragte der Lordmaster.
Der Junge blickte erschrocken zu seinem Herrn auf, erkannte leichtes Entsetzen und einen Anflug von Zorn in den Augen des Lordmasters. Er schluckte schwer und setzte erneut verunsichert mit seiner Nachricht an. »Er stirbt, Lordmaster. Kaptan Brairac wird sterben.« Für einen Moment dachte Renlasol, der Lordmaster wolle ihn für die furchtbare Nachricht schlagen, und duckte sich vorsichtig. Ein merkwürdiger Gedanke, denn Madhrab hatte das noch nie getan und würde wohl auch in Zukunft nicht die Hand gegen ihn erheben.
Der Lordmaster drehte sich nur für einen Moment zu seinen nunmehr etwas entfernt stehenden Kameraden um und sagte in ruhigem, aber bestimmtem Tonfall: »Fahrt ihr mit den Vorbereitungen und der Auswertung der Späherberichte wie besprochen fort, ich erwarte zur Abenddämmerung einen vollständigen Lagebericht in meinem Zelt. Ich werde jetzt im Krankenlager gebraucht.« Damit wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Jungen zu. »Bring mich sofort zu ihm. Dieser Quacksalber Nonjal soll mich kennenlernen«, befahl er.
Renlasol nickte
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