Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin
wieder beruhigt hatten, fuhr Madhrab fort: »Ich hoffe, du beherzigst all die lieben Ratschläge deiner erfahrenen Kameraden. Aber denke daran, du bist ihnen neuerdings gleichgestellt. Ich habe dich zum Kaptan berufen und viele fähige Kämpfer unter deine Führung befohlen. Ihr Leben habe ich dir anvertraut. Nicht, dass du meine Geduld auf die Probe stellst. Ich könnte mir sonst überlegen, dich in der Schlacht gegen die Rachuren in die vorderste Reihe zu stellen«, sagte Madhrab und zwinkerte ihr verschmitzt zu.
»Das, mein Bewahrer, wäre eine große Ehre für mich. Ihr solltet mich lieber nicht mit solchen Versprechungen zur fortgesetzten Ungezogenheit anhalten!«, tadelte sie den Lordmaster und neigte ihren Kopf leicht, um ihn schräg von der Seite anzusehen. Sie wusste sehr wohl, dass der Lordmaster stets selbst in der vordersten Reihe ritt – das ließ er sich entgegen allen Ratschlägen nicht nehmen –, und seine Worte hätten einen Platz gleich an seiner Seite bedeutet. Dies stellte in der Tat eine große Ehre für jeden aufrichtigen Mitstreiter dar.
»Das habe ich mir beinahe gedacht«, sagte Madhrab, nicht ohne eine gewisse Bewunderung für den Mut und die Aufrichtigkeit Yilassas zu hegen. »Und ich habe heute bereits ganz andere Reaktionen auf diesen Vorschlag erhalten«, ergänzte der Lordmaster deprimiert.
Renlasol blickte verschämt auf den Boden, denn er fühlte sich in gewisser Weise schuldig für die Misere und das Missgeschick des Heilers Nonjal. Nur zu gut konnte er sich an die Ereignisse des Vormittags erinnern. Nonjal war kein schlechter Klan und auch kein schlechter Heiler. Er hatte bestimmt sein Bestes gegeben und einfach nur Pech, die Verwundung Brairacs unterschätzt zu haben.
»Du wirst deine Chance bekommen, so viel kann ich dir versprechen. Ich werde deine Hilfe brauchen, denn wir haben eine sehr schwierige Situation zu meistern, wie ich den Berichten unserer Kundschafter entnehmen konnte«, schloss der Lordmaster.
Zyagral nickte zustimmend. Yilassa machte einen neugierigen Eindruck, rückte ihren Umhang zurecht und blickte erwartungsvoll in die Runde.
»Es wurden Todsänger unter den Rachuren gesichtet«, stellte Madhrab lapidar fest.
Yilassa erschrak, als sie den Begriff Todsänger hörte. Sie wusste, welche Gefahr von den seltsamen Wiedergängern ausging. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt begann sie im Zelt auf und ab zu schreiten. Ihr Lächeln und die gute Laune waren augenblicklich verschwunden und ihr Tonfall klang angespannt ernst: »Das ist schlimm. Sehr schlimm. Wenn Ihr mir die Bemerkung erlaubt, Lordmaster, dann ist die Umschreibung einer sehr schwierigen Situation in diesem Zusammenhang noch maßlos untertrieben. Die Todsänger könnten einen verheerenden Schaden unter unseren Freunden anrichten, ja sogar die Schlacht jederzeit zugunsten der Rachuren wenden. Ihr wisst, dass ihr Gesang weit gefährlicher sein kann als die meisten anderen uns bekannten Waffen.«
»Ich habe das auch gehört. Ja, sie könnten wohl eine Schlacht zu ihren Gunsten wenden, selbst gegen eine deutliche Übermacht. Wohlgemerkt, eine Schlacht, nicht die Schlacht gegen uns, nicht die Schlacht gegen Bewahrer«, antwortete Madhrab. »Wir werden den Einsatz der Todsänger gemeinsam verhindern. Unser vornehmstes Ziel wird die rasche und vollständige Ausschaltung aller Todsänger sein. Ich denke, darüber sind wir uns alle einig.« Seine Augen zeigten Entschlossenheit. Vielleicht sogar mehr als das: festen Glauben und Überzeugung. Alle Anwesenden drückten ihre Zustimmung aus. Es gab keinen Zweifel an den Worten eines Bewahrers. Die Todsänger mussten ausgeschaltet und schnellstmöglich schadlos gemacht werden, bevor die Wirkung ihres Gesanges vollständig zur Geltung kommen konnte.
Einen Herzschlag später drang ungewohnter Lärm an Renlasols, Gwantharabs, Madhrabs, Zyagrals und Yilassas Ohren. Laute Entsetzensschreie, Fußgetrampel und das Klirren von Waffen waren aus dem Lager zu vernehmen. Madhrab zögerte keinen Moment lang, ging zu seinem Rüstungsständer und ergriff mit fester Schwerthand Solatar. »Gwantharab, Ihr lauft zu den Schlafzelten und gebt Alarm! Kontrolliert die Wachen! Rasch!«, rief er dem Kaptan zu.
Dieser rannte sofort hinaus in die Nacht. Madhrab wies die anderen mit einer Handbewegung an, das Zelt zu verlassen und Gwantharab zu folgen, und war bereits im Begriff, dasselbe zu tun.
Hastig eilten sie dem Lordmaster hinterher. Vor dem Zelt war der Lärm noch
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