Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin
vor, sich so sehr über seine Rückkehr zu freuen und aus diesem Anlass seine Lieblingsspeisen zubereitet zu haben, und überlisteten ihren Ziehvater, indem sie ihm ein Nervengift ins Essen mischten, das seinen Körper lähmte und seinen Geist wach hielt, den dessen wollten sie habhaft werden.
Schon einige Tage vor seiner Ankunft hatten sie ein fürchterliches Ritual vorbereitet, das Ulljans Schicksal endgültig besiegeln sollte. Sie folterten ihn mit heißem Eisen, damit er ihnen das Buch aushändigte, doch Ulljan weigerte sich standhaft und verriet ihnen auch nicht, wo er es hingebracht hatte. Sie übergossen ihn mit siedendem Öl, füllten ihm mit einem Trichter heißes Erz in den Körper, schnitten sein Herz heraus und verzehrten es. Ulljans Geist wehrte sich verzweifelt, doch es war sinnlos und so gab er schließlich auf. Die Brüder traten seine Nachfolge früher und anders an, als er sich das erhofft hatte. Sie öffneten seine Schädeldecke, entnahmen sein Gehirn und aßen auch dieses. Den restlichen Körper verbrannten sie, bis nichts mehr als ein kleiner Haufen Asche davon übrig war. Die Asche zerstreuten sie in alle Winde.
Die schreckliche Tat veränderte die Brüder. Statt zu triumphieren, stellten sie ernüchtert fest, dass sie nichts erreicht hatten. Sie gaben sich gegenseitig die Schuld und trennten sich im Zwist. Das Ritual hatte nicht gewirkt. Es hatte nur verhindert, dass Ulljan in das Land der Tränen gehen konnte, und dafür gesorgt, dass er stattdessen im Nichts verschwunden war. Ulljan war zwar ausgelöscht, aber die Macht der Brüder hatte sich nicht erweitert. Sein Wissen war ebenfalls nicht auf sie übergegangen, was sie schnell bemerkten und wehklagend beweinten. Das innig begehrte Buch war ihnen abhanden gekommen. Ab diesem Zeitpunkt waren sie auf sich alleine gestellt. Sie scharten Anhänger um sich, die ihnen dienen und für sie kämpfen sollten. Saijkal nannte sich »der weiße Schäfer« und Saijrae »der dunkle Hirte«. Der Krieg der beiden Brüder begann.
Der glutäugige Haisan war der erste Diener, den der weiße Schäfer für seine Sache und als Leibwächter für sich gewinnen konnte. Der dunkle Hirte hingegen erwählte Hofna, den grimmigen Riesen mit den gelben Schlangenaugen, zu seinem vornehmsten Diener. Weitere Diener kamen im Laufe der Sonnenwenden hinzu. Starke Diener wie Quadalkar, der sich später gegen seinen Herren auflehnen und das Land verwüsten sollte. Die Saijkalsanhexe Rajuru, deren Aufgabe es war, das natürliche Potenzial der Rachuren zu ergründen und eine neue Rasse von aggressiven Mischwesen, die Chimären, zu schaffen. Andere Diener, deren Namen bereits wieder in Vergessenheit geraten sind, oder jene, die während der großen Inquisition ihr Leben lassen mussten. Natürlich gehörte auch Sapius zu jenen, die Saijkal und Saijrae bedingungslos dienten. Die Brüder kämpften mit ihrem jeweiligen Gefolge lange und erbittert gegeneinander. So lange, bis sie eines Tages feststellten, dass ein erst errungener Vorteil des einen nur wenig später wieder zu seinem Nachteil werden konnte und überdies jedes Mal auf seltsame Weise ausgeglichen wurde. Das Gleichgewicht zwischen den Kräften trieb ein grausames Spiel mit den Brüdern. Die Völker litten bittere Not unter ihren heftigen Auseinandersetzungen. Krankheiten, Hungersnöte und Schlachten brachten Leid über alle Grenzen des Kontinents hinweg zu allen Völkern und rafften beinahe die Hälfte der Bevölkerung Ells dahin. Die Brüder trafen sich schließlich nach einer verheerenden Schlacht auf dem Schlachtfeld. Zwischen Tausenden von Gefallenen sahen sie sich in die Augen, reichten sich die Hand und verstanden, dass sie nur gemeinsam herrschen konnten, gerade so wie Ulljan es für sie vorgesehen hatte.
Der dunkle Hirte und der weiße Schäfer schlossen sich wieder zusammen. Sie waren eins und die Zeit ihrer Schreckensherrschaft über den gebeutelten Kontinent konnte beginnen. Ihre erste gemeinsame Tat war die Gründung des Ordens der Saijkalrae. Ihre Jünger nannten sich Saijkalsan, wenn sie die ihnen auferlegte Prüfung bestanden hatten. Erstes Ziel der Saijkalrae war es, Ulljans Andenken endgültig zu zerstören und jede Erinnerung an ihn für künftige Generationen auszulöschen. Zu diesem Zweck sandten sie ihre Häscher aus, die jeden töten sollten, der den Namen Ulljan auch nur erwähnte oder gar dachte. Freie Magier, die sich weigerten, sich ihnen anzuschließen, wurden ebenfalls getötet. Schriften wurden
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