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Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub

Titel: Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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blieben Klan, so schlecht es das Schicksal auch mit ihnen gemeint haben mochte. Mitleid mit den Klan war für einen Naiki gewiss nicht schicklich und konnte sehr gefährlich sein. Vielleicht sollte er mit der Gruppe von Frauen weiterziehen und einfach ein anderes Dorf aufsuchen? Aber dafür musste er Faraghad verlassen und ihm unbekanntes Terrain betreten. Dies war riskant. Wenn er entdeckt und als Naiki erkannt wurde, wäre nicht nur sein Leben in Gefahr. Das Schicksal seines Volkes, das über all die Sonnenwenden nur im Geheimen überlebt hatte, stünde auf dem Spiel.
    Die sich ihm bietenden Alternativen waren allesamt wenig erbaulich. Entweder er zog weiter und suchte einen einigermaßen sicheren Ort, in welchem die Seuche noch nicht tobte, oder er ging in den Wald zurück und überließ die Frauen dort ihrem weiteren Schicksal. Letzteres erschien ihm ebenfalls untragbar, weil er die Frauen dann gleich an Ort und Stelle hätte lassen können. Welchen Unterschied machte es schon, ob sie von der Seuche dahingerafft oder von einem hungrigen Rudel Baumwölfe oder anderen Räubern gefressen wurden? Wie sollten sie überhaupt längere Zeit im Wald überleben?
    Setzte er sich einfach über den Willen und die Weisungen des inneren Rates hinweg und führte die Klanfrauen entgegen jeder Vernunft und Vorsicht doch zur Siedlung der Naiki, drohte ihm eine schwere Bestrafung, die bis zum Ausschluss aus dem Rat oder gar zur Verbannung aus der Siedlung reichen konnte. Somit war das Leben der Frauen in der Siedlung nicht sicher. Der innere Rat musste in diesem Fall über ihr weiteres Schicksal entscheiden und dies konnte ebenso gut ihren Tod bedeuten.
    Ikarijo sah sich die Gesichter der Frauen an. Eines nach dem anderen, lang und ausgiebig. Er blickte in ängstliche und von Gram gezeichnete Augen, die ihm dennoch Vertrauen schenkten. Sie hatten schwer gelitten, starrten vor Dreck und sahen heruntergekommen aus. Die Strapazen der vergangenen Wochen und Monde hatten sie mitgenommen. Manche der ohne Zweifel ehemals durchaus hübschen Gesichter wirkten verhärmt, andere eher ausgemergelt und einige wenige völlig abwesend. Doch in allen schimmerte klar erkennbar ein winzig kleiner Funke Hoffnung. Dieser Funke hielt die Frauen offenbar am Leben und ließ sie durchhalten. Dieser Funke hieß eindeutig Ikarijo. Je länger er in die Gesichter sah, desto mehr packten ihn die Verzweiflung und der Gedanke, dass er die Klanfrauen nicht im Stich lassen konnte. Sie taten ihm tatsächlich leid.
    Ikarijo fasste deshalb einen gewagten Entschluss. Er wollte die Frauen zur Siedlung der Naiki führen und im inneren Rat zu ihren und seinen Gunsten vorsprechen.
    Aus den Baumwipfeln herab beobachtete Baijosto gebannt den Weg des einzelnen Reiters, der sich tief über den Hals seines Pferdes gebeugt hatte und sich verkrampft an dessen Mähne festhielt. Er war offensichtlich in Eile und schien vor etwas zu fliehen. Wahrscheinlich vor den beiden Kreaturen, die Baijosto bereits zuvor in einiger Entfernung hinter ihm erspäht hatte. Baijosto nahm an, dass sie hinter dem Reiter her waren, auch wenn sie sich ihres Weges nicht sicher schienen und den einen oder anderen Umweg eingeschlugen, der dem Reiter einen weiteren Vorsprung verschaffte. Offensichtlich hatten sie große Schwierigkeiten, der Spur des fliehenden Reiters zu folgen, und drohten ihn bald ganz zu verlieren. Der Abstand zwischen ihm und seinen Verfolgern war jedenfalls deutlich größer geworden, seit Baijosto Jäger und Gejagten zuletzt gesehen hatte.
    Das Rudel wartete ungeduldig auf ein Zeichen des Krolak, das er zu geben nicht bereit war. Noch nicht. Es war schwer, die hungrigen Raubtiere zu befehligen und im Zaum zu halten. Er musste sich etwas einfallen lassen. Vielleicht konnte er sie durch eine Herde Waldschweine ablenken, wenn er tatsächlich das Glück haben sollte, auf eine solche zu treffen. Aus seiner Erfahrung als Jäger wusste er, wo sich Waldschweine gerne aufhielten. Dafür hätte er allerdings die Beobachtung des Reiters aufgeben müssen.
    Er selbst hatte Mühe, den Willen des Krolak in sich zu unterdrücken. Es kostete ihn viel Kraft und Anstrengung, die ihn mit zunehmender Dauer ermüdeten. Der verlockende Schweißgeruch des Pferdes stieg ihm in die Nase und weckte einen nie zuvor gekannten Blutdurst und Hunger nach frischem Fleisch. Das gleichmäßige Schnauben und Prusten des Tieres lullte ihn ein. Sein Geist wurde eins mit dem fließenden Galopp, der Rhythmus des Herzschlages

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