Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
wurde sein eigener und ließ ihn den unbändigen Hunger mit jedem Schlag wie Messerstiche in seinem rebellierenden, knurrenden Magen spüren, bis ihm der Speichel im Mund zusammenfloss. Baijosto schüttelte sich heftig. Er musste den Gedanken loswerden und sich zusammennehmen.
Keinesfalls durfte er zulassen, dass ihn das Gefühl vollständig überwältigte . Bleib stark, du bist nicht auf diese Art von Nahrung angewiesen. Iss, was immer und so viel du willst, sobald du wieder Naiki bist, sagte er sich immer wieder in Gedanken. Baijosto musste unbedingt bei klarem Verstand bleiben und durfte sich nicht der Bestie hingeben. Der Krolak hätte gewonnen, wenn er dem Hunger nach frischem Fleisch nachgäbe. Doch das war leichter gesagt als getan. Das Rudel drängte ihn zu handeln, es hatte seit längerer Zeit nicht mehr gefressen und war ausgehungert.
Zu allem Überfluss hatte der Reiter zuletzt eine Richtung eingeschlagen, die direkt zur Siedlung der Naiki führte, wenn er sie zuvor nicht noch einmal wechseln sollte. Baijosto musste bald etwas unternehmen, wenn er den einzelnen Reiter noch aufhalten wollte. Bei dieser verdammten Befreiung geht doch alles schief, was nur schiefgehen kann. Etwas mehr Glück hätte wirklich nicht geschadet, dachte er deprimiert.
Er sah nur die Möglichkeit, sich dem Reiter unmittelbar in den Weg zu stellen, diesen gehörig zu erschrecken und ihn dadurch auf einen anderen Pfad, weg von der Siedlung, zu schicken.
Mit den Armen hangelte er sich an den Ästen hinab, stürzte sich mit einem gewagten Sprung in die Tiefe und landete in wenigen Fuß Entfernung vor dem herangaloppierenden Pferd.
»Was zum …«, schrie der Reiter aufgeregt und wedelte mit seinem Stab, während der Krolak bedrohlich brüllte und sich schnell zu seiner ganzen Größe aufrichtete.
Das Pferd hielt abrupt an, scheute laut wiehernd, stellte sich auf die Hinterhufe und warf den Reiter in hohem Bogen ab, bevor es sich in wilder Panik zur Flucht aufmachte. Baijosto wusste, dass das Pferd nicht weit kommen würde. Die in den Bäumen nur auf eine günstige Gelegenheit lauernden Baumwölfe waren schon zum entscheidenden Sprung bereit und warteten ungeduldig auf sein Zeichen. Sie würden das Reittier im Nu in Stücke reißen. Es hatte keinen Sinn, länger zu warten und das Rudel wütend zu machen.
Mit einem Grollen aus seiner Kehle gab Baijosto das Opfer für das Rudel frei. Heulend stellten die Baumwölfe das Pferd, das sich gegen die Angriffe heftig zur Wehr setzte, am Ende jedoch schnell erlegt war.
Der Reiter war hart auf dem Rücken vor den Füßen des Krolak gelandet. Der Aufprall hatte ihm mit einem zischenden Pfeifen die Luft aus den Lungen gepresst. Baijosto beugte sich neugierig schnuppernd über den gefallenen Reiter. Ein Kribbeln packte ihn und zog elektrisierend durch seinen Körper. Wie leicht wäre es in diesem Augenblick gewesen, dem bewusstlosen Mann die Kehle herauszureißen, das aus der Halsschlagader kräftig pulsierende Blut aufzulecken und so die Gier nach warmem Blut zu stillen. Baijosto gab dem Trieb nicht nach. Stattdessen biss er sich auf die Zunge und trat einige Schritte zurück, um den am Waldboden Liegenden eingehend zu betrachten. Der Mann wirkte seltsam entstellt. Seine Gesichtszüge waren verzerrt, was auf den schief hängenden Kiefer zurückzuführen war, außerdem zogen sich große Narben quer über sein Gesicht. Er hatte einen Buckel. Anscheinend hatte er viel Leid ertragen müssen und in der Vergangenheit harte Kämpfe ausgefochten. Baijosto graute bei dem Gedanken, wie die Gegner dieses Mannes wohl aussehen mochten. Das Bild eines Kämpfers passte jedoch nicht zu der ansonsten eher mageren bis schmächtigen Statur des Reiters. Baijosto tat sich schwer, ihn wegen des verwüsteten Eindrucks richtig einzuordnen. Er sieht bei näherer Betrachtung eigentlich aus wie ein Tartyk, dachte er. Was will er hier und wovor läuft er bloß weg? Das Kribbeln brachte sein Blut in Wallung. Je länger er den Reiter betrachtete, desto stärker wurde es . Eine Aura der Macht umgibt ihn. Vielleicht ist er ein Saijkalsan?, überlegte der Gestaltwandler und verwarf den Gedanken gleich wieder. Nein … dafür ist die Wahrnehmung der Macht zu groß. Er muss viel stärker sein.
Der Reiter erwachte aus seiner Bewusstlosigkeit und setzte sich benommen auf. Seine Augen weiteten sich vor Schreck, als er den Krolak erblickte.
»Bleib mir vom Leib, blutdürstende Bestie«, schrie er mit belegter Stimme und
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