Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
deren Augen erblindet waren, hing zwischen den Bäumen frei in der Luft.
Baijosto verhielt sich ruhig. Er wusste, dass Metaha gekommen war, um ihnen gegen die Leibwächter des dunklen Hirten beizustehen.
»Wer bist du, altes Weib, dass du mir Befehle erteilen willst?«, antwortete Hofna erbost. »Die Bestie hat uns angegriffen. Wir ziehen ihr nur noch kurz das Fell ab, dann verlassen wir diesen verfluchten Wald auf schnellstem Wege. Kein Grund, sich aufzuregen.«
Haisan hatte sich mittlerweile erhoben und stellte sich schwankend neben Hofna.
»Ich bin der Albtraum des dunklen Hirten«, rief Metaha, »Hexe und Wächterin der Lesvaraq. Ich bin die, vor der selbst Ihr Euch fürchten solltet.«
Die blinden Augen der Naiki-Hexe schimmerten plötzlich grün. Ihre Haare standen in alle Richtungen ab, während sie den Stab des Lesvaraq auf die Saijkalsan gerichtet hielt. Ihr Gewand flatterte leicht im Wind.
»Genya Mo«, rief sie.
Kaum waren die Worte verhallt, kam Bewegung in den Wald. Ein heftiger Windstoß fegte durch die Bäume. Selbst die dicksten Stämme erzitterten und bogen sich gefährlich. Äste brachen und die Blätter in den Baumwipfeln rauschten in dem tosenden Sturm. Baijosto stemmte die Füße in den Waldboden und stellte sich schräg zum Wind, um nicht den Halt zu verlieren. Hofna ließ den Krolak frei, um sich selbst vor der plötzlich auftretenden Naturgewalt zu retten.
Die Leibwächter der Saijkalrae wurden prompt von den Füßen gerissen und klammerten sich verzweifelt an den nächststehenden Baumstämmen fest. Aus dem Boden brachen Wurzeln hervor, die sich, Tentakeln gleich, suchend und ächzend in die Höhe aufrichteten. Als könnten sie mit ihren Enden sehen, fanden sie zielsicher ihre Opfer. Mit dem Mut der Verzweiflung riss Hofna sein Jagdmesser in die Höhe und hackte auf die sich ihm unaufhaltsam nähernden Wurzeln ein. Es waren zu viele, um sie alle abzuwehren.
Haisan verteidigte sich mit Flammenblicken und wehrte die ersten Angriffe ab. Durch Feuer versengt zogen sich einige der Wurzeln kreischend in den Waldboden zurück. Andere stießen sofort nach, packten den Leibwächter der Saijkalrae am Bein, zogen ihn zu sich und wickelten sich rasch um Beine, Arme und Oberkörper. Stark wie übergroße Würgeschlangen drohten sie den Körper des Saijkalsan in ihrer tödlichen Umarmung zu zerquetschen, als bestünde er aus nichts als Luft. Haisan wehrte sich nach Kräften, spürte jedoch, wie einige Knochen in seinem Leib brachen. Je mehr er sich wand und gegen den Würgegriff der Wurzeln zur Wehr setzte, umso stärker zogen sie sich zusammen.
Hofna schlug mit dem Jagdmesser des Naiki um sich. Er war blind vor Wut und durch das Schicksal Haisans vorgewarnt.
»Genya Pa«, erklang die Stimme Metahas erneut.
Der Boden unter den Füßen der Saijkalsan erbebte und öffnete sich zu einem breiten Spalt. Hofna rutschte ab und bekam im letzten Moment mit den Händen die Kante zu fassen. Gähnende dunkle, ins Nichts führende Leere drohte unter ihm. Um sich vor dem Sturz in die Dunkelheit zu retten, ließ er das Jagdmesser fallen. Während er jedoch versuchte sich hochzuziehen und wieder festen Boden unter den Füßen zu erreichen, wurde auch er von den Wurzeln gepackt und eingewickelt.
»Genya Se«, vollendete Metaha den magischen Zyklus.
Der Wind ebbte ab. Sich ihren Weg suchend verschwanden die wild gewordenen Wurzeln mitsamt den Leibwächtern der Saijkalrae im Boden und in den Tiefen des Spaltes. Die Erde schloss sich, als sich die letzten Wurzeln zurückgezogen hatten. Die Spuren von Metahas Macht blieben unsichtbar. Alles wirkte unverändert – als wäre nichts geschehen.
»Lasst euch dies eine Lehre sein«, rief Metaha den Leibwächtern nach, »die Macht der Naiki ist zurück. Und sie ist groß und frei. Wagt es nicht, noch einmal einen Fuß in die Wälder und das Jagdgebiet der Naiki zu setzen. Sonst wird es euch schlecht ergehen! Überbringt dem dunklen Hirten die erfreuliche Nachricht mit den allerbesten Grüßen der Naikihexe Metaha. Ein Lesvaraq wurde geboren. Die Macht und die Herrschaft der Saijkalrae hat bald ein Ende.«
Metaha ließ den Stab des Lesvaraq sinken und schwebte zum Boden herab. In den blinden Augen der Hexe standen Tränen, als sie den blutig geschundenen Leib des Naikijägers an sich zog und ihn wie ein kleines Kind in den Armen wog. Taderijmon stöhnte vor Schmerzen und zitterte bei jeder ihrer Berührungen. Sie flüsterte ihm beruhigende Worte zu.
»Es tut mir leid,
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