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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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den Fluten des Ostmeeres. Während Haffak Gas Vadar vom Aufprall leicht betäubt war, zerrte und zog der Raubfisch den Drachen in die Tiefe. Der Drache zog eine dunkle Blutspur hinter sich her. Obwohl Flugdrachen gute Schwimmer waren und in große Tiefen tauchen konnten, war der erfahrene Jäger des Meeres in seiner gewohnten Umgebung deutlich im Vorteil. Und er hatte nicht vor, von seiner Beute abzulassen. Benommen schüttelte Haffak Gas Vadar den Kopf. Kälte, Dunkelheit und Schmerz bestimmten seine Wahrnehmung. Er konnte unter Wasser kaum etwas sehen und spürte den zunehmenden Druck auf Lungen und Schuppenpanzer, je weiter er von dem Raubfisch in die Tiefe gezogen wurde. Wie aus dem Nichts stürzten sich plötzlich weitere Moldawars auf den schwarzen Drachen. Sie gebärdeten sich, als hätten sie seit Monden nichts mehr gefressen. Statt seinem Körper, dem gefährlichen Maul und den Klauen jedoch zu nahe zu kommen, hatten sie es zunächst auf seine Schwingen und den Drachenschwanz abgesehen. Moldawars waren schlaue Jäger. Sie wollten ihr Opfer erst wehrlos wissen, bevor sie sich dem übrigen Fleisch widmeten. Außerdem meinte der Drache zu bemerken, dass der erste Angreifer versuchte, seine Beute vor den anderen Raubfischen zu verteidigen, was diesem jedoch nicht vollständig gelingen wollte. Immerhin zeigten die übrigen Moldawars einigen Respekt vor dem wohl größten Moldawar unter ihnen, indem sie sich zunächst auf die leicht erreichbaren Teile konzentrierten und sich ansonsten in einigem Abstand zurückhielten. Aber der Geschmack des Blutes vom schwarzen Drachen machte die Moldawars verrückt. Ihre Fressgier steigerte sich von Sardas zu Sardas. Lange würde ihre Zurückhaltung nicht mehr anhalten.
    Haffak Gas Vadar wehrte sich nach Kräften, konnte jedoch nicht verhindern, dass ihm große Stücke aus den ledernen Schwingen herausgerissen und Knochen zermalmt wurden. Verlor er seine Flügel, würde er Ell nicht wieder verlassen können, um mit den anderen Drachen in seine Heimat zurückzukehren.
    Calicalar lag zitternd auf dem Fußboden in seinem Haus. Hin und wieder zuckte sein Körper, so als läge er bereits in den letzten Zügen seines Lebens. Sein Gesicht war mit Tränen, Blut und tiefen Kratzern überzogen, die er sich selbst zugefügt hatte, um der inneren Zerrissenheit und der tief empfundenen Trauer des Gesangs zu entgehen.
    Valkreon war nicht zurückgekehrt. Dem alten, treuen Diener musste etwas zugestoßen sein. Das machte die Sache für den Anführer der Drachenreiter schlimmer. Die Drachen riefen um Hilfe. Valkreon befand sich wahrscheinlich in Not, und der Yasek wusste daher noch immer nicht, was vor seinem Haus tatsächlich vor sich ging. Er fühlte sich schwach, und der Wunsch, zu sterben, wurde immer stärker. Etwas zerrte unaufhörlich an seiner Seele, wollte sein Innerstes aus ihm hervorlocken, um es zu verschlingen. Calicalar, der Anführer der Drachenreiter, den alle nur den großen Yasek nannten, war den Todsängern hilflos ausgeliefert. Er konnte nichts tun, außer darauf zu warten, bis seine Seele endlich den Körper verließ. Freunde, Drachenreiter wie Drachen, würde er enttäuschen müssen. Sie erwarteten die Hilfe einer sterbenden Legende, die er ihnen nicht gewähren konnte. Seine Verzweiflung wurde größer. Erschöpft und zitternd wanderte die Hand an den Gürtel seiner Hose. Dort bekam er den Knauf eines Dolches zu fassen, dessen Ende ein silberner Drachenkopf mit roten Augen aus Edelsteinen zierte. Calicalar hielt den Gesang nicht mehr länger aus. Er war fest entschlossen, seinem Leben ein Ende zu setzen und sich den Schatten selbst zu übergeben.
    Kaum hatte er den Entschluss gefasst, änderte sich seine Wahrnehmung. Der Gesang wurde durch ein Gefühl verdrängt, das ihn zutiefst beunruhigte und verunsicherte. Plötzlich waren Schmerz und Trauer verschwunden, als hätte es sie nie gegeben. Obwohl er die Stimmen der Todsänger nach wie vor hören konnte, drangen sie nicht mehr zu ihm durch, um seine Sinne zu beeinflussen sowie Herz und Gedanken für sich einzunehmen. Der Yasek nahm den Gesang zum ersten Mal bewusst wahr. Ohne Zweifel waren die Töne schön, doch zugleich auch wieder nicht. In jedem Fall klangen sie fremd. Calicalar konnte sich nicht entscheiden, was er davon halten wollte. Wankend erhob er sich auf wackligen Beinen und eilte, so gut er dies in seinem angeschlagenen Zustand vermochte, in die Waffenkammer. Das vage Gefühl wurde stärker und versetzte ihn in

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