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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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der Bluttrinker nicht in der Lage, aus eigener Kraft die Mauern einzureißen und seine Kinder ans begehrte Ziel zu führen? Am Ende der Gasse angelangt wurde Madhrab von einer Gegnerin erwartet. Er kannte das Gesicht der Kriegerin und hatte damit gerechnet, sich ihr stellen zu müssen. Doch sie war längst nicht mehr dieselbe Frau, die Seite an Seite tapfer mit ihm in den Grenzkriegen gekämpft hatte. Yilassa hatte sich verändert. Ihr einst fröhliches Wesen war verschwunden und das Antlitz war von einer trostlosen Leere stumpf, von Hass und Dunkelheit verzerrt. Der Fluch des Bluttrinkers bestimmte ihren Geist. Madhrab hatte keinen Zweifel daran, dass sie darauf aus war, ihn zu töten und von seinem Blut zu trinken.
    Breitbeinig stand sie etwa dreihundert Fuß vom Tor der beiden Häuser entfernt und erwartete geduldig seine Ankunft. Sie schien die Ruhe selbst zu sein. Atmete sie überhaupt? Sie hielt ein großes Breitschwert in ihren Händen, bereit, es dem Lordmaster in den Leib zu stoßen. Madhrab hatte von dem legendären Schwert Quadalkars gehört. Ein uraltes Blutschwert, das den Namen Decayar trug, was in der Sprache der Altvorderen Bezwinger der Seelen bedeutete. Von Meisterhand gefertigt war es den Erzählungen zufolge wohl das erste Schwert seiner Art. Ein Seelenschwert wie dieses war höchst selten und unbezahlbar. Es mutete den Bewahrer seltsam an, aber er hatte das Gefühl, dass das Schwert auf seine ganz eigene Weise zu Quadalkar passte. Nun hatte der Meister seine Waffe für den Befreiungskrieg gegen die Bewahrer Yilassa überlassen. Eine Entscheidung, die Madhrab nicht verstand. Den Legenden nach war Quadalkar einst selbst ein großer und gefürchteter Krieger gewesen, der sein Handwerk wie kaum ein anderer verstanden hatte. Aber das war zu einer Zeit gewesen, bevor er sich den Saijkalrae verschrieb. Er hatte an der Seite Ruitan Garlaks für die Einigung der Klanstämme gefochten und damit der Eisenhand schließlich zum Sieg verholfen.
    Yilassa war die Kriegerin, die den Bluttrinkern nach den Vorstellungen Quadalkars in einer letzten Schlacht die Freiheit bringen sollte. Wie sein eigenes Schwert Solatar schimmerte die Klinge des Bluttrinkers in der überwiegend vorherrschenden Dunkelheit der Dämmerung rot, gerade als ob es von innen leuchtete und ein Eigenleben besaß. Madhrab wurde beim Anblick der magischen Waffe bewusst, wie unheimlich das Leuchten und der Gesang Solatars auf so manchen Gegner wirken musste. Decayar sah in den Händen der düsteren Kriegerin nicht weniger mächtig aus. Es war breiter, aber etwas kürzer und wirkte daher insgesamt wuchtiger als Solatar. Durch die in die Klinge geschliffenen Zacken und kunstvoll eingearbeiteten Runen vermutete er eine verheerende Wirkung bei einem Treffer. Die Klinge musste zwangsläufig tiefe und nur schwer heilbare Wunden schlagen, wenn sie sich regelrecht ins Fleisch ihrer Gegner fraß.
    »Zeit für die Schatten, Lordmaster Madhrab«, begrüßte Yilassa den Bewahrer.
    Madhrab hielt sein Pferd an und stieg aus dem Sattel. Er stellte sich in einigen Fuß Entfernung gegenüber der Kriegerin auf, nahm seinen Helm ab und legte diesen neben sich auf die Erde.
    »Denkt Ihr nicht, dass Ihr den Helm brauchen werdet?«, fragte sie kalt lächelnd.
    »So sehen wir uns also wieder, Kaptan Yilassa«, entgegnete Madhrab, ohne auf ihre Provokation einzugehen. »Ich bedaure, gegen dich kämpfen zu müssen, und fühle mich schuldig an dem, was mit dir geschehen ist. Teilen Renlasol und die anderen den Fluch des Bluttrinkers mit dir?«
    »In gewisser Weise werden wir dieses Schicksal bald alle teilen, Lordmaster«, meinte Yilassa gelassen. Sie hörte sich fast gelangweilt an. »Ihr, ich, Renlasol, die Bewahrer und bald ganz Kryson. Quadalkar war gnädig und gewährte Renlasol und mir die größte Ehre seiner Familie. Wir tranken von seinem Blut und wurden zu Königskindern. Pruhnlok hingegen wurde in einen Kriecher verwandelt. Ihr habt gegen ihn gekämpft und ihn vorhin zu den Schatten geschickt.«
    »Das ist bedauerlich, aber nicht mehr zu ändern. Was ist mit dir? Gibt es eine Möglichkeit, dich und Renlasol von dem Fluch zu befreien? Oder muss ich dich etwa töten? Wir waren Freunde, Yilassa.«
    »Ihr glaubt tatsächlich, Ihr könntet mich bezwingen? Wie überheblich von Euch. In der Vorstellungswelt der Bewahrer gibt es außer ihresgleichen niemanden, der sie besiegen kann. Nicht wahr? Ich war lange genug dabei, Lordmaster, und ich weiß, wovon ich rede. Ich

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