Kryson 03 - Zeit der Dämmerung
Bluttrinker konnte sich der Lordmaster leisten, bevor er einen gefährlichen Schwerthieb abwehren musste. In der Körpergröße überragte Quadalkar die meisten Bluttrinker und Krieger an seiner Seite, die ihn schützend in ihre Mitte genommen hatten. Einige Gesichter meinte der Lordmaster, trotz der Veränderungen, wiedererkannt zu haben. Sie waren durch den Fluch geschlagene und in Bluttrinker verwandelte Bewahrer. Wiesen sie durch die Veränderung ihres Wesens ähnlich gesteigerte Fähigkeiten auf wie Yilassa, sah er seine Aussichten sinken, die Bluttrinker besiegen zu können. Was sollte er tun? Boijakmar würde gewiss nicht noch einmal Bewahrer opfern, um den höchsteigenen Kampf des Lordmasters zu unterstützen. Niemand hatte Madhrab gerufen. Vielleicht sahen die Ordensbrüder seine Anwesenheit als Bedrohung, was sie am Ende womöglich – je nachdem, welche Antworten er erhalten sollte – sogar war, wären ihm die Bluttrinker mit der Belagerung nicht zuvorgekommen, die ihn jetzt aufhielten und daran hinderten, das Haus des hohen Vaters zu betreten. Diesen Kampf hatte er sich selbst gewählt. Nun musste er ihn auch zu Ende führen. Er drehte sich um die eigene Achse und brachte Yilassa mit einem fast unsichtbar geführten Schwertstoß in arge Bedrängnis. Sie rettete sich nur durch einen unbedachten Sprung nach hinten, der sie straucheln und stürzen ließ. Madhrab hätte nachsetzen können, doch etwas hielt ihn im Augenblick davon ab.
»Beeindruckend«, hörte Madhrab eine dunkle Stimme in seinem Kopf dröhnen. »Wisst Ihr, Krieger. Ich war nie besser als Ihr, und in all den Sonnenwenden meines unsterblichen Daseins sah ich keinen, der sich mit Euch messen könnte. Yilassa ist stark geworden, nicht wahr? Der Fluch vermag einige Mängel auszugleichen und andere Stärken hervorzuheben. Die Gabe des Kriegers jedoch scheint einzigartig. Jetzt verstehe ich endlich, was sie bedeutet. Niemand, dem sie von den Kojos nicht gegeben wird, kann jemals eine solche Stufe an Perfektion erreichen, wie Ihr sie erreicht habt. Ihr seid wahrlich begnadet. Bringt es zu Ende und tötet sie. Ich kann es kaum noch erwarten, gegen Euch anzutreten.«
»Nein«, rief Madhrab, »sie soll nicht sterben.«
Quadalkar trat aus der Mitte der ihn umringenden Krieger hervor und hielt Yilassa durch eine Handbewegung zurück, erneut den Kampf gegen Madhrab aufzunehmen.
»Lasst mich, Herr!«, flehte sie. »Bitte, ich muss ihn für Euch töten und sein Blut trinken.«
»Dein Krieg endet hier«, sagte Quadalkar in einem Tonfall, der keine Widerrede zuließ. »Du hast dich wacker geschlagen, aber er hätte dich mit einem der nächsten seiner Angriffe in die Flammen der Pein geschickt, ohne dass du davon etwas mitbekommen hättest.«
»Niemals, Herr«, sagte Yilassa entsetzt. »Wie könnt Ihr so etwas sagen?«
»Die Erfahrung eines Kriegers und die Beobachtung während des Kampfes. Er studierte dich, jede deiner Bewegungen, sämtliche Angriffe, jegliche Abwehr bis auf den kleinsten deiner Schritte. Du hast ihm alles gezeigt, was du konntest. Ich sah in seine Gedanken, der nächste Angriff wäre tödlich für dich gewesen. Er war so weit, den Kampf zu beenden. Ist es nicht so, Lordmaster?«, wandte sich Quadalkar an den Bewahrer.
»Aye«, bestätigte Madhrab, der sich allerdings wunderte, dass Quadalkar ihn durchschaut hatte.
»Gib mir Decayar wieder, Yilassa. Ich trete selbst gegen diesen Krieger an«, erhob Quadalkar seine Stimme laut und deutlich. »Niemand – und ich meine wirklich niemand – wird diesen Kampf unterbrechen oder eingreifen, ganz gleich was geschieht. Wir kämpfen bis zum bitteren Ende. Habt ihr das verstanden?«
Die Bluttrinker nickten zum Zeichen, dass sie die Worte ihres Meisters befolgen wollten. Yilassa ließ den Kopf hängen, als hätte der Saijkalsan sie mit Verachtung geschlagen. Zur Antwort auf die Frage zogen sich die Kriecher heulend einige Fuß weiter zurück. Selbst die Sonnenreiter und Bewahrer auf den Mauern schienen von der befehlenden Stimme des Quadalkar zutiefst beeindruckt und bestätigten des Meisters Worte mit ihrer Zustimmung.
Aus einer anfänglichen Belagerung war der Kampf eines verzweifelten Bewahrers auf der Suche nach Antworten und Gerechtigkeit gegen eine Übermacht von Gegnern geworden, der er im Grunde nicht gewachsen sein konnte. Aber er hatte es immer wieder erreicht und das Unmögliche wahr gemacht. Er war der Bewahrer des Nordens und trat gegen eine Legende aus den Schatten der
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