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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Verzweiflung unseres Seins wäre vielleicht erträglicher geworden. Oder wir verlören und verbrächten den Rest der Ewigkeit in den Flammen der Pein, um das Feuer fortan zu nähren und die Gepeinigten zu quälen.«
    »Und was wird nun, da der Fluch gebannt ist?«, fragte der Lordmaster.
    »Tötet mich. Ich bitte Euch darum, denn ich kann, nein, ich darf nicht weiterleben. Nicht auf diese Weise. Nicht als Saijkalsan und Diener des dunklen Hirten, dem ich einst meine Seele verschrieb. Meine Zeit ist längst abgelaufen. Als ich an die Inquisition verraten wurde und mich die Saijkalrae im Stich ließen, war mein Leben bereits verwirkt.«
    »Ihr solltet das selbst tun«, schlug Madhrab vor.
    »Ich bin zu schwach dazu. Und eines solltet Ihr wissen: Sterbe ich von eigener Hand, wird der Bann des ewigen Schlafes über die Saijkalrae gebrochen«, sagte der alte Saijkalsan. »Der weiße Schäfer wird erwachen und die Saijkalrae-Brüder werden wieder vereint sein. Ist es das, was Ihr erreichen wollt?«
    »Das ist es, was mir als Ziel des Ganzen genannt wurde«, bestätigte Madhrab. »Ich vermag allerdings nicht zu beurteilen, welche Folgen daraus erwachsen werden. Ob das Erwachen des weißen Schäfers nun Gutes oder Schlechtes bringt, ob das Gleichgewicht dadurch gestärkt oder gestört wird, ich weiß es nicht. In jedem Fall wird es eine Veränderung bringen. Danach sehen wir weiter.«
    »Ihr zeigt eine Einstellung, die mir gefällt«, antwortete der Greis, »unerschrocken und pragmatisch. Wären wir uns schon vor langer Zeit begegnet, wir hätten Freunde werden können. Reicht mir Euer Schwert und geht mir dabei ein wenig zur Hand, Lordmaster.«
    »Aye«, nickte Madhrab, »so soll es sein.«
    Madhrab steckte Solatar mit dem Schwertgriff nach unten in den Boden. Die Schwertspitze zeigte schräg nach oben. Dann hob er den schwachen Greis unter den Armen auf, bis dieser schwankend auf zitternden Beinen stand.
    »Ihr müsst Euch nur fallen lassen«, flüsterte er in das Ohr des alten Mannes, »dann ist es vorbei.«
    »Vorbei ist es noch lange nicht«, erwiderte Quadalkar, »denn als seelenloses Geschöpf wird mein Geist auf ewig keine Ruhe finden. Auf mich warten die endlosen Qualen in den Flammen der Pein. Dieses Schicksal ist mir vorbestimmt, seit ich mich dem dunklen Hirten verschrieb und er meine Seele nahm. Aber selbst wenn ich diese noch besäße, wäre sie mittlerweile so befleckt und tiefschwarz, dass mich dasselbe Schicksal erwarten würde. Am Ende macht es also keinen Unterschied. Lasst mich los.«
    Der Lordmaster zog sich ein paar Fuß zurück und wartete. Für eine Weile schien der Saijkalsan mit sich selbst zu kämpfen. Madhrab meinte eine Unsicherheit bei Quadalkar zu erkennen. War sich der Greis nicht sicher, was ihn erwartete? Als Bluttrinker waren ihm die Flammen der Pein gewiss. Doch nun war der Fluch gebrochen und vielleicht das ihm drohende Schicksal damit ebenfalls gebannt. Die Entscheidung, sich entweder den Flammen der Pein übergeben zu müssen oder womöglich doch in das Land der Tränen zu gelangen, war gewiss nicht leicht. Quadalkar wankte und Madhrab dachte, dass der Greis jeden Augenblick vornüberkippen und in die Klinge fallen musste. Doch dann ging ein Ruck durch den Körper des alten Mannes, er richtete sich auf und stand wieder gerade. Die Wunde hatte längst aufgehört zu bluten, während sich Quadalkars Fleisch auf diese Weise gegen das nahende Ende noch einige Male aufbäumte. Doch schließlich setzte sich sein Geist durch und war für den letzten Gang bereit. Hatte er in seinem Leben die Gelegenheit verspielt, in das Land der Tränen zu gehen, um dort seine letzte Ruhe zu finden und seinen Geist erfrischen zu lassen? Bis vor wenigen Augenblicken war er sich dessen sicher gewesen. Nun hoffte er auf die Erlösung von all seinen Leiden. Für ein Bedauern wäre es ohnehin längst zu spät gewesen. Etwa fünftausend Sonnenwenden zu spät. Welche Wahl blieb ihm? Er hatte sich mit seinem Schicksal abgefunden und musste den Sprung in die Ungewissheit wagen. Ohne sich noch einmal umzusehen oder sich von seinen Kindern zu verabschieden, stürzte sich Quadalkar vornüber in die sein Leben erwartende Klinge, die sein Herz durchbohrte und mit einem triumphierenden Klang am Rücken wieder hervortrat.
    Saijkalsan Quadalkar war tot.
    Hätte er sich vor seinem Tod umgesehen, dann wäre ihm aufgefallen, was mit seinen Kindern geschehen war. Nachdem Madhrab den Fluch des Bluttrinkers gebrochen hatte,

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