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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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während des Sturms zugezogen hatte. Das Gefäß hingegen war bester Laune und führte die Gruppe über unwegsames Gelände aus spitzen Felsen und vom Meer glatt gespülten Steinen, immer am Rand des Meeres entlang der Klippen, Richtung Süden. Sie hatten keine andere Wahl, als diesem Umweg einige Tage lang zu folgen. An eine Besteigung der steilwandigen Klippen, die an dieser Stelle dreitausend Fuß und mehr in die Höhe ragten, war nicht zu denken. Die Klippen erwiesen sich als rutschig, und es war nahezu unmöglich, festen Tritt zu finden. Vom Meer kommende, starke Windböen fegten hin und wieder in unregelmäßigen Abständen über die Felsen hinweg und rissen mit sich, was keinen sicheren Halt hatte.
    Nach der langen Seefahrt fielen ihnen die Schritte an Land anfangs schwer und sie wankten gefährlich hin und her, bis sie sich wieder an festen Boden unter den Füßen gewöhnt hatten.
    Elischa ging mit hängendem Kopf in der Mitte, während sie immerzu auf die vor ihr gehenden Stiefel des Gefäßes starrte, hinter ihr folgte Lordmaster Chromlion, der es kaum erwarten konnte, endlich in seinem Hause anzukommen.
    Sie redeten kaum miteinander und rasteten, sobald sie ihre Füße nicht mehr tragen wollten. Durch die Kletterei über die scharfen Felskanten entlang des Weges waren die Hände bald voll blutiger Schrammen und Risse. Elischa überlegte, wie sie ihren Entführern wohl entkommen konnte. Ein Sprung ins Meer würde sie wahrscheinlich nicht allzu weit bringen. Zwar war sie durchaus des Schwimmens mächtig, aber sie würde nicht schnell genug sein, um genügend Abstand zwischen sich und die Verfolger zu bringen. Außerdem lief sie Gefahr unter Wasser auf einen Felsen zu stürzen und sich alle Knochen zu brechen oder an den Korallenbänken tiefe Schnittwunden zuzuziehen. Bei der Vorstellung, welche Meeresräuber für gewöhnlich die Küstengebiete auf der Jagd nach Beute bevölkerten, zog sich ihr der Magen unangenehm zusammen. Die Moldawars waren meist weiter draußen hinter den Korallenriffen anzutreffen, aber es gab auch zahlreiche kleinere Räuber, die nicht weniger hungrig waren und vorwiegend in der Dunkelheit jagten. Aussichtslos wäre auch der Versuch, die Klippen einfach emporzuklettern. Elischa war geschickt und sie hatte den entscheidenden Vorteil, dass sie leichter, nicht bewaffnet und nur wenig Gepäck mit sich herumtrug. Aber wie hoch und weit würde sie kommen, bevor ihre Kräfte nachließen, sie ausrutschte oder der Bewahrer und das Gefäß sie wieder einholen würden. Vielleicht hätte sich ihr irgendwann die Möglichkeit geboten, einen der beiden Entführer zu überraschen und von den Klippen zu stoßen. Aber was brächte ihr das ein? Sowohl Chromlion als auch das Gefäß achteten sorgsam und wach auf jeden ihrer Schritte. Hätte sie mit viel Glück den einen überwunden, wäre der andere sofort zur Stelle, ihre Flucht zu verhindern, und sie hatte ohnehin wenig Hoffnung, Chromlion oder die Schattengestalt niederschlagen zu können.
    Verdammt, dachte Elischa, ich fühle mich wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird.
    Es war zum Verzweifeln. Die Orna wusste nicht, wie sie ihrem drohenden Schicksal entgehen sollte. Während einer Rast tastete sie nach der leuchtenden Muschel unter ihrem Gewand, die ihr Murhab gegeben hatte, ohne diese offen zu zeigen. Wahrscheinlich würde Chromlion ihr den Hoffnungsbringer wegnehmen, wenn er diesen entdecken sollte. Die Muschel fühlte sich warm und glatt in ihrer Hand an und Elischa vermeinte tatsächlich ein leichtes Vibrieren zu spüren. Zu ihrer Verwunderung übte die Muschel sogleich eine beruhigende Wirkung auf sie aus. Es war, als erhielte sie neuen Mut, Kraft und Zuversicht.
    Hat Murhab nicht gesagt, die Muschel besäße keine besonderen Eigenschaften?, ging es ihr durch den Kopf.
    Das war jedenfalls mehr, als sie erwartet hatte. Ihre Gedanken schweiften ab und landeten bei ihrem geliebten Madhrab. Wie sehr sie doch seine Umarmung vermisste, die Wärme und Geborgenheit, die er ihr vermittelte. Aber es war eigenartig. Sie konnte ihn fast so nahe bei sich spüren, als stände er neben ihr, und sie hörte seine Stimme deutlich flüstern:
    Elischa, meine Liebe. Es wird alles gut.
    Sein Lächeln voller Freude und Zuversicht tat ihr gut. Er wirkte siegesgewiss und so sicher, als ob er in der Lage wäre, alle Schwierigkeiten und Hindernisse dieser Welt mit Leichtigkeit alleine zu überwinden. Sie wusste, dass dies unmöglich war, und doch wollte sie in

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