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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Gesicht. »Dann gebt mir einen Becher davon. Ich kann es fürwahr gebrauchen.«
    »Aye, das glaube ich auch«, meinte der Matrose und sah Elischa verträumt an. »Aber selbst wenn es dir schlecht geht, bist du noch wunderschön. Hier …« – der Matrose reichte Elischa einen Becher des gebrannten Algengeistes – »… trink das. Wenn es dir gleich besser geht und sich der Sturm gelegt hat, könnten wir vielleicht ein wenig Spaß miteinander haben. Was denkst du?«
    »Das wäre keine gute Idee«, lehnte Elischa ab.
    »Nun zier dich nicht so!« Der Arm des Matrosen wanderte um die Hüfte der Orna, während er versuchte, sie an sich zu ziehen. »Du bist eine Magd und ich ein Matrose. Du tust gerade so, als wärst du etwas Besseres. Ich habe mir auf den Schiffsreisen ein paar Anunzen gespart. Jafdabh bezahlt seine Männer anständig. Ich könnte für dich sorgen und eines Tages müsstest du dich nicht mehr als Magd für die Herren dort krumm buckeln.«
    »Ich sagte Euch doch …kein Bedarf!« Elischa blieb stur.
    »So einfach geht das nicht!« Der Matrose wurde langsam ungehalten und begann Elischa mit den Händen zu begrapschen.
    »Lasst Eure dreckigen Finger von mir«, drohte Elischa.
    »Vergiss es, Magd«, meinte der Matrose und schob sich immer näher an sie heran, »du bist heute mein.«
    Erst im letzten Augenblick sah sie kurz eine Klinge aufblitzen und den Schatten einer Axt herabsausen. Chromlion stand plötzlich mit wutentbranntem Gesichtsausdruck hinter dem Matrosen und hatte diesem die Axt mit einem wuchtigen Schlag in den Rücken geschlagen. Der Matrose riss verwundert und von plötzlichem Schmerz erfüllt die Augen auf. Ein zweiter Schlag spaltete ihm den Schädel. Das Blut spritzte Elischa warm ins Gesicht und besudelte ihr Gewand. Angewidert von der rohen Gewalt drehte sie sich weg und übergab sich ein weiteres Mal. Der Lordmaster zog die Axt mit einem schmatzenden Geräusch aus dem Kopf seines Opfers, wobei er sich mit einem Fuß auf dem schlaffen Körper abstützte. Die blutige Schneide wischte er an den vom Meerwasser klammen Kleidern des Matrosen ab.
    »He«, hörte Elischa den Skipper aufgebracht rufen, »was fällt Euch ein? Er ist…« – der Blick wanderte auf den am Schiffsboden liegenden Leichnam – » … ähm … war ein guter Matrose. Ein verdammt guter noch dazu. Was gibt Euch das Recht, meine Männer abzuschlachten!«
    »Das Recht des Bewahrers, das die Orna schützt«, antwortete Chromlion, »ein uraltes ungeschriebenes Gesetz.«
    »Auf diesem Schiff gibt es nur ein Gesetz. Das Gesetz der Gayaha, und das bin bei allen Kojos nun einmal ich!«, donnerte der Skipper. »Ich entscheide an Bord über Leben und Tod. Die Matrosen retteten Euch das Leben im Sturm, und Ihr dankt es ihnen, indem Ihr sie erschlagt? Feine Passagiere seid Ihr. Sobald sich das Gewitter gelegt hat, werde ich Euch bei nächster Gelegenheit an der Küste absetzen.«
    »Wir haben für eine Fahrt bis zum Hause Fallwas bezahlt«, beschwerte sich Chromlion.
    »Seid froh, dass ich Euch nicht gleich über Bord werfen lasse«, erwiderte Murhab, »aber ich habe im Augenblick Wichtigeres zu tun, als mich um Euch zu kümmern.«
    Murhab wandte sich an seine Matrosen: »Faules Pack! Genug gesoffen und aufgewärmt. Werft den Leichnam über Bord und dann rauf aufs Deck. Zeigen wir dem Sturm, was die gute alte Gayaha draufhat!«
    Das raue Gelächter des Kapitäns übertönte das Heulen des Windes durch die Wanten und drang Elischa durch Mark und Bein.
    »Hisst die Segel!«, rief der Skipper lautstark über das Deck.
    Steuermann und Matrosen blickten ihren Kapitän vor Entsetzen erstarrt und ungläubig an, der sich, die Hände in die Hüften gestemmt, breitbeinig hinter dem Ruder aufgestellt hatte und darauf verzichtete, sich festzubinden.
    »Was ist los? Bewegt Euch, verdammt noch mal. Ihr habt meinen Befehl gehört. Hoch mit den Segeln! Jetzt gleich!« Murhab ließ keinen Zweifel an seinen Absichten zu.
    »Er ist verrückt geworden«, murmelte der Steuermann unhörbar und kopfschüttelnd.
    Aber die Matrosen gehorchten ihrem Skipper in blindem Vertrauen. Die Gayaha schaukelte von einem Wellental ins nächste. Auf und nieder. Sechzig bis neunzig Fuß schätzte der Skipper die Unterschiede zwischen Berg und Tal der um das Schiff tobenden Wassermassen. Kaum waren die Segel gehisst, blähte der Wind diese bis zum Bersten auf und jagte die Gayaha über die Wellen.
    »Weg, alter Mann!«, herrschte der Skipper den Steuermann an. »Jetzt

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