Kryson 03 - Zeit der Dämmerung
ihm diese Nno-bei-Klan während seiner Beobachtungen sympathisch geworden. Er hatte alles in seinen Kräften Stehende getan, um das Unheil von dem Fischerdorf und dessen Einwohnern abzuwenden.
Vor seinen Augen wurde eine junge Frau von einem Drachenwesen entführt. Vargnar kam zu spät. Die feuerspuckende Bestie hatte die Fischersfrau aus der Luft mit einer Pranke am Haarschopf und mit der anderen an der Schulter gepackt und war sofort mit ihr aufgestiegen. Mit einem Schrei trug das Drachenwesen sein Opfer mit schnellen Flügelschlägen davon. Aber die Kreatur hatte die Frau nicht getötet, was Vargnar eigenartig anmutete.
Schaffen sich die Drachenbestien einen Vorrat, fragte er sich, oder wohin bringen sie ihre Opfer und was haben sie mit ihnen vor?
Dem Prinzen fiel auf, dass sie sich nur Frauen und Mädchen holten. Männer und Knaben wurden getötet, sobald sie deren habhaft wurden. Wanaca rettete ein entführtes Mädchen mit einem gezielten Speerwurf. Zum Glück war die Kreatur mit ihrem Opfer in den Krallen noch nicht zu hoch gestiegen, als sie tödlich getroffen auf ein brennendes Dach stürzte und das Mädchen unversehrt daran herunterrutschte.
Verbissen kämpfte Vargnar weiter und ließ dabei die Moldawarjägerin nicht aus den Augen, die sich scheinbar mühelos immer wieder aus ausweglosen Situationen befreien konnte. Bis auf einen kurzen Moment der Unachtsamkeit, in welchem Wanaca über den Kadavar eines Drachenwesens stolperte, auf dessen Blut ausrutschte, den Halt verlor und stürzte. Als hätten die Bestien nur darauf gewartet, stürzten sie sich auf die Jägerin und wollten Wanaca in Stücke reißen. Die Moldawarhaut schützte sie zwar vor den Krallen und Bissen, dennoch waren Nacken, Kopf und Arme den Angriffen ungeschützt ausgeliefert.
Pah, dachte Vargnar, der die barsche Zurückweisung noch nicht verkraftet hatte, das hat sie nun davon. Soll sie ruhig zusehen, wie sie da wieder rauskommt. Ich helfe ihr nicht.
Stattdessen erschlug er zwei weitere Gegner, die ihm zu nahe gekommen waren und sein Schwert unterschätzt hatten. Wieder wurde der Prinz von Drachenfeuer eingehüllt. Eine Bestie hatte sich ihm von hinten aus der Luft genähert. Vargnar war zu beschäftigt gewesen, sie zu bemerken.
Allzu oft darf mir das nicht mehr passieren, schalt er sich selbst, du musst besser aufpassen, sonst schmückst du am Ende den Strand mit feinem Sand.
Als er endlich wieder frei war, blickte er sich nach Wanaca um. Sie lag ohne Kopf in ihrem Blut. Aus ihrem Rumpf sprudelte im Rhythmus ihres Herzens pulsierend das Blut, an dem sich zwei Bestien labten und ihren Durst stillten. Eine andere Kreatur hatte sich mit dem Kopf der Moldawarjägerin auf und davon gemacht.
Was für ein Jammer, dachte Vargnar, Frauen wie diese gibt es nur selten. Sie war so tapfer und furchtlos. Einen solchen Tod hat sie nicht verdient. Dennoch starb sie ehrenhaft. Ich werde sie in guter Erinnerung behalten. Das ist alles, was ich für sie tun kann.
Vargnar beobachtete, wie laufend weitere Klanfrauen entführt wurden. Machtlos versuchte er das Schlimmste zu verhindern, sprang mal hierhin, mal dorthin. Löschte Brände und rettete den einen Dorfbewohner vor den Zähnen und dem Feuer, während er zur selben Zeit einen anderen an die Drachenwesen verlor. Der Prinz tötete nicht wenige der fliegenden Kreaturen, und als die Zahl ihrer Kadaver schließlich doch größer wurde als die der überlebenden Angreifer, zogen sie sich kreischend zurück und verschwanden alsbald aus dem Blick des Dorfes.
Der Kampf war vorbei und hatte ein Bild der Verwüstung und des Grauens hinterlassen, das Vargnar nachging und ihn nicht so schnell wieder loslassen sollte. Zum ersten Mal in seinem Leben empfand er für ein anderes Volk so etwas wie ein echtes Bedauern für das, was sie durchgemacht hatten. Inmitten des Dorfes stand er zwischen den Trümmern und schwelenden Balken der Hütten und Häuser, die größtenteils vollständig abgebrannt waren. Zwei Drittel des Dorfes waren zerstört und mehr als die Hälfte der Fischerboote verbrannt und im Hafenbecken versenkt worden. Die Zahl der Vermissten und toten Dorfbewohner vermochte er nur grob zu schätzen. Mit einem Schlag, dem Überfall durch die Bestien der Lüfte, war es vorbei mit der Idylle und dem Glauben an das Licht und ewigen Frieden. Die Nno-bei-Klan des Dorfes hatten erfahren, in welcher Welt sie wirklich lebten. Kryson konnte grausam und gnadenlos sein. Die Überlebenden beachteten den Prinzen in
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