Kryson 04 - Das verlorene Volk
den Wahnsinn treibt.«
»Was Ihr nicht sagt«, erwiderte Tomal, »doch es ist ein Teil von mir. Ein Teil des Gleichgewichts. Es ist wie ein zweites Ich. Das kann ich nicht einfach auslöschen .«
»Jemand muss Euch dabei helfen. Vielleicht könnte ich etwas in dieser Sache für Euch tun?«
»Ihr?« Tomal musste lachen. »Ihr sollt das Gleichgewicht wahren. Das habt Ihr geschworen. Würdet Ihr das Licht in mir töten, wäre das ein Frevel ohnegleichen. Im Übrigen wärt Ihr dazu nicht imstande. Ich verrate Euch jetzt einGeheimnis. Eure Lippen werden versiegelt sein, sollte Euch jemand danach fragen.«
Blyss nickte. Er hatte verstanden. Verrat an einem Lesvaraq würde ihm gewiss nicht gut bekommen.
»Nur mein leiblicher Vater ist in der Lage, eine meiner beiden Seiten zu vernichten. Aber er müsste sein eigenes Leben dafür opfern. Wer weiß, ob er dazu bereit ist? Kann ich das von ihm verlangen? Zuvor jedoch müsste der Zyklus durchbrochen werden. Tallia, meine Magierin des Lichts, muss ins Land der Tränen geschickt werden. Nur ihr Tod kann es möglich machen. Diese Tat wiederum kann nur ein Magier vollbringen, der auf der Seite der Dunkelheit steht.«
»Der dunkle Hirte?« Blyss riss überrascht die Augen auf.
»Nein, nicht der Bruder der Saijkalrae. Obwohl ich glaube, dass er diese Herausforderung tatsächlich bewältigen könnte. Es bleibt nur Sapius, mein Magier der Nacht. Er wird nicht begeistert sein, wenn ich ihn darum bitte.«
»Ich verstehe«, nickte Blyss, »dann werde ich jetzt gehen, eine kleine Besorgung machen und Euch die schwere Überzeugungsarbeit überlassen.
»Lasst Euch bloß nicht sehen, während Ihr durch den Palast schleicht.«
»Oh, das ist nicht schwierig. Ich kann mich für die meisten Augen unsichtbar machen.«
»Für meine jedenfalls nicht«, tadelte Tomal das Gefäß. »Ich rufe Euch, sollte ich Eure Dienste brauchen. Bringt Sapius das Galwaas. Er soll es für mich aufbewahren.«
»Sehr wohl, Herr!« Blyss verneigte sich. »Ich wünsche Euch Glück auf Eurer Reise.«
Betrübt verließ Blyss die Kammer des Lesvaraq. Tomal hatte ihn übertölpelt und ihn mit dem Pakt des Blutes zu seinem Diener gemacht. Er ärgerte sich über sich selbst. Er hätte gewarnt sein und es besser wissen müssen. Seine Freiheit würdeer auf diesem Weg jedenfalls nie wieder erlangen. Was nutzte ihm die Unsterblichkeit, die ihm der Lesvaraq versprochen hatte. Was war sie wert? Nichts. Der einst sehnlichste Wunsch war plötzlich alles andere als erstrebenswert geworden. Er würde sich in sein Schicksal fügen müssen. Was blieb ihm auch anderes übrig?
»Wir haben kein gutes Gefühl dabei!«, sagte Foljatin.
»Ich kann euch nicht folgen«, antwortete Madhrab. »Erklärt mir, was euch an meiner Berufung zum Regenten stört. Ihr solltet Euch freuen. Ihr werdet mit mir gemeinsam aufsteigen und erhebliche Vorteile aus eurer neuen Stellung als Leibwächter und erste Berater des Regenten ziehen können«.
Madhrab, Foljatin und Hardrab hatten sich in die Kammer des Lordmasters zurückgezogen, um dort unter sechs Augen die für sie unerwartete Wendung zu besprechen. Der Lordmaster hatte das in seinen Augen lächerliche Gewand abgelegt und unachtsam in eine dunkle Ecke der Kammer geworfen. So musste er es jedenfalls nicht mehr sehen. Sollten die Diener es holen und einem bedürftigen Klan in den Straßen Tut-El-Bayas schenken. Schnitt und Farben des höfischen Kleidungsstücks fand Madhrab in höchstem Maße unpassend, und er stand mit seiner Meinung nicht alleine. Er war und blieb ein Krieger. Daran änderte sich auch dann nichts, wenn er sich zum Narren machen ließ und sie ihn in bunte Kleider steckten. Jetzt, da die Fürsten ihn zum Regenten bestimmt hatten, würde er sich gewiss nicht mehr von den Palastdienern vorschreiben lassen, was er zu welchem Anlass tragen sollte, um den notwendigen Respekt vor den Fürsten und dem Hofstaat zu zeigen. Unter seiner Herrschaft würde sich am Hofe des Regenten einiges ändern müssen, damit er sich in der ungewohnten Rolle wohlfühlen konnte.
»Nicht die Berufung stört uns, Madhrab«, führte Hardrabaus, »die hast du dir mehr als verdient. Wer wäre besser geeignet, die Regentschaft in einer solchen Lage anzutreten?«
»Jafdabh oder Tomal oder jeder unter den Fürsten«, meinte Madhrab trocken.
»Von den Fürsten kommt keiner infrage. Sie sind einzeln zu schwach und würden sich gegenseitig zerfleischen, käme einer von ihnen an die Macht. Jafdabh allerdings
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