Kryson 04 - Das verlorene Volk
Was kann es Schöneres auf Kryson geben?«
Mit einem tiefen Seufzer auf den Lippen kehrte Nalkaar um und machte sich auf den Weg ins unbefestigte Lager der Rachuren.
Aufbruch
D er Anschlag auf den scheidenden und den neuen Regenten während des gemeinsamen Mahls am Abend vor der Einsetzung Madhrabs in die Regentschaft war fehlgeschlagen. Zwar hatte das Kachares seine Wirkung bei Jafdabh erzielt, aber Madhrab hatte auf Gwantharabs Zwillingssöhne gehört und keine der aufgetischten Speisen und Getränke angerührt. Das Gespräch zwischen den beiden Männern war anfangs friedlich und gut verlaufen. Doch mit zunehmender Dauer war Jafdabh aggressiver und ehrverletzend geworden. Er hatte aus nichtigem Anlass einen schweren Streit begonnen. Er nannte Madhrab grundlos einen Verräter, den er in Ketten gelegt auf dem Marktplatz von Tut-El-Baya zur Schau stellen und steinigen lassen wollte. Jafdabh entschied sich – nicht Herr seiner Sinne – im selben Augenblick wieder gegen die Steinigung und drohte seinem Ehrengast dafür mit unsäglichen Schmerzen und einer Vierteilung. Nachdem sich Madhrab davon nicht hatte beeindrucken lassen, war Jafdabh plötzlich sehr wütend geworden und der Vorstellung verfallen, er müsse Madhrab mit einem auf dem Tisch für die Verteilung der Fleischspeisen bereitgelegten Messer angreifen und töten. Wie wild geworden hatte er völlig die Kontrolle über sich verloren und geschrien:
»Ich töte das Schwein … ich töte den Bastard … ich töte den Verräter!«
Madhrab hatte sich gewundert und Gedanken gemacht, wie der Regent ohne erkennbare Ursache einer solchen Rage anheimfallen konnte. Er war sich sicher, das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen. Jemand musste die Speisen vergiftet haben. Unmittelbar nachdem sich die erste Wirkung des Kachares bei Jafdhab gezeigt hatte, war der Diener Darfas ausdem Saal des Regenten geschlichen. Die Entschuldigung, er wäre plötzlich von Unwohlsein und Übelkeit heimgesucht worden, hatte Madhrab allenfalls als schlechten Vorwand des Dieners angesehen, damit dieser sich rasch entfernen konnte. Darfas hatte offensichtlich Angst, sich zu verstricken und Partei ergreifen zu müssen, oder das schlechte Gewissen hatte ihn geplagt. Madhrab war aufgefallen, dass der Diener während des Abendmahls stark geschwitzt und überaus nervös gewirkt hatte. Er würde sich den Diener bei nächster Gelegenheit vorknöpfen müssen. Einen solch hinterhältigen Anschlag konnte er nicht auf sich beruhen lassen.
Wie sehr sich Jafdabh auch bemühte hatte, den Bewahrer zu töten, es war ihm nicht einmal gelungen, ihn zu kratzen. Madhrab hielt sich zurück und wich den Attacken aus. Er wollte Jafdabh nicht verletzen und wagte es nicht einmal, ihn anzufassen. Das wiederum hatte Jafdabh noch zorniger werden lassen. Zum Glück hatten die Leibwächter Madhrabs vor den Toren des Saals gewartet und waren argwöhnisch geworden, als sie Darfas aus dem Saal kommend forteilen sahen.
Dank des raschen und beherzten Eingreifens Foljatins und Hardrabs hatte größerer Schaden verhindert werden können. Jafdabh war in der darauffolgenden Nacht heimlich und ohne weiteres Aufsehen in eine Zelle gesperrt worden, in der er seinen Rausch, oder was immer seinen Geist verwirrt hatte, ausschlafen sollte.
Sehr früh am nächsten Morgen wurde der Regent von Madhrab, Hardrab und Foljatin geweckt, erinnerte sich allerdings nicht mehr an die Vorfälle des letzten Abends.
»Tja … was soll ich sagen. Es tut mir leid. Ich muss mich bei Euch in aller Form für mein Verhalten entschuldigen«, sagte Jafdabh betrübt, »ich werde den Kristallpalast noch heute verlassen und mit Frau und Kindern in mein Haus in der Stadt ziehen. Zwischen den Palastmauern ist es nicht mehr sicherfür mich und meine Familie. Auf die treuen Verwalter meiner Güter kann ich mich allerdings jederzeit verlassen. Der Kristallpalast gehört nun Euch, Madhrab.«
»Ich beneide Euch um dieses Glück, Jafdabh«, antwortete Madhrab, »Ihr dankt ab, zieht Euch zurück und seid alle Verantwortung los. Das habt Ihr geschickt für Euch eingefädelt.«
»Tja … hm … seid Ihr mir deswegen böse?«
»Nein. Ihr habt das getan, was Euch in der Lage angemessen erschien. Eine kluge Entscheidung zur richtigen Zeit. Euer Verdienst für die Klanlande wird unvergessen bleiben. Ihr werdet als einer der beliebtesten und besten Regenten in die Geschichte eingehen. Eine erstaunliche Leistung für einen Mann, der einst ein Verräter an seinem
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