Kryson 04 - Das verlorene Volk
dazu auserkoren. Baijosto musste bei dem Gedanken lachen. Welche Ironie lag darin? Er hatte eine Sklavin aus den Händen der Rachuren befreit und dafür einen Preis bezahlt, der ihn in eine rastlose Bestie verwandelt hatte. Verstoßen von seinem Volk, in der eigenen Familie unerwünscht, hatte er letztlich alles verloren, was ihm einst wichtig gewesen war.
Während sie auf das Eintreffen der Naiki-Jäger warteten, ließ sich Baijosto berichten, was sich in der Siedlung während seiner Abwesenheit ereignet hatte, wie Belrod ihm gefolgt war und ihn schließlich gefunden hatte. Die Fähigkeiten des Maiko-Naiki und die innere Verbundenheit mit seinen Brüdern hatten ihm dabei geholfen. Aber Baijosto war überrascht zu hören, dass der Riese weniger der Kunst des Telaawa als einer inneren Stimme gefolgt war, die ihn bis zum südlichen Waldrand geführt hatte und nach Tartatuk lockte. Sie hatten dasselbe Ziel, was Baijosto sehr beruhigend fand. Belrod war einer der Sieben. »Sterben muss der Fünfte im Namen der Freiheit, er verkörpert Magie, trägt der anderen Leid.«
Ihre Wege hatten sich schon bald nach ihrer Abreise aus Tut-El-Baya getrennt. Während Tomal entlang der Ostküste durch Fallwas-Gebiet nach Süden reiste, um dort nach einer sagenumwobenen Insel im Meer zu suchen, hatten sich Tallia und Sapius für die Route nach Westen über die Fürstentümer Barduar und Habladaz nach Otevour und schließlich zum Vulkan Tartatuk entschieden. Eine gefährliche Reise, führte sie die Magier doch an den von den Rachuren bereits eroberten Gebieten vorbei.
Sapius kannte die Bilder der Verwüstung nur zu gut. Schon einmal hatte er sich heimlich durch die Linien der Rachuren schlagen müssen, das Elend und die Schrecken des Eroberungskrieges mit angesehen. Er hoffte, dass ihnen eine Begegnung mit den Rachuren und ihren Chimärenkriegern auf ihrer Reise nun erspart bliebe und sich die grauenhaften Eindrücke in Grenzen halten würden. Allerdings hatten die neuesten Spähberichte über die Truppenbewegungen entlang des Faraghad-Waldes nichts Gutes versprochen. Fliegende Drachenchimären und Todsänger waren eine Herausforderung, der die beiden Magier nicht einmal gemeinsam gewachsen waren.
»Vielleicht könnten wir einen offenen Kampf wagen, wenn Tomal bei uns wäre«, dachte Sapius, »aber so werden wir uns vor den Rachuren verstecken müssen.«
»Du siehst besorgt aus, Sapius«, sagte Tallia, »stimmt etwas nicht?«
»Ich weiß nicht«, schüttelte Sapius den Kopf, »wir sollten den Rachuren aus dem Weg gehen.«
»Denkst du, sie könnten uns gefährlich werden?«
»Allerdings. Gegen den Gesang der Todsänger ist kein Kraut gewachsen«, meinte Sapius, »jedenfalls kenne ich nichts, was dagegen helfen würde.«
»Bist du dir sicher?«, hakte Tallia nach.
»Ich habe schon einmal gegen einen Todsänger angesungen und konnte den Gesang zwar übertönen. Aber seine Wirkung konnte ich dadurch auch nicht verhindern.«
»Jeder behauptet, die Todsänger seien nicht von dieser Welt«, grübelte Tallia. »Aber ich bin mir sicher, dass es etwas gibt, was gegen sie hilft. Vielleicht nicht auf Ell. Aber an einem anderen Ort ganz bestimmt.«
»Fee?« Sapius war erstaunt über die Bestimmtheit, mit der Tallia ihre Ansicht vortrug.
»Vielleicht …« Sie zuckte mit den Schultern. »Wer weiß das schon. Niemand kennt ihn und niemand will dort gewesen sein, aber jeder redet über ihn und die verborgenen Geheimnisse und Schätze, die es dort angeblich zu finden gibt. Für uns freien Magier soll Fee ein Paradies sein.«
»Es gibt ihn«, behauptete Sapius, »Fee ist der Ursprung und die Heimat unserer Drachen. Sie haben mir davon erzählt. Ich habe Bilder ungewöhnlicher Wälder und Landschaften in ihren Köpfen gesehen. Berge, so hoch, dass selbst ein Drache ihre Gipfel nicht überfliegen kann. Die Tartyk erzählen sich, dass der Yasek, bevor er durch die Wahl der Drachen sein Amt antreten kann, von den Echsen nach Fee gebracht wird. Niemand außer dem Yasek selbst weiß das. Vater hat nie darüber gesprochen.«
»Tatsächlich? Und wo sind deine Drachen und dein Vater jetzt?«
»Woher soll ich das wissen?« Sapius klang verärgert. »Wahrscheinlich sind sie alle tot. Haffak Gas Vadar erwähnte einst das große Drachensterben, das sie nach Hause brächte. Aber es ist eigenartig. Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Drachen in unserer Nähe sind und sich in Not befinden. Ich spüre das schon sehr lange in mir, aber ich konnte es
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