Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
Vom Netzwerk:
genau daran erinnern, was in der Folge geschah. Mein Körper wehrte sich, zuckte und wand sich, konnte sich aber nicht befreien.
    Irgendwann wurde der Druck zu stark.
    Die Vernunft versuchte meine Lippen zusammenzuhalten. Mit aller Macht presste ich sie aufeinander. Doch dann siegte der Drang, atmen zu wollen. Unbewusst. Ich konnte nichts mehr dagegen machen. Wie von selbst öffnete sich mein Mund und sog das Wasser ein. Statt jedoch die erhoffte Luft zu ergattern, schluckte ich Wasser, hustete und schluckte noch mehr Wasser. Die mir noch verbliebene Luft entwich und meine Lungen füllten sich mit dem tödlichen Nass. Ertrinken war eine schreckliche Art zu sterben, musste ich feststellen.
    Das Eindringen des Wassers schmerzte, brannte, als würde Säure meine Lungen verätzen.
    Magie! Die Magie musste mich retten. Ich hatte keine andere Wahl und musste sie einsetzen, wollte ich überleben. Ein Fisch konnte im Wasser atmen. Es musste mir gelingen, mich in einen solchen zu verwandeln. Aber wie? Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, geschweige denn mich an die richtige Reihenfolge bei der Verwandlung in ein anderes Wesen erinnern. Zu allem Überfluss hatte ich mich bereit erklärt, gänzlich auf den Einsatz von Magie zu verzichten. Welche Wahl hatte ich also? Ich konnte ertrinken oder Magie einsetzen, um kurz danach von einem Krieger der Maya getötet zu werden.
    Zum ersten Mal kam mir der für einen Todeskampf erstaunliche Gedanke, dass die Idee eines Besuches bei den Maya alles andere als gut gewesen war. Natürlich entschied ich mich für die Magie und hatte ein weiteres Mal Glück. Gerade als ich mit der Verwandlung ansetzen wollte, wurde ich unsanft ausdem Wasser gezerrt. Sie hatten mir den Leinensack vom Kopf gezogen und das Wachs aus den Ohren gepult. Ich weiß nicht mehr, wie viele Krieger meinen regungslosen Brustkorb mit Schlägen bearbeiteten, bei denen sie mir zwei Rippen brachen, und wie viele stinkende Küsse sie mir verabreichten, um mir ihren halb verbrauchten Atem einzuhauchen. Mit Gewissheit waren es mehr, als für drei Leben ausreichen würden. Erschrocken von der derben Behandlung schnappte ich nach Luft und brachte in der Folge mehr und mehr Wasser aus meinen Lungen, das ich zu Füßen der um mich versammelten Kriegerschar in unschönen Schwallen aushustete. Auch Kallahan war inzwischen von Fesseln und Leinensack befreit worden und blickte mich sorgenvoll an.
    ›Das war knapp‹, sagte er schließlich erleichtert, ›ich hatte angenommen, du würdest länger durchhalten.‹
    ›So kann man sich täuschen‹, hustete ich ihm entgegen. ›Dir scheint die Luft jedenfalls nicht ausgegangen zu sein.‹
    Kallahan blickte beschämt zu Boden. Er wusste, dass er mir in dieser Hinsicht etwas voraushatte. Er besaß die Ausdauer und die Lunge eines geübten Streitrosses. Wenn es sein musste, hätte er einen Tauchgang ohne Schwierigkeiten überstanden, der doppelt so lange dauerte.
    ›Wir sind heil in Zehyr angekommen‹, hörte ich die Stimme des Kriegers.
    Betrachtete ich meine eingedrückten Rippen, die tiefen Schnitte an Fuß- und Handgelenken sowie die Tatsache, dass ich beinahe ertrunken wäre, konnte von einer ›heilen‹ Ankunft zwar nicht die Rede sein, aber immerhin lag er offenbar mit der Feststellung richtig, dass wir die Stadt der Nno-bei-Maya lebendig erreicht hatten. Ich setzte mich auf. Langsam klärte sich mein von der Verhüllung durch den Leinensack und vom Wasser getrübter Blick. Ich konnte mir einen eigenen Eindruck von der Umgebung verschaffen. Wir befanden unsauf einem Steg, der aus einem Stück gefertigt war und vollständig aus Stein bestand. In einer Länge von fünfzehn Fuß reichte er über das Wasser zu einem schmalen Einstieg. Das Wasser kräuselte sich leicht. Ich nahm an, dass wir an dieser Stelle den Tauchgang beendet hatten. Vor uns befand sich eine steile Treppe, die grob in den Stein gehauen war und in die Tiefe führte. Das Ende der Treppe konnten wir lediglich erahnen. Ich ließ meinen Blick schweifen. Wir mussten am oberen Ende einer gigantischen Kaverne innerhalb des Vulkans sein. Ich war mir nicht sicher, ob sie natürlichen Ursprungs oder von Baumeistern der Maya oder gar von Felsgeborenen geschaffen worden war. Vielleicht handelte es sich um eine ehemalige, an den Rändern ausgehärtete Gasblase, als der Vulkan noch aktiv war. Die den gesamten Raum überspannende Kuppel aus schwarzem Vulkangestein konnte man von unserer Stelle aus sehr gut erkennen.

Weitere Kostenlose Bücher