Kryson 04 - Das verlorene Volk
Tarratar.
Ob er sie jemals wiedersehen würde?
Tomal wusste keine Antwort auf diese Frage.
Tomal hatte Glück. Tarratar hatte seine Habseligkeiten noch nicht gepackt. Der Narr würde das Gebäude schon bald räumen müssen. Es gehörte einem hochgestellten Maya, der das Haus nach seiner Rückkehr aus den Schatten wieder für sich und seine Familie beanspruchte. Sie hatten Tarratar gestattet, bis nach dem Fest darin zu wohnen. Aber seine Wacht über dieSchattenpforte war ohnehin beendet. In Zehyr hielt den ersten Wächter nichts mehr.
»Saykara hat Euch also gehen lassen«, knurrte er, als der Lesvaraq an die Tür klopfte und ihm öffnete, »das ist gut für Euch. Ich habe mir schon Sorgen gemacht, sie würde Euch mit Haut und Haaren auffressen.«
»Das hatte sie wahrscheinlich vor«, lachte Tomal, »aber zuerst wollte sie, dass ich ihr die Gabe des Kriegers wiederbeschaffe.«
»Hoi, hoi, hoi«, schnarrte Tarratar, »Ihr habt Euch doch hoffentlich nicht darauf eingelassen?«
»Nein!«, antwortete Tomal und verschwieg, dass er die Erfüllung ihrer Forderung in Erwägung gezogen hatte, wenn auch auf anderem Wege, als von der Königin vielleicht erwartet wurde.
»Gut!« Tarratar klang zufrieden. »Bewahrt Euch das Licht, Tomal. Ihr hättet das Reich der Schatten ohne diese Macht nicht überstanden. Lernt damit zu leben und findet Euren inneren Frieden zwischen Tag und Nacht. Der Widerspruch macht Euch erst stark und zu dem, der Ihr seid. Die Dunkelheit alleine führt Euch in den Wahnsinn, vor dem Ihr Euch so sehr fürchtet.«
»Keine Sorge, ich habe ohnehin anderes zu erledigen und kann nicht länger in Zehyr bleiben.«
»Ich weiß«, grinste der Narr, »das Buch der Macht wartet auf die sieben Streiter, oder sollte ich sagen, auf einen der Sieben. Unsere Wege trennen sich in Zehyr, aber wir werden uns gewiss wiedersehen.«
»Wollt Ihr mir zum Abschied nicht einen Hinweis geben, wo wir mit der Suche beginnen sollen?«, fragte Tomal. »Immerhin habt Ihr es mir zu verdanken, dass Eure Wacht über das verlorene Volk beendet ist.«
»Dafür bin ich Euch durchaus dankbar, Tomal. Aber dieSuche hat doch bereits begonnen, und Ihr habt schon einen ersten entscheidenden Schritt getan, indem Ihr das Volk der Maya aus den Schatten geführt habt. Den allerersten Schritt, würde ich sagen. Mehr darf ich Euch darüber eigentlich nicht verraten. Nur eines vielleicht noch. Jeder der sieben Streiter wird während der Suche seine Aufgabe bekommen und sich als würdig erweisen müssen. Mancher Gefährte bleibt dabei vielleicht auf der Strecke. Aber denkt immer daran, die sieben Streiter sollen eine Gemeinschaft bilden. Zerstreiten sie sich, wird die Suche ungleich schwieriger werden. Und … übt Euch in Geduld.«
»Was wäre, wenn ich Euch zwingen würde, mir mehr über das Versteck des Buches zu verraten?«, wagte sich Tomal vor.
»Hat es Euch in den Schatten gefallen?«, antwortete Tarratar augenzwinkernd mit einer unverschämten Gegenfrage.
»Nein, ich … o«, Tomal hatte einen Moment lang gebraucht, den Narr zu verstehen.
Tomal hatte nicht viel von dem ersten Wächter über das Buch erfahren. Tarratar wusste, wo und wie das Buch zu finden war. Aber er war offensichtlich nicht bereit, ihm mehr darüber zu verraten. Noch nicht. Vorsorglich sah er davon ab, einen Versuch zu wagen, den Narren zu einer Aussage zu zwingen. Er konnte die Kräfte des Wächters nicht einschätzen. Der Narr war ein großes Rätsel für den Lesvaraq.
»Ihr kennt Euch doch in Zehyr und auf Kartak bestens aus, Tarratar. Gibt es einen anderen Weg aus der Stadt heraus als durch den Kratersee?«, fragte Tomal, der sich einen Rat und Erleichterung für den Rückweg erhoffte.
»Ihr seid wohl wasserscheu, was?«, lachte Tarratar. »Oder hat Euch die Schlange erschreckt? Bis zur Rückkehr der Maya gab es den ein oder anderen magischen Weg, so Ihr einen solchen einschlagen wolltet. Aber diese Wege sind nun versperrt. DieSchutzbarrieren sind wieder intakt. Ihr könnt sie zwar überwinden, aber dafür müsst Ihr direkt davorstehen und sie spüren. Das könnt Ihr am Strand von Kartak, aber nicht in Zehyr. Wollt Ihr unbedingt trockenen Fußes nach draußen gelangen, kenne ich nur noch einen einzigen Geheimweg.«
Tomal atmete vor Erleichterung hörbar auf. Tarratar kannte einen Weg. Darauf hatte der Lesvaraq gehofft.
»Wollt Ihr mir den Weg zeigen?«, fragte Tomal.
»Nein!«
»Nein?« Tomal klang entsetzt.
»Nein«, blieb Tarratar stur, »aber ich werde
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