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Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Niesen brachte. Corusal hatte herzhaft über sie gelacht, wenn ihr das hin und wieder in seiner Gegenwart passiert war. Denn es war ein lautstarkes und unfeines Geräusch, das so gar nicht zu ihr zu passen schien und einer Fürstin nicht würdig war. Er war bis über beide Ohren in sie vernarrt gewesen und hatte das kleine Missgeschick als äußerst liebenswert empfunden.
    Wenn die Fischer den Hafen erreichten, nahm der Geruch nach frischem Fisch zu, vermischte sich mit dem Duft der zahlreichen Räuchereien und erreichte in den Abendstunden sogar den Eispalast. Es war ein friedlicher Anblick eines steten Treibens.
    Wie oft waren sie und Corusal gemeinsam Hand in Hand an den Fenstern des Eispalastes gestanden und hatten dem bunten Treiben schweigend zugesehen. Es hatte keine Worte gebraucht, um zu verstehen, was der andere dachte. Siehatten zusammen gehört. Manchmal waren sie gemeinsam zum Hafen gegangen, um die Fischer persönlich zu begrüßen und diese für einen gelungenen Fang zu beglückwünschen. Sie hatten keine Bewachung gebraucht, wenn sie den Palast verlassen wollten. Eisbergen war ihre Stadt und ihre Heimat gewesen. Niemand hatte je nach ihrem Leben getrachtet. Bis auf den Praister, der sich das Vertrauen des Fürsten erschlichen und alles verändert hatte.
    Bald schon würde erneut die eisige Kälte des Nordens zurückkehren. Die Fischer würden ihre Boote für lange Monde aus dem Wasser nehmen und dann erst wieder mit Aufbrechen des Packeises auf die See hinausfahren. Bei dem Gedanken an den nahenden Winter fröstelte Alvara plötzlich.
    Sie hatte nicht bemerkt, dass Tomal ihre Gemächer betreten und sie eine Weile schweigend beobachtet hatte. Erschrocken drehte sie sich um.
    »Wie lange bist du schon hier?«, fragte sie unsicher.
    »Lange genug, um zu erkennen, dass dich eine Sehnsucht treibt, die niemand zu erfüllen mag. Die Einsamkeit und die Trauer werden dich eines Tages noch auffressen und zu den Schatten bringen, Mutter«, sagte Tomal.
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Jetzt bin ich schon so lange ohne Corusal auf Kryson, dass es darauf nicht mehr ankommt. Ich hätte nichts dagegen einzuwenden, wenn mich die Schatten bald holen würden und ich ihn endlich wiedersehen darf«, antwortete Alvara leise.
    »Darüber gibt es keine Sicherheit«, warnte Tomal. »Es könnte genauso gut sein, dass du auf ewig in den Schatten umherirrst, ohne Corusal jemals zu finden.«
    »Ich werde ihn finden. Unser Band der Liebe wurde für die Ewigkeit geknüpft. Niemand kann uns dies nehmen. Nicht einmal die Schatten oder ein Lesvaraq«, sagte Alvara mit einer Bestimmtheit, die keinen Widerspruch zuließ.
    Obwohl sie Tomal mit dieser Bemerkung angegriffen hatte und er nicht an die Geschichten aus dem Reich der Schatten glaubte, bewunderte er sie für diese Stärke und ihren Willen. Wer konnte schon mit Gewissheit sagen, was einen im Reich der Schatten erwartete. Er selbst würde eines Tages in das Land der Tränen gehen, wie es den Magiebegabten vorbestimmt war. Womöglich hatte sie aber recht, und das Band zwischen Alvara und Corusal war stark genug, selbst die Ewigkeit zu überstehen. Ihr würde er es jedenfalls zutrauen.
    »Mutter«, begann er die Unterredung fortzusetzen, »wir werden schon bald nach Tut-El-Baya aufbrechen. Jafdabh schickte eine Botschaft in den Eispalast.«
    »Ich nehme an, du meinst Sapius, Tallia, Baylhard und dich, wenn du von wir sprichst.«
    »Ja, Eiskrieger werden uns zum Kristallpalast des Regenten begleiten. Aber wir werden zu deinem Schutz einen Teil der Krieger in Eisbergen lassen.«
    »Mach dir keine Umstände. Ich brauche keinen Schutz. Der Palast und die Stadt hingegen schon«, meinte Alvara.
    »Mutter ... hör mir zu. Ich weiß, dass du nicht gut auf mich zu sprechen bist und ich dich nicht immer respektvoll behandelt habe. Dennoch darfst du nicht glauben, dass ich dich und deinen Rat nicht schätze. Du bist meine Mutter. Nichts und niemand wird das ändern.«
    Ein solches Eingeständnis hatte sie selten von ihm gehört. Aber es tat ihrer Seele gut und schenkte ihr das Gefühl, als Mutter nicht vollständig gescheitert zu sein. Sie hatte ihr Bestes versucht, und Tomal war beileibe kein einfaches Kind gewesen. Im Gegenteil, ein Lesvaraq war mit einem anderen Kind überhaupt nicht vergleichbar.
    »Nein, Tomal«, erwiderte Alvara, »ich muss dir etwas sagen, was mir schon seit langer Zeit auf der Seele liegt und mich belastet. Ich weiß nicht, wie viel Sapius dir bereits erzählt

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