Kryson 04 - Das verlorene Volk
und stöhnend ließ sich die schwergewichtige Regentin auf ihren Sitz plumpsen. Drolatol und Renlasol verneigten sich gleichzeitig, nachdem die erste Verblüffung über die unerwartete Erscheinung verflogen war. Wie ähnlich sich die Regentin und der Regent doch inzwischen in jeder Hinsicht geworden waren. Die zwei Männer hatten zwar schon des Öfteren gehört, dass sich Ehegatten im Lauf der Sonnenwenden anpassten, nicht nur in ihren Gewohnheiten, sondern sich sogar in ihrem Aussehen anglichen. Aber dieser Gleichklang der Regenten präsentierte sich unerwartet.
Drolatol war in jenem Moment froh, dass er drei Frauen hatte, die sich sowohl äußerlich als auch im Temperament deutlich voneinander unterschieden. Ihm konnte so etwas nicht passieren – hoffte er.
»Tja … willkommen meine Freunde«, begrüßte Jafdabh die Generale, »wie ich sehe, habt ihr wohlbehalten in den Kristallpalast zurückgefunden. Ich hoffe, Darfas hat euch nach eurer Ankunft alle Annehmlichkeiten unserer Gastfreundschaft zukommen lassen.«
»Natürlich hat er das, er ist ein aufmerksamer und sehr guter Diener des Palastes, der es beinahe zu gut mit uns meint«, antwortete Drolatol, der zugleich für seinen Freund sprach. »Wir grüßen dich und deine Gattin und freuen uns schon seit Tagen auf unser gemeinsames Wiedersehen.«
»Tja … so … Wir sind ebenfalls froh, dich und Renlasol zu sehen. Aber bitte … hm … seht uns nicht mit diesen vorwurfsvollen Augen an. Ja, wir sind dank Darfas’ treuer Fürsorge fett und träge geworden. Ich kann mich kaum noch vernünftig bewegen. Raussa ergeht es nicht anders. Aber das wird sich baldwieder ändern. Versprochen. Die Zeiten des faulen Wartens sind nun vorbei. Ich habe es satt, mich jede Hora aufs Neue mit Süßigkeiten aus der Palastküche vollzustopfen und untätig auf Nachrichten oder die Ankunft der Klanfürsten zu warten.«
»Mit einem Wort, du hast es dir gut gehen lassen«, bemerkte Renlasol mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen, »während wir uns um deine Sicherheit gekümmert haben.«
»Tja … also … das ist nicht wahr«, empörte sich Jafdabh, »jedenfalls nicht so. Das Leben als Regent hatte ich mir anders vorgestellt. Mir fehlen die Gefahren und das Abenteuer. In meinen besten Sonnenwenden als Händler hatte ich alle Hände voll zu tun und mehrte meinen Reichtum und den Einfluss mit jedem Handelsabschluss. Und jetzt? Ich sitze jeden Tag für Horas in dieser verdammt zugigen Halle, höre Tausenden von Bittstellern zu, treffe Entscheidungen, ohne am Ende zu wissen, ob diese richtig oder falsch waren. Es erstaunt mich immer wieder, dass ich nicht längst unter den Schatten weile. Wahrscheinlich hätte ich niemals auf euch beide hören sollen. Wie konntet ihr bloß von mir verlangen, die Regentschaft zu übernehmen?«
»Es war ein guter Rat, mein Liebster«, mischte sich Raussa ein, »nur mit deiner Hilfe konnten wir den Klan ein würdiges Leben zurückgegeben und viele Wunden in ihren Herzen schließen. Du hast dich als wahrer Held erwiesen.«
»Tja … vielleicht … aber ich habe einen hohen Preis dafür bezahlt«, beschwerte sich Jafdabh. »Was hätte ich in all der Zeit noch verdienen können?! Stattdessen musste ich einen Teil meines Vermögens für andere verschleudern. Und wofür?«
»Schmutzige Geschäfte, pah«, sagte Raussa. »Das war kein Verlust. Vergiss nicht, was du gewonnen hast. Eine Familie, Macht und Ansehen. Und vielleicht ist es dir sogar gelungen, deine verdorbene Seele durch deine guten Taten reinzuwaschen.«
»Soweit wir erfahren haben, hast du in der Zeit deinerRegentschaft nicht an Vermögen eingebüßt. Im Gegenteil. Es ist dir gelungen, deine Schätze noch zu mehren«, warf Drolatol ein, »ich weiß zwar nicht, wie du das angestellt hast, aber offenbar scheinst du eine überaus glückliche Hand und Geschick in der Vermehrung deiner Anunzen zu haben.«
»Man munkelt, dass Jafdabh die Geschäfte des Todeshändlers niemals ganz aufgegeben hat«, bemerkte Renlasol. »Eine sehr loyale Gruppe von Getreuen …«
»Tja … also … ich habe meine besten Kunden verloren, als ich die Regentschaft antrat«, erwiderte der Regent und unterbrach Renlasol, bevor dieser Namen nennen wollte.
»Mag sein, dass du den Handel mit Blutsklaven und die Waffenlieferungen an den Feind eingestellt hast. Aber ich erinnere mich gut daran, dass du noch einige andere gut gehende Geschäfte aufgebaut hattest, die bis heute unverändert blühen«, meinte
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