Kryson 04 - Das verlorene Volk
und Vargnar gehört ebenfalls dazu. Wir erkennen uns, sobald wir uns sehen. Und nun ist die Zeit gekommen. Das kann jeder von uns spüren. Vargnar hat eine Botschaft durch den Stein gesandt, die nur für die sieben bestimmt war. Sie hat uns den Ort der Zusammenkunft mitgeteilt.«
»Du hättest mich einweihen müssen!« Kallyas Stimme bebte, in ihren Worten schwang eine Menge Ärger mit. »Wie soll ich dir vertrauen, wenn du mir solch wichtige Dinge verheimlichst?«
»Es tut mir leid, Kallya«, versuchte sich Malidor zu rechtfertigen, »ich ... ich habe keine Entschuldigung für mein Verhalten und kann dich lediglich um Verzeihung bitten. Wir suchen das Buch für dich und wollen verhindern, dass es in die Hände des anderen Lesvaraq gelangt, der selbst zu den Sieben gehört.«
»Tomal?« Der Name klang aus ihrem Mund wie ein wütender, schriller Aufschrei. »Wie wollt ihr das anstellen? Ich komme mit und werde euch bei der Suche helfen.«
»Das geht nicht«, wies Malidor das Angebot des Lesvaraq zurück, »nur die Sieben werden das Buch suchen und finden. Du wirst dich gedulden müssen, bis wir es dir bringen.«
»Wie wollt ihr ihm das Buch entreißen, wenn er es erst in Händen hält?«, fragte Kallya. »Tomal ist stark. Wenn er den sieben angehört, wird er der Mächtigste von euch sein. Ihr könnt nicht gegen ihn bestehen.«
»Der Prophezeiung zufolge ist er nicht der Erste, der das Buch finden wird. Weder er noch Vargnar oder ich werden das sein. Der siebte Streiter ist nach der Prophezeiung dazu auserkoren. Doch sobald das Buch gefunden ist, müssen wir schnell sein. Ob wir ihn überwinden können, wird sich zeigen. Aber ich halte das Unterfangen nicht für ausgeschlossen mit einem so mächtigen Verbündeten aus den Reihen der Felsgeborenen an meiner Seite. Außerdem wird sich herausstellen, ob unter den Sieben nicht noch weitere Freunde zu finden sind, die für das Licht und damit auch für dich streiten. Die Kräfte unter den Sieben werden ausgeglichen sein. Das ist das Gesetz des Gleichgewichts, das auch Ulljan kannte und stets befolgte.«
»Gut, ich will der Suche nicht im Weg stehen und werde dir mein Vertrauen in dieser Sache schenken. Aber enttäusche mich nicht, Malidor. Die Sache ist sehr wichtig für uns. Ich weiß sehr wohl, dass du einst Intrigen gegen deinen Herrn gesponnen hast und ein Diener des dunklen Hirten warst. Du bist es gewohnt, im Zwielicht zu spielen, und hast nicht immer auf der Seite des Lichts gekämpft.«
»Das liegt lange zurück, Kallya«, verteidigte sich Malidor, »ich habe mich geändert. Außerdem hatte ich mich dem dunklen Hirten nie verschrieben, wie es andere Saijkalsan getan hatten. Das stellt einen der Gründe dar, weshalb ich ihm entkommen und entsagen konnte.«
»Das entspricht nur teilweise der Wahrheit. Bedanke dich bei Thezael«, verspottete Kallya ihren Meister und Schüler. »Er war es, der dich mithilfe der Schatten aus den Klauen des dunklen Hirten befreite.«
»Thezael, der Schattenpraister?«, empörte sich Malidor. »Ich werde ihn in die Flammen der Pein schicken, sollte ich ihm jemals wieder begegnen.«
»Wir werden sehen«, meinte Kallya, »lass uns von hier verschwinden. Wir sollten Vargnar nicht länger aufhalten.«
»Goncha zeigt Euch einen sicheren Weg zum Vulkan Tartatuk, nicht wahr, Goncha?« sagte Vargnar.
»Sehr wohl, mein Herr«, antwortete Goncha im Geiste, »gebt gut auf Euch acht.«
Der Prinz der Felsgeborenen blieb alleine in Gafassa zurück. Umgeben von schlafenden Todsängern und den Ruinen der einst prächtigen Stadt der Drachenreiter fühlte er sich unwohl und wollte die Aufgabe so schnell wie möglich verrichten.
Er legte sich mit dem Gesicht nach unten flach auf den Boden und breitete die Arme aus. Wärme durchflutete ihn, die tief aus dem Inneren der Berge zu kommen schien. Es war ihm, als würde er nach langer Reise nach Hause kommen. Die Felsen begrüßten ihren Sohn. Ihr Flüstern beruhigte ihn und gab ihm das Gefühl von Geborgenheit. Ihm wurde klar, dass er nicht alleine war. Vargnar vergaß seine Umgebung und konzentrierte sich ganz auf den Stein. Ein wohliges Prickeln strömte durch seinen Körper.
»Öffnet euch für mich«, dachte Vargnar, »nehmt mich auf.«
Das Flüstern schwoll an. Die Felsen hatten ihn verstanden und seinen Wunsch akzeptiert. Der Prinz glaubte, ihr gleichmäßiges Atmen und das dumpfe, langsame Dröhnen ihres Herzschlags wahrzunehmen, als er mit ihnen verschmolz und eins mit den ihn umgebenden
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